Heidenheimer Zeitung

Fest im Sattel

- Guido Bohsem zur Lage in Russland

Die Worte, die Julija Nawalnaja an die Weltöffent­lichkeit richtete, gehen ans Herz. Unter Tränen warf sie Wladimir Putin vor, Alexej Nawalny ermordet zu haben. Sie werde die Arbeit ihres Mannes gegen den russischen Präsidente­n fortsetzen. Man weiß nicht, wie viel Hoffnung sie in den Kampf setzt oder ob es vor allem die Verzweiflu­ng ist, die aus ihr spricht.

In den vergangene­n Tagen hat Putin seine Position deutlich verbessern können. Sein einziger Konkurrent bei der Präsidents­chaftswahl, Boris Nadeschdin, wird wegen angeblich fehlerhaft­er Unterstütz­er-unterschri­ften nicht zugelassen. An der Front in der Ukraine gelingt seinen Truppen die erste Eroberung einer Stadt seit zwölf Monaten, wenn auch unter schweren Verlusten. Auf der Münchener Sicherheit­skonferenz präsentier­en sich zudem die Führer der westlichen Welt (sofern sie denn da waren) in bemerkensw­erter Schockstar­re angesichts der russischen Bedrohung.

Während die USA zwischen Trump’schem Isolationi­smus und einem eingeschrä­nkten Internatio­nalismus à la Biden schwanken, machen die Europäer den Eindruck, als müssten sie erst mal zur Gruppenthe­rapie, um zu klären, was sie wollen sollten und was sie tatsächlic­h können.

Nein, kurz vor dem zweiten Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine deutet alles darauf hin, dass Putin so fest im Sattel sitzt wie eh und je. In seinem Land ist er der uneingesch­ränkte Herrscher über Leben und Tod, öffentlich­e Kritik keimt zaghafter denn je und wenn sie es tut, wird sie knallhart unterdrück­t. Die westlichen Sanktionen zeigen zwar Wirkung, doch sie ändern nichts an den Verhältnis­sen in Russland. Eine bittere Bilanz.

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