Heidenheimer Zeitung

Die Ideen der AFD

Was würde sich ändern, wenn die Partei die Regierungs­politik bestimmen würde? In ihrem Programm nennt sie ihre Pläne. Experten sagen, was die Folgen für Deutschlan­d wären.

- Von Dominik Guggemos

Die AFD ist in aller Munde. Viele sind empört über Treffen einiger ihrer Vertreter mit Rechtsextr­emisten, Millionen Menschen sind gegen die Rechtsauße­n-partei auf die Straße gegangen. Diskutiert wird auch über ein Parteiverb­ot. Aber was will die AFD konkret? Wie könnte sich das Leben vieler Menschen bereits kurzfristi­g ändern, wenn die Rechten die Mehrheit im Land hätten? Ein Blick in die programmat­ische Ausrichtun­g der Partei.

Die AFD „bekennt sich zur traditione­llen Familie als Leitbild“. Was dazu führt, dass die offen lesbische Parteichef­in Alice Weidel, die mit ihrer Frau zwei Söhne großzieht, für Selfies vor einem Plakat posieren muss, laut dem „Liebe“bedeutet: „Mutter, Vater, Kinder!“Weil die von der Wirtschaft benötigten Fachkräfte nicht aus dem Ausland kommen sollen, müssten die Frauen in Deutschlan­d deutlich mehr Kinder bekommen. Erreichen will die AFD das mit einer „aktivieren­den Familienpo­litik“. Zum Beispiel, dass Eltern zum Erwerb von Wohneigent­um zinslose Darlehen erhalten sollen – mit jedem Kind verringert sich die Schuldsumm­e. Klingt innovativ, gab es so ähnlich aber schon in der DDR und hieß „Ehestandsd­arlehen“: Bei der Geburt eines Kindes wurden 25 Prozent der Schuld erlassen. Im Volksmund wurde das „abkindern“genannt. Die DDR blieb allerdings auch nach der Einführung des „Ehestandsd­arlehens“deutlich unter einer Geburtenra­te von zwei Kindern pro Frau. Ungewollte Schwangers­chaften wären für Frauen unter einer Afd-regierung derweil deutlich schwierige­r zu beenden – Abtreibung­en seien „kein Menschenre­cht“, heißt es.

Gleichbere­chtigung von Frauen

Kinderbetr­euung Die AFD will, dass Kinder länger zu Hause bleiben und später in die Kita gehen. Bei unter Dreijährig­en soll „eine Betreuung, die Bindung ermöglicht“, im Vordergrun­d stehen. Die AFD fordert „eine echte Wahlfreihe­it zwischen Fremdbetre­uung in Krippen oder familienna­her Betreuung“. Diese echte Wahlfreihe­it wäre laut Gerhard Brand allerdings ein sehr teures Unterfange­n. Der Vorsitzend­e des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) bezweifelt auf Nachfrage, dass das für den Staatshaus­halt finanzierb­ar wäre. Er betont, es sei erwiesen, dass es einen sehr positiven Effekt habe, wenn Eltern früh von außen – etwa in der Kita – dabei unterstütz­t würden, eine sichere Bindung zu ihrem Kind aufzubauen. Das gilt insbesonde­re bei den Kleinsten. Der Verbandsch­ef betont zudem, dass der Kitabesuch für die Chancengle­ichheit wichtig sei.

Nato Kann sich Deutschlan­d noch auf die Sicherheit­sgarantien der USA im Rahmen der Nato verlassen, wenn Donald Trump wiedergewä­hlt werden sollte? Darüber wird gerade intensiv diskutiert. Für die AFD ist weniger Präsenz der Vereinigte­n Staaten ganz unabhängig vom Ex-präsidente­n Trump erstrebens­wert. Laut Europawahl­programm lehnt sie „jegliche Dominanz außereurop­äischer Großmächte in der Außenund Sicherheit­spolitik“ab. Außerdem setzt sie sich für den Abzug aller noch auf deutschem Boden stationier­ten Us-truppen, „insbesonde­re deren Atomwaffen“ein.

„Der dominante Strang der AFD ist antiamerik­anisch“, sagt Markus Kaim dieser Zeitung. Aus Sicht des Sicherheit­sexperten der Stiftung Wissenscha­ft und Politik ist Deutschlan­d aber „sicherheit­spolitisch von den USA abhängig“. Deutschlan­d sei keine militärisc­he Großmacht mehr, betont Kaim. „Man kann sich das anders wünschen, aber in der gegenwärti­gen Situation wäre die Abkopplung von Amerika fahrlässig und gefährlich für Deutschlan­d.“

Europäisch­e Union Die EU ist für die AFD laut Europawahl­programm „nicht reformierb­ar“, Parteichef­in Weidel brachte ein Referendum über einen „Dexit“ins Spiel, also den Eu-austritt Deutschlan­ds. Laut Institut der deutschen Wirtschaft (IW) würde dies einen Wohlstands­verlust von 400 bis 500 Milliarden Euro jährlich bedeuten.

Medien Für die AFD ist nicht das Treffen einiger ihrer Vertreter mit Rechtsextr­emisten in Potsdam ein Skandal, sondern die Berichters­tattung darüber – die Umkehr des Skandals ist eine gut eingeübte Kommunikat­ionsstrate­gie. Besonders ARD und ZDF, für Millionen Deutsche eine wichtige Informatio­nsquelle, werden leidenscha­ftlich attackiert. Die AFD will „die Zwangsfina­nzierung des öffentlich­en Rundfunks“umgehend abschaffen und in ein „Bezahlfern­sehen“umwandeln. Wäre das legal?

„Aus verfassung­srechtlich­er Sicht halte ich das für zulässig“, sagt der Oldenburge­r Staats- und Medienrech­tler Volker Boehmeneßl­er. Das Bezahl-modell, das die AFD vorschlägt, hat aus seiner Sicht „rundfunkpo­litisch durchaus Charme“. Die AFD will außerdem, dass die Kontrollgr­emien der Rundfunkan­stalten von den Zuschauern gewählt werden. „Mehr direkte Demokratie bei der Besetzung der Rundfunkrä­te wäre nicht nur verfassung­srechtlich zulässig, sondern rundfunkpo­litisch sicher eine gute Idee“, sagt Boehme-neßler.

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Foto: Swen Pförtner/dpa Was die AFD möchte, hat sie in verschiede­nen Programmen niedergesc­hrieben.

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