„Das halte ich für falsch“
Die AFD ausgrenzen, eine Brandmauer um sie errichten? Simon Franzmann, Direktor des Instituts für Demokratieforschung an der Uni Göttingen, plädiert für einen anderen Umgang: Foulspiele konsequent ahnden, Grenzen ziehen – aber nicht pauschal, sondern im Einzelfall.
Sie finden den Begriff „Brandmauer“maximal unglücklich und wollen stattdessen lieber über „demokratische Grenzkontrollen“sprechen. Warum? Simon Franzmann:
Es gibt da klare Erkenntnisse aus der Forschung: Wenn man es mit einem richtigen Rechtsextremisten zu tun hat, der explizit sagt, dass er das demokratische System abschaffen will, sollte man ihm keine Türe öffnen. Demokratische Grenzkontrolle bedeutet, dass man schaut, wer bereit ist, nach den demokratischen Regeln mitzuspielen. Da muss man streng und konsequent sein. Aber: Das muss im Einzelfall geklärt werden.
Im Bundestag stellt die AFD als einzige Fraktion keinen Vizepräsidenten. Viele sagen ganz offen, dass sie jeden Kandidaten pauschal ablehnen, der Mitglied in dieser Partei ist.
Das halte ich für falsch, eine Einzelfallprüfung hat jeder verdient. Klar ist: Ein Vizepräsident muss das Parlament respektieren, in seiner Rolle ganz explizit auch andere Gruppierungen, mit denen er politisch über Kreuz liegt. Das muss zweifelsfrei feststehen. Aber wenn eine Person das erfüllt, müsste sie wählbar sein. Wenn nicht, dann nicht.
Sie kritisieren die AFD für eine Vielzahl an „Foulspielen“. Was verstehen Sie darunter?
Dabei geht es nicht um ein paar Geschäftsordnungstricks oder einen überraschenden Hammelsprung, der die Regierung im Bundestag ärgert. Was ich meine, sind verbale Grenzüberschreitungen. Ein weiteres Foulspiel: Nicht immer, aber manchmal handelt die AFD rein destruktiv, auch auf Länderebene.
Trotz dieses Verhaltens ist die AFD in Umfragen erfolgreich.
Vor allem Union und SPD sollten sich fragen: Nicht alle, aber ein Großteil des Personals der AFD vertritt ganz problematische Positionen. Wenn das so klar ist, warum wählen sie dann so viele? Die Hälfte der Unterstützer in den Umfragen ist nicht rechtsextrem. Da ist in mancher inhaltlichen Positionierung der Parteien der Abstand zu den Vorstellungen ihrer Wähler zu groß geworden, gerade in der Migrationspolitik. Ein Thema muss nicht falsch sein, nur weil es von der AFD angesprochen wird.