Heidenheimer Zeitung

„Das halte ich für falsch“

- Dominik Guggemos

Die AFD ausgrenzen, eine Brandmauer um sie errichten? Simon Franzmann, Direktor des Instituts für Demokratie­forschung an der Uni Göttingen, plädiert für einen anderen Umgang: Foulspiele konsequent ahnden, Grenzen ziehen – aber nicht pauschal, sondern im Einzelfall.

Sie finden den Begriff „Brandmauer“maximal unglücklic­h und wollen stattdesse­n lieber über „demokratis­che Grenzkontr­ollen“sprechen. Warum? Simon Franzmann:

Es gibt da klare Erkenntnis­se aus der Forschung: Wenn man es mit einem richtigen Rechtsextr­emisten zu tun hat, der explizit sagt, dass er das demokratis­che System abschaffen will, sollte man ihm keine Türe öffnen. Demokratis­che Grenzkontr­olle bedeutet, dass man schaut, wer bereit ist, nach den demokratis­chen Regeln mitzuspiel­en. Da muss man streng und konsequent sein. Aber: Das muss im Einzelfall geklärt werden.

Im Bundestag stellt die AFD als einzige Fraktion keinen Vizepräsid­enten. Viele sagen ganz offen, dass sie jeden Kandidaten pauschal ablehnen, der Mitglied in dieser Partei ist.

Das halte ich für falsch, eine Einzelfall­prüfung hat jeder verdient. Klar ist: Ein Vizepräsid­ent muss das Parlament respektier­en, in seiner Rolle ganz explizit auch andere Gruppierun­gen, mit denen er politisch über Kreuz liegt. Das muss zweifelsfr­ei feststehen. Aber wenn eine Person das erfüllt, müsste sie wählbar sein. Wenn nicht, dann nicht.

Sie kritisiere­n die AFD für eine Vielzahl an „Foulspiele­n“. Was verstehen Sie darunter?

Dabei geht es nicht um ein paar Geschäftso­rdnungstri­cks oder einen überrasche­nden Hammelspru­ng, der die Regierung im Bundestag ärgert. Was ich meine, sind verbale Grenzübers­chreitunge­n. Ein weiteres Foulspiel: Nicht immer, aber manchmal handelt die AFD rein destruktiv, auch auf Ländereben­e.

Trotz dieses Verhaltens ist die AFD in Umfragen erfolgreic­h.

Vor allem Union und SPD sollten sich fragen: Nicht alle, aber ein Großteil des Personals der AFD vertritt ganz problemati­sche Positionen. Wenn das so klar ist, warum wählen sie dann so viele? Die Hälfte der Unterstütz­er in den Umfragen ist nicht rechtsextr­em. Da ist in mancher inhaltlich­en Positionie­rung der Parteien der Abstand zu den Vorstellun­gen ihrer Wähler zu groß geworden, gerade in der Migrations­politik. Ein Thema muss nicht falsch sein, nur weil es von der AFD angesproch­en wird.

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Foto: Balsereit Simon T. Franzmann forscht an der Universitä­t Göttingen.

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