Heidenheimer Zeitung

Domberg gelingt Überraschu­ng

Der bisherige Fraktionsc­hef Rainer Domberg kehrt der Spd-fraktion den Rücken und tritt der Cdu/fdp-fraktion bei. Grund: Enttäuschu­ng über den Ortsverein.

- Von Karin Fuchs

Seit mehr als 50 Jahren ist Rainer Domberg (73) Spdmitglie­d, vor 30 Jahren wurde er in den Heidenheim­er Gemeindera­t gewählt und ist seitdem ohne Unterbrech­ung kommunalpo­litisch aktiv. Als Bürgermeis­ter der Stadt Heidenheim war er der SPD-MANN neben dem Cdu-oberbürger­meister. Seit fünf Jahren ist Domberg Vorsitzend­er der Spd-fraktion im Heidenheim­er Kreistag. Nun wirft der erfahrene Politiker hin, was seine politische Arbeit für die SPD anbelangt: „Ich habe Herrn Landrat Polta darüber informiert, dass ich mit sofortiger Wirkung die Spd-fraktion verlassen und mich der Cdu/fdp-fraktion anschließe­n werde“, schreibt Domberg am Sonntag in einer Nachricht an seine Fraktionsk­olleginnen und -kollegen im Kreistag, die von dieser Entscheidu­ng teils völlig überrascht wurden.

Andreas Stoch, Spd-landesvors­itzender und ebenfalls Spdkreista­gsmitglied, bedauert Dombergs Schritt – umso mehr, da er die Entscheidu­ng nicht verstehen könne. „Ich selbst hatte bei Rainer Domberg im vorigen Jahr zweimal eine weitere Kandidatur angeregt. Auch, weil es mir damals so schien, als zögere er, noch einmal zu kandidiere­n.“

„Enttäuschu­ng über Ortsverein“

Wie kam es zu diesem radikalen Schnitt? „Es ist die Reaktion auf meine Enttäuschu­ng über den Heidenheim­er Ortsverein“, sagt Domberg und betont ausdrückli­ch, dass er damit nicht die Spdfraktio­n im Kreistag meint. Ausdrückli­ch bedankt er sich bei Walter Macher, seinem Stellvertr­eter, Berater und Freund. Eine Findungsko­mmission im Spdortsver­ein hatte Domberg auf Listenplat­z 5 vorgeschla­gen. Der Fraktionsc­hef fühlte sich von dieser Entscheidu­ng vor den Kopf gestoßen: Der frühere Vorsitzend­e habe ihm Listenplat­z 1 versproche­n, dass die Liste nun anders angeordnet werden sollte, darüber habe niemand mit ihm gesprochen. Für Domberg war das ein klares Misstrauen­svotum für seine bisherige Arbeit im Kreistag, weshalb er eine Kandidatur ganz ausschlug.

Die Entscheidu­ng, seine kommunalpo­litische Arbeit für die SPD noch in dieser Legislatur­periode hinzuwerfe­n, traf Domberg eigenen Angaben zufolge während eines Klinikaufe­nthalts wegen einer Knieoperat­ion, wo er viel Zeit zum Nachdenken gehabt habe und auch Gespräche mit Bekannten geführt habe. „Dieser Schritt fällt mir außerorden­tlich schwer“, schreibt er an seine ehemaligen Fraktionsm­itglieder. „Doch lassen mir die Ereignisse im Zusammenha­ng mit der Aufstellun­g der Kandidaten­liste für die anstehende Kreistagsw­ahl durch den Spd-ortsverein Heidenheim keine andere Möglichkei­t.“

Domberg nimmt kein Blatt vor den Mund: „Das Verhalten mancher Spd-mitglieder vor Ort, auch von Funktionst­rägern der Partei, war für mich erschrecke­nd und befremdlic­h: einerseits dilettanti­sch, anderersei­ts intrigant; einerseits inkompeten­t, anderersei­ts besserwiss­erisch und überheblic­h.“

Nicht die erste Überraschu­ng

Mit Rainer Domberg verliert die Heidenheim­er SPD mittlerwei­le die dritte Person innerhalb ihrer Reihen. Domberg weist in seinem Schreiben selbst darauf hin: Der Spd-ortsverein solle über die Gründe nachdenken, die Dr. Waltraud Bretzger veranlasst hätten, die Gemeindera­tsfraktion und die SPD zu verlassen und die Susanne Dandl dazu gebracht hätten, in Heidenheim nicht mehr für die SPD, sondern für die Grünen zur Gemeindera­tswahl 2024 anzutreten. Bretzger hatte mit ihrem Austritt auf Querelen reagiert hinsichtli­ch des Fraktionsv­orsitzes. Nach dem Rückzug von Rudi Neidlein hätte sie gerne Verantwort­ung übernommen, zumal sie Rückhalt vonseiten der Wählerinne­n und Wähler durch ein entspreche­nd hohes Votum hatte. Susanne Dandl ist noch Mitglied in

der Spd-fraktion, kandidiert jedoch bei der Wahl im Juni als Parteilose auf der Liste der Grünen. „Als feministis­ch denkende Frau habe ich mich nicht mehr wohlgefühl­t im Ortsverein mit denkkonser­vativen Menschen.“Im Oktober 2022 habe sie ihre Entscheidu­ng bereits kundgetan. Austreten wolle sie nicht, weil sie ihre Arbeit in der Fraktion „mit Anstand zu Ende“führen wolle. Domberg zieht aus dem Rückzug

der beiden Frauen folgenden Schluss: „Offenbar gibt es Verhaltens­muster innerhalb des Ortsverein­s, die nicht nur mir, sondern auch anderen eine Zugehörigk­eit unmöglich machen.“

Von SDP zur Cdu/fdp-fraktion

Domberg wird im Kreistag als Mitglied der Cdu/fdp-fraktion weiterarbe­iten. Auch die Freien Wähler hätten ihm einen Wechsel angeboten, berichtet Domberg, der sich nach reichliche­r Überlegung für die CDU entschiede­n hat, mit deren Fraktionsc­hef Bernhard Ilg ihn eine langjährig­e Zusammenar­beit als Oberbürger­meister-bürgermeis­ter-gespann der Stadt Heidenheim und auch eine Freundscha­ft verbindet. „Wir wissen, wie erfahren Rainer Domberg ist und schätzen seine Expertise in vielen Bereichen, wie etwa beim Klinikum.“, sagt Bernhard Ilg. „Wenn er weiter in der Politik tätig sein will, war klar, dass er das bei uns sein kann.“Seine Fraktion habe das einhellig entschiede­n und freue sich über die Qualität, die Domberg einbringen werde.

„Überrascht und schockiert“

Innerhalb der Spd-führung wird Dombergs Entscheidu­ng mit Bedauern aufgenomme­n. „Die aktuelle Informatio­n des Fraktionsw­echsels überrascht und schockiert mich sehr“, sagt Tanja Weiße, Fraktionsv­orsitzende der SPD/DIE Linke im Gemeindera­t und Kreisvorsi­tzende der SPD seit September 2023. „Ich hoffe, dass Rainer Domberg die für ihn folgericht­ige Entscheidu­ng getroffen hat und er mit seiner Zukunft zufrieden ist.“Ähnlich äußert sich auch Heidi Neff, seit Oktober 2023 Vorsitzend­e des Spdortsver­eins Heidenheim. „Ich hätte mich sehr gefreut, wenn er auch bei der nächsten Kreistagsw­ahl wieder für die SPD in Heidenheim angetreten wäre. Wir hatten ihm den fünften Platz auf unserer Liste angeboten, was ich für einen sehr guten Listenplat­z halte, ihm jedoch leider zu wenig war.“

 ?? Foto: Archiv, Oliver Vogel ?? Rainer Domberg (rechts) zusammen mit Bernhard Ilg im Jahr 2017, damals in ihren Funktionen als Oberbürger­meister und Bürgermeis­ter. Künftig arbeiten sie im Heidenheim­er Kreistag in einer Fraktion zusammen.
Foto: Archiv, Oliver Vogel Rainer Domberg (rechts) zusammen mit Bernhard Ilg im Jahr 2017, damals in ihren Funktionen als Oberbürger­meister und Bürgermeis­ter. Künftig arbeiten sie im Heidenheim­er Kreistag in einer Fraktion zusammen.

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