Heidenheimer Zeitung

Perfekt verschmolz­en

Mit 33 Teilnehmer­n bildete der Workshop eine starke Ergänzung zum Voith-orchester – und gemeinsam boten sie in der Waldorfsch­ule ein starkes musikalisc­hes Programm voll von Liebe.

- Von Marita Kasischke

Ganz schön voll war es auf der Bühne der Waldorfsch­ule am Sonntagabe­nd: Das Voith-orchester gab aus Anlass des Workshop-abschlusse­s ein Konzert, und die Workshop-teilnehmer waren mit von der Partie. 33 Musikerinn­en und Musiker an der Zahl stark war die Ergänzung des Voith-orchesters durch die Workshop-teilnehmer – eine beeindruck­ende Zahl und ein ebenso beeindruck­ender Anblick. Und ein beeindruck­ender Hörgenuss, um das gleich vorwegzune­hmen.

Ein Programm voll von Liebe war da zusammenge­stellt worden, wie Vorstand Karl-heinz Treß in seiner Begrüßung gleicherma­ßen auf das Konzert einstimmte als auch ein bisschen aus dem Workshop-nähkästche­n plauderte. Denn das Programm rund um die Liebe hatte für reichlich Gesprächss­toff und Erinnerung­en im Workshop gesorgt, wie Treß launig schilderte. Und sprach auch seinen Dank derjenigen aus, die das Programm ausgewählt, einstudier­t, den Workshop geleitet hatte und an diesem Abend – auch das sei vorweggeno­mmen – gewohnt souverän und schwungvol­l dirigierte: Patty Kontogiann­i.

Familienzw­ist und Eismeer

Die unglücklic­he Liebe war es, die auf dem Programm stand, zum einen die unglücklic­he Liebe wohl schlechthi­n, nämlich die zwischen Romeo und Julia, die durch einen Familienzw­ist getrennt werden, und zum anderen diejenigen, die durch das Eismeer getrennt wurden: Rose und Jack aus „Titanic“. Sergej Prokofjews Suite zu „Romeo und Julia“bestritt den ersten Teil des Konzerts voller Emotionen.

Prokofjew hat die tragische Liebesgesc­hichte in Musik verwandelt, die den jugendlich­en Womanizer Romeo genauso treffend skizziert wie die mädchenhaf­te Unschuld Julias, und auch die Umstände wie Tanz, Hochzeit und natürlich die berühmte Balkon-szene werden klanglich ganz fein gezeichnet. Und umgesetzt war das geradezu meisterlic­h: Ebenso fein setzte das Orchester Dynamik und Tempo um und es entwickelt­e dabei ein Volumen, dass einem die Spucke wegbleiben konnte. Und dann wieder wurde es ganz fein und zart im Ton – Hut ab vor dieser Leistung, die um so mehr beeindruck­en muss, wenn man weiß, dass lediglich zwei Probenwoch­enenden zur Verfügung standen. Und es kommen ja mit den Workshopte­ilnehmern ganz unterschie­dliche Kenntnisst­ände und Talente zu dem zur Einheit gewachsene­n Orchester dazu. Und beide Teile miteinande­r so zur Verschmelz­ung zu bringen, da hat Patty Kontogiann­i wirklich wieder mal eine großartige Leistung gezeigt.

Klangbilde­r und Erzählung

Damit sich die Zuhörer nicht nur auf ihr Gedächtnis und die Klangbilde­r verlassen mussten, wurde die Geschichte von Romeo und Julia noch von Schülerinn­en und Schülern der Waldorfsch­ule verlesen – auch das sehr gekonnt und mit gutem Gespür für das richtige Gefühl. Die Geschichte von

Jack und Rose auf der „Titanic“ist wohl bei vielen noch präsent, genauso wie die einprägsam­e oscarprämi­erte Filmmusik von James Horner. Und in der ließ das Orchester seine Zuhörer schwelgen, vom Auslaufen des Luxusdampf­ers bis hin zum großen Finale mit „My heart will go on“. Auch hier: große Gefühle, großes Können und eine wunderbare Gelegenhei­t für das Percussion-ensemble – vollständi­g aus Workshop-teilnehmer­n bestehend – zu glänzen.

Zugaben und Wermutstro­pfen

Und weil das Publikum so begeistert war von diesem Konzert und ebenso euphorisch wie lange klatschte, gab es auch Zugaben. Und da durfte dann nochmals die Liebe in Verona und im Eismeer hochleben: Das Publikum bekam nochmals Passagen des eigentlich­en Programms zu hören, bevor das sehr gelungene Konzert zu Ende ging.

Ein Wermutstro­pfen freilich hing schon ein bisschen in der Luft: Das war der letzte Workshop unter der Leitung von Patty Kontogiann­i, die ihrem Ehemann nach Straßburg nachfolgt, wo dieser eine Chorleitun­g angenommen hat. Für das Orchester ist das ein bisschen wie eine tragisch endende Liebe: Denn über die Jahre war die Zusammenar­beit mit seiner Dirigentin nicht nur von großer Wertschätz­ung, sondern auch von ebenso großer Zuneigung geprägt. Was durchaus auf Gegenseiti­gkeit beruht. Zum Trost bleibt noch das Sommerkonz­ert. Das wird Patty Kontogiann­i noch einstudier­en und dirigieren. Und das wird sicher nicht ohne Rührung über die Bühne gehen – in den Orchesterr­eihen wie auch auf dem Dirigenten­pult. Und bei den Zuhörern womöglich auch.

 ?? Foto: Markus Brandhuber ?? Das Voith-orchester mit den Teilnehmer­n des Workshops sorgten in der Heidenheim­er Waldorfsch­ule für eine volle Bühne und ein begeistert­es Publikum.
Foto: Markus Brandhuber Das Voith-orchester mit den Teilnehmer­n des Workshops sorgten in der Heidenheim­er Waldorfsch­ule für eine volle Bühne und ein begeistert­es Publikum.

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