Pistorius: Abhöraffäre ist Teil eines Informationskrieges
Nach einem von Russland mitgeschnittenen Gespräch deutscher Offiziere gibt es Zweifel an der Haltung von Kanzler Scholz in der Debatte um Taurus-lieferungen.
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat die Veröffentlichung eines internen Gesprächs deutscher Luftwaffen-offiziere durch Russland als „hybriden Angriff zur Desinformation“gewertet. „Es geht um Spaltung. Es geht darum, unsere Geschlossenheit zu untergraben.“Ihm lägen bislang keine Erkenntnisse über weitere Leaks vor. Er erwartet demnächst Ergebnisse der internen Prüfung – dabei geht es seinen Angaben zufolge unter anderem darum, ob die richtige Plattform für die in dem veröffentlichten Gespräch besprochenen Inhalte gewählt wurde. Und: „Ich spekuliere grundsätzlich nicht vor Abschluss solcher Untersuchungen über personelle Konsequenzen. Das wäre definitiv viel zu hoch gegriffen.“
Die Offiziere hatten sich über die Plattform Webex zusammengeschaltet, Medienberichten zufolge wurde die Sitzung über eine Büro-festnetzleitung der Bundeswehr auf die Mobiltelefone der Soldaten abgesetzt. Der Vize-chef des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Roderich
Kiesewetter (CDU), sagte, es sei zu klären, wie die russischen Spione die Einwahlnummern bekommen hätten. Die Union beantragte eine Sondersitzung des Bundestags-verteidigungsausschusses. Die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl (SPD), forderte höhere Investitionen in die Spionageabwehr.
Am Freitag hatte Russland ein 38 Minuten langes mitgeschnittenes Gespräch hoher Offiziere veröffentlicht, in der sie Einsatzszenarien für den deutschen Marschflugkörper Taurus erörterten, falls dieser doch noch an die Ukraine geliefert würde. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) lehnt die Lieferung ab. Er begründet seine Weigerung damit, dass Deutschland dadurch in den Ukraine-krieg hineingezogen werden könnte. Viele Fachleute bestreiten diesen Automatismus. Auch die Offiziere teilen die Haltung des Kanzlers nicht. Der Cdu-außenpolitiker Norbert Röttgen konstatierte einen schweren Schaden für Scholz persönlich.