Keine Pflicht zur Brache
Deutschland setzt Eu-umweltauflage aus. Die Bauern hat Minister Özdemir auf seiner Seite, Umweltschützer sind sauer.
müssen nicht vier Prozent ihrer Ackerfläche als Brache, Hecken oder Feldränder ausweisen, um an Direktzahlungen aus Brüssel zu kommen. Die „GLÖZ 8“genannte Eu-regel war den Landwirten ein Dorn im Auge. Stattdessen müssen auf vier Prozent der Flächen jetzt Hülsenfrüchte angebaut werden – ohne Pflanzenschutzmittel und Stickstoffdünger. Umweltschützer kritisieren Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) dafür, dass er die Ausnahmeregel der EU anwendet. Zu Recht?
Welche Tiere profitieren von den ungenutzten Flächen?
„Brachen haben einen sehr großen Effekt auf eine ganze Bandbreite von Tieren, von Vögeln über Insekten bis zu den Feldhasen“, sagt der Göttinger Biologe Eckhard Gottschalk. Am besten untersucht sei die Wirkung für Vögel, aber auch die Insektendichte sei auf ungenutzten Flächen höher als auf Ackerflächen. Gottschalk: „Dass die Fläche nicht bearbeitet wird, ist besonders wichtig für die Vögel, die noch spät im Jahr brüten.“
Welchen Einfluss hat die Entscheidung auf die Artenvielfalt?
Aus Sicht vieler Umweltverbände einen großen. So spricht der BUNDVorsitzende Olaf Bandt von einem „fundamentalen Rückschritt für den gemeinsam mit der Landwirtschaft errungenen notwendigen Schutz der Artenvielfalt“. Der Rostocker Agrarökonom Sebastian Lakner sagte: „Brachflächen sind wichtig für Bodenbrüter und die Insektenvielfalt.“Zwar sei nicht jede Brache gleich wirksam, aber die Fachliteratur zeige sehr klar, dass sie ein probates Mittel seien, um gegen Rückgang von Artenvielfalt vorzugehen.
Muss man die Brachen denn verpflichtend machen
„Als Ökonom habe ich Sympathien dafür, dass man für Brachen und Blühstreifen finanzielle Anreize schafft und sie so als freiwillige Leistungen erbracht werden“, sagt Lakner. Aber es gebe ein Problem:
In Regionen, in denen die Erträge hoch seien – er nennt als Beispiele die Bördelandschaften bei Magdeburg oder Braunschweig oder Regionen entlang der Donau – werde eine Prämie für Brachen nicht ausreichen. „Aber gerade dort brauchen wir sie.“
Wollte Umweltministerin Steffi Lemke nicht an der Brachenpflicht festhalten?
Nein. Die Grünen-politikerin wollte die Aussetzung der Regel mit einer neuen Ökoregelung für Grünlandflächen kompensieren, für deren Finanzierung die Direktzahlungen an alle Bauern reduziert werden müssten. Trotz Unterstützung der SPD konnte sich Lemke damit innerhalb der Regierung nicht durchsetzen. Der Biologe Gottschalk findet Lemkes Idee zwar grundsätzlich richtig, sagt aber auch: „Der Bestand der Feldlerche ist um 50 Prozent zurückgegangen, das Rebhuhn um über 90 Prozent – die können wir mit mehr Grünland nicht retten.