Machtkampf bei Red Bull tobt
Weder Ruhe noch Harmonie: Verstappens Erfolg beim Großen Preis von Bahrain wird zur Nebensache. Der Zoff in seinem Team mit Chef Christian Horner im Mittelpunkt eskaliert.
Nach dem demonstrativen Kuss zwischen Teamchef Christian Horner und seiner Ehefrau zerstörte der verbale Frontalangriff von Weltmeister-vater Jos Verstappen die letzte Hoffnung auf einen Rest Ruhe und Harmonie bei Red Bull. Statt sich über den souveränen Sieg seines Sohnes zu freuen, befeuerte der 51 Jahre alte Ex-rennfahrer sämtliche Vermutungen über den tobenden Machtkampf im alten und für viele schon wieder neuen Weltmeister-team. „Das Team läuft Gefahr, auseinandergerissen zu werden. So kann es nicht weitergehen“, wurde Jos Verstappen von der britischen „Daily Mail“zitiert. Er prophezeite: „Es wird explodieren.“Horner spiele das Opfer, während er derjenige sei, der die Probleme verursache.
Eine Attacke desjenigen, dem der Bahrain-sieger und dreimalige Formel-1-weltmeister Max Verstappen am allernächsten steht. Der BBC sagte Jos Verstappen, Sohn Max habe die Sätze auch gesehen, aber nichts dazu gesagt. Seinen Aussagen sei ein Streit in Bahrain mit Horner vorausgegangen.
Mit solcher Vehemenz wurde die Zerreißprobe im Team, in dem Max Verstappen zu einem der besten Piloten in der Geschichte der Motorsport-königsklasse reifte, noch nicht öffentlich dokumentiert. Und das beim Einstand, der sportlich nicht besser hätte laufen können und Max Verstappen schon zu den ersten Liebeserklärungen an den neuen Wagen veranlasste. Er siegte von der Pole und fuhr auch noch die schnellste Rennrunde. „Einfach wundervoll. Es ist noch besser als erwartet. Ein echter Genuss“, schwärmte er über den RB20.
Und der Satz, den jeder Fahrer mal gern über sein Auto sagen würde, kam dem 26-Jährigen nach seiner entspannten Siegfahrt mit über 22 Sekunden Vorsprung auf den Teamkollegen Sergio Pérez am Samstagabend unter dem Flutlicht auf dem Kurs in Sakhir wie selbstverständlich über die Lippen: „Es ist etwas Besonderes, einen dieser Tage zu haben, an denen sich alles perfekt anfühlt und
du eins mit dem Auto bist.“Karriere-sieg Nummer 55 nach der 33. Pole war die Belohnung. „Max ist in einer anderen Galaxie gefahren“, sagte Mercedes-teamchef Toto Wolff. „Verstappen steht eben nicht für Spannung oder Hoffnung, sondern für Dominanz und Verzweiflung der Konkurrenz“, meinte die „Kleine Zeitung“aus der Red-bull-heimat Österreich.
Dort in Fuschl am See in der Konzernzentrale werden sie die
Bilder vom Doppelerfolg zunächst gern gesehen haben nach dem nur scheinbaren Ende der pikanten Angelegenheit um Teamchef Horner. Die Beschwerde einer Mitarbeiterin war am Mittwoch vergangener Woche nach einer externen Untersuchung abgewiesen worden. Tags darauf sorgten E-mails mit einem Link zu Dateien in der Angelegenheit, neben der Forderung unter anderem von Wolff nach mehr Transparenz, für neuen Aufruhr.
Beim Rennen bekam Horner, der die Vorwürfe abstreitet, demonstrativ Unterstützung von seiner Frau Geri Halliwell, einst Mitglied der Spice Girls. Seit 2015 sind sie verheiratet.
Horner geht von Verbleib aus
Eher selten ist auch, dass Red Bulls Mehrheitseigner, der thailändische Milliardär Chalerm Yoovidhya, bei einem Rennen ist. Nach Bahrain war er gekommen. Er gilt als klarer Fürsprecher von Horner. Demgegenüber soll die Fraktion um Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko stehen – dazu zählen auch Jos und Max Verstappen.
Dass seinerzeit die Vorwürfe von einer niederländischen Zeitung als erste publik gemacht worden waren, hatte schon Spekulationen über eine mögliche Quelle angeheizt. „Aber warum sollte ich das tun? Max hat bei Red Bull einen Vertrag bis 2028, zeigt großartige Leistungen und fühlt sich hier wohl. Daran habe ich überhaupt kein Interesse“, betonte Jos Verstappen nun im „Telegraaf “.
Horner selbst betonte nach dem Sieg seines Weltmeister-piloten, dass er fest von seinem Verbleib als Teamchef ausgeht. „Absolut, sonst wäre ich nicht hier“, sagte er. „Ich habe die Unterstützung einer unglaublichen Familie, einer unglaublichen Frau, eines unglaublichen Teams und von jedem in diesem Team.“
Massive Zweifel sind erlaubt. Erst recht nach den Aussagen von Jos Verstappen, die er sinngemäß auch laut „Telegraaf“so getätigt hat. Steht am Ende die Frage: er oder wir? Der Satz, sie können sich nur selbst im Wm-kampf schlagen, scheint in diesem Jahr wahrer denn je zu sein. Die Konkurrenz hat bisher die Lücke nicht geschlossen. Carlos Sainz als Dritter und Charles Leclerc als Vierter waren im Ferrari gegen Verstappen komplett chancenlos.
Bei Mercedes und Rekordweltmeister Lewis Hamilton (7. Rang) hat die Hoffnung zum Auftakt in die lange Rekordsaison mit 24 Grand Prix und dem Finale erst am 8. Dezember in Abu Dhabi schon wieder den ersten schweren Dämpfer bekommen.