Magisches Viereck als Trumpf
Das Offensivquartett Führich, Millot, Undav und Guirassy zerlegt die TSG Hoffenheim beim 3:0-Erfolg in ihre Einzelteile und begeistert neben der Spielfreude auch mit defensivem Einsatzwillen.
Bitte, man sollte vorsichtig sein im Fußball mit historischen und aktuellen Quervergleichen. Mit Superlativen und Beschreibungen. Aber nun war da dieser Auftritt des VFB am Samstagabend bei der TSG Hoffenheim. Und nach dem glanzvoll herausgespielten 3:0-Erfolg lässt sich festhalten: Das Team von Sebastian Hoeneß hat in der Offensive ein Magisches Viereck. Es gab in den 90er Jahren das so genanntes Magisches Dreieck beim VFB. Balakov, Elber und Bobic bildeten dieses Trio, das die Liga aufmischte und Prunkstück beim Dfb-pokalsieg 1997 war. Aktuell hat der VFB die beste erste Halbzeit der Saison gespielt. Was Chris Führich, Enzo Millot, Deniz Undav und Serhou Guirassy auf den Platz zauberten, war nahe an der Perfektion. Oder, wie es Hoeneß sagte: „Wir haben wie aus einem Guss gespielt.“
Bestes Beispiel war das Führungstor durch Millot in der 16. Minute: Führich bekommt den Ball auf halblinks, wackelt ein paar Mal. Dann zieht er nach innen und passt schräg nach vorne auf Millot – der, Achtung, einstudiert! – rund 20 Meter vor dem Tor ein Dreieck mit Undav und Guirassy bildet. Millot lässt zurück auf Guirassy prallen, der spielt nach links auf Undav.
Und dann gibt es vollendete Kunst: Undav erkennt einen Raum, den nur er erkennt - und passt in den Sechzehner, schräg nach vorne, in den Rücken der Abwehr. Millot erkennt Raum und Lücke. Er startet durch. Und muss aus kurzer Distanz nur noch einschieben. Man weiß es nicht, vielleicht zeigt Pep Guardiola in Manchester diesen Spielzug in seiner nächsten Sitzung, als Blaupause für die Himmelblauen. Oder, weiter gedacht: Er warnt seine kombinationssicheren Profis vor einem Duell in der Königsklasse in der nächsten Saison vor
den Kombinationen der vier Stuttgarter Jungs. Rund um den VFB werden Träume immer realer, so ist das gerade.
Undav, der auch das 2:0 durch Guirassy toll vorbereitete (mit einem Steckpass, kurz und steil) sagte hinterher über das Zusammenwirken des Vfb-vierecks dies: „Wir sind alles geile Zocker, jeder weiß, was er machen muss und was der andere gleich macht.“Und dann, wenn alles so laufe wie gegen Hoffenheim, gehe es laut Undav in dessen feinstem Sprech so: „Tik-taka-taka-taka-taka.“
Tiki-taka ist dem VFB also offenbar nicht genug. Es ist mehr: Viermal Taka vom Magischen Viereck. Das würde Sebastian Hoeneß, zumindest in der Öffentlichkeit, die Bescheidenheit in Person, so nie sagen. Ihm reicht einmal Taka, wenn überhaupt. So sang der Coach nach dem 3:0 gewohnt
sachlich ein Loblied, das inhaltlich aber stimmig war: „Wir haben einen Flow, da sind Leichtigkeit und Überzeugung im Spiel - dann kommen solche Leistung zustande.“
Dabei sollte man sollte Hoeneß‘ konkreten Einfluss auf seine vier Jungs da vorne drin nicht unterschätzen. Zunächst hat er jeden Einzelnen mit seiner Arbeit auf ein neues Level gehoben – er ist bei seinen Offensivkräften Guirassy, Undav, Führich und Millot das, wovon jeder Fußballlehrer träumt: ein Bessermacher. Was auch mit konkreten Anweisungen vor den Spielen zu tun hat. Hören wir dazu abermals bei Deniz Undav rein: „Der Trainer gibt uns viele Freiheiten“, sagte er am Samstag noch, „aber er sagt uns auch, dass wir kaltschnäuziger sein müssen.“Zu sehen war das auch wieder gegen Hoffenheim,
als Undav und Kollegen einige gute Chancen vergaben. Also, noch mal Undav, mit Blick in die Zukunft: „Der Coach will, dass wir nicht zu sehr in Schönheit sterben, dass wir ab und zu auch einfach mal nur draufhauen, dass wir nicht nur kurz, kurz, kurz spielen und auch mal lang gehen.“
Das sind Problemchen, von denen Hoeneß‘ Trainerkollege Pellegrino Matarazzo nur träumen kann. Der aktuelle Hoffenheimer und ehemalige Stuttgarter Coach redete nach dem 0:3 gegen den VFB wie ein Trainer, dessen Team hoffnungslos unterlegen war. Nach dem Loblied auf die offensive Spielweise und die Abläufe des VFB sprach er schließlich eine Qualität an, mit der Undav, Guirassy, Führich und Millot als erste Anlaufspieler die TSG zermürbten: das Gegenpressing. „Sie setzen sich in der gegnerischen Hälfte fest“, sagte der Trainer, „und wenn man dann keine Entlastung mehr hat, geht das auf die Pumpe.“Und dann bleibt beim VFB Luft, mit der Kugel die große Fußballkunst zelebrieren.