„Schlagartiger“Preis-schock
Seit 1. April gilt für Gas wieder der volle Mehrwertsteuersatz. Experten rechnen mit deutlichen Erhöhungen.
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und die Einstellung der Gaslieferungen aus Russland hatten Folgen für die Energiepreise in Deutschland. Um den Preissprung für die Verbraucher abzufedern, wurde ab dem 1. Oktober 2022 für Gaslieferungen ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent eingeführt. Laut dem Bundesfinanzministerium galt diese Regelung „für die Lieferung von Gas über das Erdgasnetz“. Nicht entscheidend war dabei, wie das Gas erzeugt wird. Erfasst wurde „also auch Gas aus Biogasanlagen, das über das Erdgasnetz verteilt wird“, sowie „die Lieferung von Flüssiggas, das per Tanklastwagen an den Verbraucher transportiert und zur Wärmeerzeugung genutzt wird“. Begünstigt waren auch Fernwärmebezieher.
Nun sind wieder 19 Prozent Mehrwertsteuer fällig. Dass die Mehrwertsteuersenkung bis zum 31. März 2024 befristet sein würde, war von Anfang an klar. Laut dem Vergleichsportal Verivox werden die Gaspreise deutlich steigen. Der durchschnittliche Gaspreis für Haushalte liege aktuell bei 9,8 Cent pro kwh „und erhöht sich durch einen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent auf 10,9 Cent/kwh“heißt es auf der Internetseite des Portals. Einer Familie mit einem Gasverbrauch von 20 000 kwh entstünden durchschnittliche Mehrkosten von rund 220 Euro pro Jahr.
„Der volle Mehrwertsteuersatz wird den Gaspreis schlagartig um 11 Prozent erhöhen“, sagt Thorsten Storck, Energieexperte bei Verivox. „Die Kundinnen und Kunden haben durch die Umstellung kein gesetzliches Sonderkündigungsrecht, daher sollten sie frühzeitig ihren Vertrag prüfen und sich um einen möglichst günstigen Tarif kümmern. Die Grundversorgung ist im Vergleich zu den günstigen Gastarifen derzeit im Schnitt doppelt so teuer“, sagt Storck. Auch beim Verband kommunaler Unternehmen (VKU), der unter anderem Stadtwerke vertritt, geht man von
Preiserhöhungen aus. Ein Sprecher weist aber darauf hin, dass die Mehrwertsteuer nur einen Teil des Gaspreises ausmache. Andere Faktoren könnten preisdämpfend wirken, zum Beispiel sinkende Einkaufspreise.
Das Wirtschaftsressort zählt folgende Preisbestandteile auf: den „Preis für die Beschaffung sowie den Vertrieb des Gases, die Entgelte für die Netznutzung, sowie den staatlich veranlassten Preisbestandteilen wie Steuern und die Konzessionsabgabe“. Etwa die Hälfte des Gaspreises bilde sich auf den Märkten.
Laut dem Statistischen Bundesamt fielen die Gaspreise damit gegenüber dem ersten Halbjahr 2023 um 6,9 Prozent. Gegenüber dem zweiten Halbjahr 2022 waren sie allerdings um gut ein Fünftel höher. Im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2021, dem Vergleichszeitraum vor dem Beginn des Ukraine-kriegs, lagen die Gaspreise für Haushaltskunden sogar um mehr als zwei Drittel höher.