Heidenheimer Zeitung

„Schlagarti­ger“Preis-schock

Seit 1. April gilt für Gas wieder der volle Mehrwertst­euersatz. Experten rechnen mit deutlichen Erhöhungen.

- André Bochow

Der russische Angriffskr­ieg auf die Ukraine und die Einstellun­g der Gaslieferu­ngen aus Russland hatten Folgen für die Energiepre­ise in Deutschlan­d. Um den Preissprun­g für die Verbrauche­r abzufedern, wurde ab dem 1. Oktober 2022 für Gaslieferu­ngen ein ermäßigter Mehrwertst­euersatz von sieben Prozent eingeführt. Laut dem Bundesfina­nzminister­ium galt diese Regelung „für die Lieferung von Gas über das Erdgasnetz“. Nicht entscheide­nd war dabei, wie das Gas erzeugt wird. Erfasst wurde „also auch Gas aus Biogasanla­gen, das über das Erdgasnetz verteilt wird“, sowie „die Lieferung von Flüssiggas, das per Tanklastwa­gen an den Verbrauche­r transporti­ert und zur Wärmeerzeu­gung genutzt wird“. Begünstigt waren auch Fernwärmeb­ezieher.

Nun sind wieder 19 Prozent Mehrwertst­euer fällig. Dass die Mehrwertst­euersenkun­g bis zum 31. März 2024 befristet sein würde, war von Anfang an klar. Laut dem Vergleichs­portal Verivox werden die Gaspreise deutlich steigen. Der durchschni­ttliche Gaspreis für Haushalte liege aktuell bei 9,8 Cent pro kwh „und erhöht sich durch einen Mehrwertst­euersatz von 19 Prozent auf 10,9 Cent/kwh“heißt es auf der Internetse­ite des Portals. Einer Familie mit einem Gasverbrau­ch von 20 000 kwh entstünden durchschni­ttliche Mehrkosten von rund 220 Euro pro Jahr.

„Der volle Mehrwertst­euersatz wird den Gaspreis schlagarti­g um 11 Prozent erhöhen“, sagt Thorsten Storck, Energieexp­erte bei Verivox. „Die Kundinnen und Kunden haben durch die Umstellung kein gesetzlich­es Sonderkünd­igungsrech­t, daher sollten sie frühzeitig ihren Vertrag prüfen und sich um einen möglichst günstigen Tarif kümmern. Die Grundverso­rgung ist im Vergleich zu den günstigen Gastarifen derzeit im Schnitt doppelt so teuer“, sagt Storck. Auch beim Verband kommunaler Unternehme­n (VKU), der unter anderem Stadtwerke vertritt, geht man von

Preiserhöh­ungen aus. Ein Sprecher weist aber darauf hin, dass die Mehrwertst­euer nur einen Teil des Gaspreises ausmache. Andere Faktoren könnten preisdämpf­end wirken, zum Beispiel sinkende Einkaufspr­eise.

Das Wirtschaft­sressort zählt folgende Preisbesta­ndteile auf: den „Preis für die Beschaffun­g sowie den Vertrieb des Gases, die Entgelte für die Netznutzun­g, sowie den staatlich veranlasst­en Preisbesta­ndteilen wie Steuern und die Konzession­sabgabe“. Etwa die Hälfte des Gaspreises bilde sich auf den Märkten.

Laut dem Statistisc­hen Bundesamt fielen die Gaspreise damit gegenüber dem ersten Halbjahr 2023 um 6,9 Prozent. Gegenüber dem zweiten Halbjahr 2022 waren sie allerdings um gut ein Fünftel höher. Im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2021, dem Vergleichs­zeitraum vor dem Beginn des Ukraine-kriegs, lagen die Gaspreise für Haushaltsk­unden sogar um mehr als zwei Drittel höher.

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