Grundsatzkritik an geplanter Kindergrundsicherung
Um die neue Leistung umzusetzen, will Familienministerin Lisa Paus (Grüne) eine neue Behörde mit 5000 Stellen aufbauen. Der Nationale Normenkontrollrat hält wenig von dieser Idee.
Gegenwind für Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne): Der Nationale Normenkontrollrat hat scharfe Kritik an dem Plan geübt, für die neue Kindergrundsicherung 5000 zusätzliche Stellen zu schaffen. Würden Verwaltungsvorgänge „konsequenter gebündelt und automatisiert, könnte der Aufwand deutlich reduziert werden“, sagte der Vorsitzende des Beratungsgremiums der Bundesregierung, Lutz Goebel, dieser Zeitung.
„Die bisherigen Pläne zur Kindergrundsicherung beinhalten de facto keine Ansätze für strukturelle Vereinfachungen und echte Digitalisierung“, monierte der Bürokratieexperte. Vor diesem Hintergrund könne es zwar „schon sein, dass diese Stellen gebraucht werden, um in den bestehenden und wenig digitalisierten Strukturen die steigenden Antragszahlen
bewältigen zu können“. Das sei aber der falsche Weg.
Der Normenkontrollrat hatte vor kurzem Vorschläge zur Reform der Verwaltung von Sozialleistungen gemacht. Den größten Einspareffekt bei der Kindergrundsicherung sieht das Gremium in einer „besseren Datenverarbeitung und Automatisierung beziehungsweise Teilautomatisierung von Vorgängen“.
Die bei der Reform federführende Ministerin Paus hatte im Interview mit der „Rheinischen Post“gesagt, dass sie im Zusammenhang mit der Kindergrundsicherung die Schaffung von 5000 Stellen für richtig halte. „Das zusätzliche Personal bedeutet eine Bürokratieentlastung für die Bürger. Im Moment tragen sie die Bürokratielast, müssen von Pontius zu Pilatus rennen“, betonte sie.
Die Kindergrundsicherung soll bisherige Leistungen wie das Kindergeld, den Kinderzuschlag sowie mögliche Bezüge aus Bürgergeld und Bildungs- und Teilhabepaket zusammenführen. Laut Ampel-koalitionsvertrag sollen die Zahlungen „in einer einfachen, automatisiert berechnet und ausgezahlten Förderleistung gebündelt werden“, und zwar so, dass sie „ohne bürokratische Hürden direkt bei den Kindern ankommen“. Zur Finanzierung sind zunächst 2,4 Milliarden Euro pro Jahr veranschlagt. Je mehr die neue Kindergrundsicherung in Anspruch genommen wird, könnte die Summe allerdings deutlich höher ausfallen.
Laut dem vom Kabinett beschlossenen Reformvorschlag soll ein neu zu schaffender Familienservice die Anträge auf Kindergrundsicherung bearbeiten und auszahlen. Für die neue Behörde sind Verwaltungskosten in Höhe von jährlich 500 Millionen Euro vorgesehen. Die Jobcenter, die sich derzeit um bedürftige Familien kümmern, spielen im neuen Konzept nur eine Nebenrolle.
Derzeit steckt das Gesetz mit erheblicher Zeitverzögerung im Bundestag fest. Sollte das Parlament einen Gesetzentwurf beschließen, müsste auch noch der Bundesrat zustimmen. Dort wäre die Ampel auch auf Stimmen von Landesregierungen mit Unionsbeteiligung angewiesen. Dass von dort Zustimmung kommt, ist nach jetzigem Stand aber schwer vorstellbar.