Noch immer wird viel gefaxt
Telefax klingt wie aus einer vergangenen Welt. Unternehmen, Praxen und Juristen nutzen die Übertragung aber weiterhin.
Um es den jüngeren Lesern zu erklären: Ein Telefax-gerät überträgt Schriftstücke, seltener Bilder, auf ein anderes Telefaxgerät. Etwas ältere Leserinnen und Leser dürften die kurz Fax genannte Übermittlung kennen, sie hatte in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts und Anfang des neuen Jahrtausends ihre Hochphase. Kein Amt, Unternehmen, Büro, Bank, Praxis und Institution kam damals ohne aus, selbst in Privathaushalten fanden sich die sperrigen Geräte.
Wie weit verbreitet die Technik des Faxen war, stellte sich beim Eintippen einer falschen Telefonnummer heraus, das ein schrilles Pfeifen im Hörer des Telefon-geräts zur Folge hatte. Mit Faxen wurden unterschriebene Mietverträge übertragen, Informationen zu nachtschlafender Zeit für den kommenden Tag versandt, bei Gewinnspielen und Radio-wunschkonzerten mitgemacht und sogar Liebesbriefe mit aufgemalten großen Herzen übermittelt. Wer einen Streich spielen wollte, rollte eine Klopapierrolle ab und steckte sie ins Fax – bis beim Empfänger das Papier ausging.
Auch wenn während Coronalabore ihre Ergebnisse an Gesundheitsämter faxten und die Betroffene so oft spät informieren konnten: Seit der Pandemie ist Deutschland spürbar digitaler geworden. 69 Prozent der Unternehmen wollen ihre Digitalinvestitionen in diesem Jahr hochfahren oder zumindest stabil halten, hat eine aktuelle Umfrage des Digitalverbands Bitkom ergeben.
Fax-geräte müssten eigentlich den Weg zum Wertstoffhof gehen. Doch weit gefehlt. Vor knapp einem Jahr ergab eine repräsentative Bitkom-umfrage unter Firmen mit mehr als 20 Beschäftigten: 82 Prozent der Unternehmen in Deutschland nutzen immer noch ein Fax-gerät, um zumindest gelegentlich Dokumente zu übertragen, ein Drittel häufig oder sehr häufig.
Durch den digitalen Wandel ist das Fax zwar schon lange totgesagt, bestätigt Nils Britze, Bereichsleiter Digitale Geschäftsprozesse bei Bitkom. „Hat sich ein Kommunikationskanal aber erst einmal etabliert, dauert es in der Regel, bis er vollständig abgelöst ist – selbst wenn es mittlerweile deutlich komfortablere und sicherere Kommunikationswege gibt.“Am klassischen Fax werde vor allem die hohe Nachweisbarkeit der Zustellung geschätzt. Dies bestätigen Berater der Online-agentur „dskom“: „Entscheidender Punkt für das nach wie vor aktive Medium Faxversand ist das Fax-protokoll als Basis jeglicher FaxKommunikation. Dieses Protokoll gewährleistet, dass in vielen Fällen des Verfahrensrechts Fax-vorlagen anerkannt werden.“Zwar sei die Bestätigung auch per E-mails möglich, durchgesetzt habe sie sich aber nicht: „Oder wann haben Sie zuletzt eine verschlüsselte E-mail erhalten oder gar versendet?“
Experten raten aber vom Faxen ab. Die sächsische Datenschutzbeauftragte Juliane Hundert etwa sieht sensible Daten in Gesundheitsämtern gefährdet. Auch ihre Kollegen in Bremen und Hessen stufen die Übermittlung als nicht datenschutzkonform ein. „Der
Absender kann nie wissen, welche Technologie genau auf der anderen Seite verwendet wird“, schreibt die Internetplattform datenschutz.org. „Handelt es sich noch um ein normales, reales Faxgerät? Oder kommen hier bereits Telefax-dienste zur Anwendung, die die Informationen zum Beispiel in eine E-mail umwandeln?“
Dennoch werden immer noch Pflegeaufträge, medizinische Informationen an Versicherungsunternehmen, Rezepte und Patientenakten gefaxt. Dabei hat das Oberverwaltungsgericht Lüneburg bereits 2020 entschieden, dass die unverschlüsselte FaxSendung sensibler Informationen durch eine Behörde gegen den Datenschutz verstößt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Bescheid stattdessen auf sicherem Weg zum Empfänger gelangen kann. Das OVG verwies auf Datenschutzbeauftragte, die den Faxversand mit dem Abschicken „einer offenen Postkarte“verglichen. Zudem sei die Gefahr eines Irrläufers durch falsche Eingabe hoch.
Auch wenn der Wille da ist: so einfach lässt sich das Fax nicht in Rente schicken. Im Schweriner Justizministerium etwa sollen Fax-geräte noch so lange in den Justizdienststellen vorgehalten werden, bis Bürger vollständig auf moderne Kommunikationswege, den elektronischen Rechtsverkehr, umgestiegen seien.
Der Kanal ist zwar etabliert, aus Sicht des Datenschutzes aber nicht zu empfehlen.