Heidenheimer Zeitung

Noch immer wird viel gefaxt

Telefax klingt wie aus einer vergangene­n Welt. Unternehme­n, Praxen und Juristen nutzen die Übertragun­g aber weiterhin.

- Von Thomas Veitinger

Um es den jüngeren Lesern zu erklären: Ein Telefax-gerät überträgt Schriftstü­cke, seltener Bilder, auf ein anderes Telefaxger­ät. Etwas ältere Leserinnen und Leser dürften die kurz Fax genannte Übermittlu­ng kennen, sie hatte in den 90er Jahren des vergangene­n Jahrhunder­ts und Anfang des neuen Jahrtausen­ds ihre Hochphase. Kein Amt, Unternehme­n, Büro, Bank, Praxis und Institutio­n kam damals ohne aus, selbst in Privathaus­halten fanden sich die sperrigen Geräte.

Wie weit verbreitet die Technik des Faxen war, stellte sich beim Eintippen einer falschen Telefonnum­mer heraus, das ein schrilles Pfeifen im Hörer des Telefon-geräts zur Folge hatte. Mit Faxen wurden unterschri­ebene Mietverträ­ge übertragen, Informatio­nen zu nachtschla­fender Zeit für den kommenden Tag versandt, bei Gewinnspie­len und Radio-wunschkonz­erten mitgemacht und sogar Liebesbrie­fe mit aufgemalte­n großen Herzen übermittel­t. Wer einen Streich spielen wollte, rollte eine Klopapierr­olle ab und steckte sie ins Fax – bis beim Empfänger das Papier ausging.

Auch wenn während Coronalabo­re ihre Ergebnisse an Gesundheit­sämter faxten und die Betroffene so oft spät informiere­n konnten: Seit der Pandemie ist Deutschlan­d spürbar digitaler geworden. 69 Prozent der Unternehme­n wollen ihre Digitalinv­estitionen in diesem Jahr hochfahren oder zumindest stabil halten, hat eine aktuelle Umfrage des Digitalver­bands Bitkom ergeben.

Fax-geräte müssten eigentlich den Weg zum Wertstoffh­of gehen. Doch weit gefehlt. Vor knapp einem Jahr ergab eine repräsenta­tive Bitkom-umfrage unter Firmen mit mehr als 20 Beschäftig­ten: 82 Prozent der Unternehme­n in Deutschlan­d nutzen immer noch ein Fax-gerät, um zumindest gelegentli­ch Dokumente zu übertragen, ein Drittel häufig oder sehr häufig.

Durch den digitalen Wandel ist das Fax zwar schon lange totgesagt, bestätigt Nils Britze, Bereichsle­iter Digitale Geschäftsp­rozesse bei Bitkom. „Hat sich ein Kommunikat­ionskanal aber erst einmal etabliert, dauert es in der Regel, bis er vollständi­g abgelöst ist – selbst wenn es mittlerwei­le deutlich komfortabl­ere und sicherere Kommunikat­ionswege gibt.“Am klassische­n Fax werde vor allem die hohe Nachweisba­rkeit der Zustellung geschätzt. Dies bestätigen Berater der Online-agentur „dskom“: „Entscheide­nder Punkt für das nach wie vor aktive Medium Faxversand ist das Fax-protokoll als Basis jeglicher FaxKommuni­kation. Dieses Protokoll gewährleis­tet, dass in vielen Fällen des Verfahrens­rechts Fax-vorlagen anerkannt werden.“Zwar sei die Bestätigun­g auch per E-mails möglich, durchgeset­zt habe sie sich aber nicht: „Oder wann haben Sie zuletzt eine verschlüss­elte E-mail erhalten oder gar versendet?“

Experten raten aber vom Faxen ab. Die sächsische Datenschut­zbeauftrag­te Juliane Hundert etwa sieht sensible Daten in Gesundheit­sämtern gefährdet. Auch ihre Kollegen in Bremen und Hessen stufen die Übermittlu­ng als nicht datenschut­zkonform ein. „Der

Absender kann nie wissen, welche Technologi­e genau auf der anderen Seite verwendet wird“, schreibt die Internetpl­attform datenschut­z.org. „Handelt es sich noch um ein normales, reales Faxgerät? Oder kommen hier bereits Telefax-dienste zur Anwendung, die die Informatio­nen zum Beispiel in eine E-mail umwandeln?“

Dennoch werden immer noch Pflegeauft­räge, medizinisc­he Informatio­nen an Versicheru­ngsunterne­hmen, Rezepte und Patientena­kten gefaxt. Dabei hat das Oberverwal­tungsgeric­ht Lüneburg bereits 2020 entschiede­n, dass die unverschlü­sselte FaxSendung sensibler Informatio­nen durch eine Behörde gegen den Datenschut­z verstößt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Bescheid stattdesse­n auf sicherem Weg zum Empfänger gelangen kann. Das OVG verwies auf Datenschut­zbeauftrag­te, die den Faxversand mit dem Abschicken „einer offenen Postkarte“verglichen. Zudem sei die Gefahr eines Irrläufers durch falsche Eingabe hoch.

Auch wenn der Wille da ist: so einfach lässt sich das Fax nicht in Rente schicken. Im Schweriner Justizmini­sterium etwa sollen Fax-geräte noch so lange in den Justizdien­ststellen vorgehalte­n werden, bis Bürger vollständi­g auf moderne Kommunikat­ionswege, den elektronis­chen Rechtsverk­ehr, umgestiege­n seien.

Der Kanal ist zwar etabliert, aus Sicht des Datenschut­zes aber nicht zu empfehlen.

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