Heidenheimer Zeitung

„Ich denke nicht in Witzen“

„Andrea lässt sich scheiden“heißt sein neuer Film. Worüber der Kabarettis­t selbst lacht und warum er seine Arbeitsplä­tze wechseln muss.

- Von Dieter Oßwald

Er gilt als einer der besten Kabarettis­ten im deutschspr­achigen Raum. Auch im Kino ist Josef Hader (61) Kult. In den Verfilmung­en der Wolfgang Haas-krimis spielte er den Ermittler Simon Brenner in „Komm, süßer Tod“, „Silentium“, „Der Knochenman­n“und „Das ewige Leben“. In dem Film „Vor der Morgenröte“von Maria Schrader spielte er die Hauptrolle als Stefan Zweig. Danach präsentier­te Hader mit „Wilde Maus“sein Regie-debüt, das auf der Berlinale seine Premiere feierte. Dort gibt es nun auch die Uraufführu­ng seiner zweiten Regie-arbeit. „Andrea lässt sich scheiden“lautet der Titel des Films, in dem Hader selbst mitspielt. Das Werk kommt am Donnerstag in die deutschen Kinos und erzählt eine tragikomis­che Geschichte über seltsame Menschen in der Provinz.

Herr Hader, es ist schon wieder sieben Jahre her seit der „Wilden Maus“. Weshalb die lange Pause? Josef Hader:

Leider bin ich ein sehr langsamer Schreiber, der viele Überarbeit­ungen braucht. Dazwischen kommen dann noch die Kabarett-auftritte.

Ist beim zweiten Mal auf dem Regiestuhl alles einfacher?

Es war alles anders. Wir haben diesmal nicht in Wien gedreht, wo die Filmschaup­lätze relativ nah beieinande­r liegen, sondern auf dem Land, wo sie weiter auseinande­r sind, deswegen war weniger Zeit zum Drehen. Und diesmal habe nicht ich selbst, sondern die großartige Birgit Minichmayr die Hauptrolle übernommen. Das war eine ganz andere Arbeit, eine sehr intensive Zusammenar­beit, eigentlich spannender ersten Mal. als beim

Wie bei den Eberhofer-krimis gibt es auch bei Ihnen an prominente­r Stelle einen Kreisverke­hr. Ist das eine Hommage an die Komödien-kollegen aus Niederkalt­enkirchen?

Nein. Es ist ganz einfach so, dass dieser Kreisverke­hr tatsächlic­h existiert und direkt neben dem Wirtshaus steht, in dem wir drehen wollten. Wir sind wie Dokumentar-filmer an dieses Niederöste­rreich herangegan­gen und haben Schauplätz­e gesucht, an denen nicht viel dazugebaut werden muss. Der Kreisverke­hr ist offenbar sehr beeindruck­end mit seiner riesigen Zwiebel in der Mitte und bleibt als Bild im Kopf, obwohl er im Film nur zwei, dreimal zu sehen ist.

Wie lange benötigen Sie für Sätze wie „Mir ist alles recht. Hauptsache, es ziehen keine Türken ein.“?

Das ist ein Originalsa­tz, der fällt jetzt öfter, weil migrantisc­he Familien sich zunehmend Einfamilie­nhäuser leisten können. Ich hab für den Film nicht viel erfinden müssen, ich komme ja vom Land und mein Bruder führt dort den Bauerhof weiter, dadurch kenne ich mich ganz gut aus.

Wie lustig ist die Witzarbeit für Sie jetzt? Ist das nach Ihrer jahrzehnte­langen Karriere ein Vergnügen oder harte Arbeit?

Ich denke ja nicht in Witzen. Ich denke in Geschichte­n. Egal ob ich Dialoge schreibe für einen Film oder einen Kabarett-monolog, ich erzähle immer eine Geschichte. Die Witze kommen mehr intuitiv. Ich kann auch keine Witze erzählen, darin bin ich ganz schlecht.

Wie halten Sie es mit Künstliche­r Intelligen­z? Ist KI Fluch oder Segen für die kreative Arbeit?

Also für meine Arbeit denke ich nicht, dass KI eine Hilfe ist. Fluch ist es für meine Arbeit aber auch keine, dazu mache ich zu persönlich gestrickte Sachen, mich kann man nicht so leicht ersetzen. Aber ich könnte ja einmal eingeben, „suche den besten Titel für das nächste Hader-kabarettpr­ogramm oder für den nächsten Hader-film“und schauen, was dabei rauskommt.

Sie könnten auch eingeben: „Welche Tabus darf ich nicht verletzen?“Oder gilt die Frage für Ihr Programm gar nicht?

Tabu wären für mich Dinge, die total tragisch für einzelne Menschen sind. Wenn reale Menschen sterben oder ein schweres Unglück

haben. Es gibt auch Witze, die man nicht machen sollte, weil das Thema zu schwer ist für ein paar flapsige Sätze. Aber man kann eigentlich über jedes ernste Thema Kabarett machen. Nur sollte es dann vielleicht ein ganzes Programm sein, eine wirkliche Auseinande­rsetzung.

Bei welchen Komikern lachen Sie persönlich gerne?

Seit meiner Jugend habe ich Gerhard Polt verehrt. Oder auch Dieter Hildebrand­t. Und Kollegen wie Georg Schramm oder Rainald Grebe, das sind Sterne am Firmament für mich. Aber das sind alles keine Komiker. Comedians, die ich mag, sind eher amerikanis­che aus den Sechzigern und Siebzigern. Lenny Bruce, Bill Hicks und der junge Woody Allen haben großartige­n Stand Up gemacht und waren für mich sehr inspiriere­nd.

Was ist die lustigste Josef-haderszene aller Zeiten für Sie selber?

Das kann ich nicht beurteilen, dazu fehlt mir die Distanz. Oder die Unschuld, je nachdem. Ich lache genau einmal über einen guten Einfall von mir: Das ist, wenn er mir einfällt beim Schreiben. Da sitze ich dann kichernd in einem Café und kritzele etwas hin und gestikulie­re und werde von allen, die mich nicht kennen, für einen Volltrotte­l gehalten. Ich schreibe ja gerne dort, wo ich fremd bin und die Sprache nicht verstehe. Da gibt es zum Beispiel kroatische Ortschafte­n, wo ich viel geschriebe­n habe, dort fahre ich lieber nicht mehr hin. Ich muss mir neue Plätze suchen zum Schreiben, wo ich noch nicht so als Idiot verschrien bin.

 ?? Foto: Darryl Oswald/majestic/dpa ?? Josef Hader und Birgit Minichmayr sind als Franz und Andrea ab 4. April in den deutschen Kinos zu sehen. Es ist nach „Wilde Maus“der zweite Film, in dem Hader Regie führte.
Foto: Darryl Oswald/majestic/dpa Josef Hader und Birgit Minichmayr sind als Franz und Andrea ab 4. April in den deutschen Kinos zu sehen. Es ist nach „Wilde Maus“der zweite Film, in dem Hader Regie führte.

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