Mehr machen
Die Ankündigung der Baubranchenexperten zum Wohnungsbautag könnte kaum düsterer sein. „Über 800 000 Wohnungen fehlen. Der Wohnungsmarkt ist am Ende. Der Neubau ist eingebrochen. Der Wohnungsbau steckt tief in der Krise“, teasern die Experten ihr Treffen mit Spitzenpolitikern wie Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) an. Häufig sind solche dramatischen Ankündigungen, zumal wenn sie von Verbänden kommen, mit Vorsicht zu genießen. Doch in Bezug auf den Bausektor stimmen sie. Die Lage am Wohnungsmarkt ist katastrophal und von den von Kanzler Olaf Scholz angekündigten 400 000 Wohnungen pro Jahr ist weit und breit nichts zu sehen. Ist alle Hoffnung verloren?
Für Ministerin Geywitz nicht. Und damit liegt sie nicht falsch. So sind die Zinsen für Baufinanzierungen gesunken. Die Preise für Baumaterialien haben sich weitgehend normalisiert. Hinzu kommen gute Tarifabschlüsse, was dazu führt, dass ein Teil der Bürger künftig mehr Geld in der Tasche haben wird. Dadurch könnte sich die Auftragslage am Bau deutlich verbessern. Außerdem finanziert die Bundesregierung jungen Familien den Kauf von Häusern, fördert den Umbau von Gewerbeflächen zu Wohnraum, investiert eine Rekordsumme in den sozialen Wohnungsbau, will die Digitalisierung der Bauämter voranbringen und mittels Abbau von Bürokratie schneller Wohnraum schaffen.
Aber: So einleuchtend die Pläne sind, so schleppend kommen sie voran. In einigen Ländern gibt es zwar Pilotprojekte, auf einige der unzähligen Normen zu verzichten und den Hausbau damit günstiger zu machen. Doch eine gesetzliche Grundlage fehlt bis heute. Die ist nötig, damit es nicht zu Klagewellen kommt. Fdp-justizminister Marco Buschmann ist zuständig und hat nun immerhin signalisiert, dass er vorankommen will. Auch bei der Mietpreisbremse soll es vorangehen. Monatelang blockierten sich SPD und FDP hier gegenseitig. Nun wurde eine Einigung gefunden – endlich.
Auch die Länder können mehr machen, sie sollten sogar mehr machen. Eine unbürokratische Maßnahme, mehr Bürgern den Kauf von Häusern zu ermöglichen, wäre der vorübergehende
Gutes Wohnen ist heutzutage Luxus. Und dabei wird es zunächst auch bleiben – so bitter das auch ist.
Verzicht auf die Grunderwerbssteuer. Diese liegt in einigen Ländern bei 6,5 Prozent und macht einen großen Teil der Nebenkosten beim Hauserwerb aus. Statt sie abzubauen, haben einige Länder sie im Zuge knapper Kassen sogar noch erhöht. Für viele Menschen ist auch deshalb der Immobilienerwerb unmöglich. Doch wo Menschen keine Häuser kaufen und sanieren, da werden auch weniger Wohnungen frei, was den Druck auf den Mietmarkt zusätzlich erhöht.
Und so fragen sich Bürger und Bürgerinnen zu Recht, wie ernst Bund und Länder ihre Sorgen nehmen. Bis die Bauturbo-maßnahmen greifen, bleibt Mietern, Wohnungssuchenden und Kaufinteressenten nur, sich in Geduld zu üben und die Zähne zusammenzubeißen. Gutes Wohnen ist heutzutage Luxus. Und dabei wird es zunächst auch bleiben – so bitter das auch ist.