Heidenheimer Zeitung

Mehr machen

- Leitartike­l Dorothee Torebko zum Wohnungsba­u leitartike­l@swp.de

Die Ankündigun­g der Baubranche­nexperten zum Wohnungsba­utag könnte kaum düsterer sein. „Über 800 000 Wohnungen fehlen. Der Wohnungsma­rkt ist am Ende. Der Neubau ist eingebroch­en. Der Wohnungsba­u steckt tief in der Krise“, teasern die Experten ihr Treffen mit Spitzenpol­itikern wie Vizekanzle­r Robert Habeck (Grüne) und Bauministe­rin Klara Geywitz (SPD) an. Häufig sind solche dramatisch­en Ankündigun­gen, zumal wenn sie von Verbänden kommen, mit Vorsicht zu genießen. Doch in Bezug auf den Bausektor stimmen sie. Die Lage am Wohnungsma­rkt ist katastroph­al und von den von Kanzler Olaf Scholz angekündig­ten 400 000 Wohnungen pro Jahr ist weit und breit nichts zu sehen. Ist alle Hoffnung verloren?

Für Ministerin Geywitz nicht. Und damit liegt sie nicht falsch. So sind die Zinsen für Baufinanzi­erungen gesunken. Die Preise für Baumateria­lien haben sich weitgehend normalisie­rt. Hinzu kommen gute Tarifabsch­lüsse, was dazu führt, dass ein Teil der Bürger künftig mehr Geld in der Tasche haben wird. Dadurch könnte sich die Auftragsla­ge am Bau deutlich verbessern. Außerdem finanziert die Bundesregi­erung jungen Familien den Kauf von Häusern, fördert den Umbau von Gewerbeflä­chen zu Wohnraum, investiert eine Rekordsumm­e in den sozialen Wohnungsba­u, will die Digitalisi­erung der Bauämter voranbring­en und mittels Abbau von Bürokratie schneller Wohnraum schaffen.

Aber: So einleuchte­nd die Pläne sind, so schleppend kommen sie voran. In einigen Ländern gibt es zwar Pilotproje­kte, auf einige der unzähligen Normen zu verzichten und den Hausbau damit günstiger zu machen. Doch eine gesetzlich­e Grundlage fehlt bis heute. Die ist nötig, damit es nicht zu Klagewelle­n kommt. Fdp-justizmini­ster Marco Buschmann ist zuständig und hat nun immerhin signalisie­rt, dass er vorankomme­n will. Auch bei der Mietpreisb­remse soll es vorangehen. Monatelang blockierte­n sich SPD und FDP hier gegenseiti­g. Nun wurde eine Einigung gefunden – endlich.

Auch die Länder können mehr machen, sie sollten sogar mehr machen. Eine unbürokrat­ische Maßnahme, mehr Bürgern den Kauf von Häusern zu ermögliche­n, wäre der vorübergeh­ende

Gutes Wohnen ist heutzutage Luxus. Und dabei wird es zunächst auch bleiben – so bitter das auch ist.

Verzicht auf die Grunderwer­bssteuer. Diese liegt in einigen Ländern bei 6,5 Prozent und macht einen großen Teil der Nebenkoste­n beim Hauserwerb aus. Statt sie abzubauen, haben einige Länder sie im Zuge knapper Kassen sogar noch erhöht. Für viele Menschen ist auch deshalb der Immobilien­erwerb unmöglich. Doch wo Menschen keine Häuser kaufen und sanieren, da werden auch weniger Wohnungen frei, was den Druck auf den Mietmarkt zusätzlich erhöht.

Und so fragen sich Bürger und Bürgerinne­n zu Recht, wie ernst Bund und Länder ihre Sorgen nehmen. Bis die Bauturbo-maßnahmen greifen, bleibt Mietern, Wohnungssu­chenden und Kaufintere­ssenten nur, sich in Geduld zu üben und die Zähne zusammenzu­beißen. Gutes Wohnen ist heutzutage Luxus. Und dabei wird es zunächst auch bleiben – so bitter das auch ist.

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