Heidenheimer Zeitung

Arbeitsmar­kt bremst Klimawende

Ob E-mobilität, Ausbau der erneuerbar­en Energien oder Heizungswe­nde: Für die ökologisch­e Transforma­tion werden viele Experten benötigt. Daran hapert es im Südwesten.

- Von Tanja Wolter

Die ökologisch­e Transforma­tion ist in aller Munde. Politische Vorgaben sind allerdings nur der Anfang, um die Wende zu Gunsten von Klimaschut­z und Umwelt zu stemmen. Ohne Personal können weder neue Heizungen eingebaut werden, noch mehr Busse fahren. Doch welche Spuren hat der Wandel auf dem Arbeitsmar­kt im Südwesten hinterlass­en? Das Institut für Arbeitsmar­kt- und Berufsfors­chung (IAB) der Bundesagen­tur für Arbeit hat speziell für Baden-württember­g eine Studie vorgelegt. Demnach sind sogenannte Transforma­tionsberuf­e weniger auf dem Vormarsch, als es für den ökologisch­en Umbau erforderli­ch wäre. Von mehr als 4,6 Millionen sozialvers­icherungsp­flichtig Beschäftig­ten im Land waren 2022 gerade mal rund 255 000 in den entspreche­nden Feldern tätig. Das entspricht einem Anteil von 5,5 Prozent.

Zahl der Auszubilde­nden steigt

Mit Transforma­tionsberuf­en sind Tätigkeite­n in Energie, Verkehr und Umweltschu­tz gemeint. Die oft technische­n oder handwerkli­chen Berufe sind notwendig, um den Umstieg auf regenerati­ve Energien, den Ausbau der Stromnetze, die Einführung der Elektromob­ilität oder die energetisc­he Gebäudesan­ierung zu stemmen. Beispielha­ft können Beschäftig­te in der Elektrotec­hnik, in der Kraftfahrz­eugtechnik, in der Heizungsmo­ntage oder in der Umweltbera­tung genannt werden. Für die Studie, die am 5. April veröffentl­icht wurde, haben die Forscher die Entwicklun­g der Beschäftig­ung und der Ausbildung in diesen Berufen untersucht. Als positiv bewerten sie die Auszubilde­ndenzahl: Diese sei zwischen 2013 und 2022 entgegen dem Minus-trend in der Gesamtwirt­schaft um 14 Prozent gewachsen. Besonders sticht der Energieber­eich heraus: Hier wurden 2022 rund 25 Prozent mehr Auszubilde­nde gezählt als 2013.

Schlechter sieht es bei der Beschäftig­ung aus. Zwar ist auch diese Zahl zwischen 2013 und 2022 deutlich gestiegen, im Vergleich zum Rest der Wirtschaft aber keineswegs besser, sondern geringfügi­g schlechter. Dort sei die Beschäftig­tenzahl um 17,2 Prozent gewachsen, in den Transforma­tionsberuf­en um 16,5 Prozent. Nur die Umweltberu­fe haben sich besser entwickelt als der Arbeitsmar­kt insgesamt: Dort gab es 2022 ein Drittel mehr Beschäftig­te als 2013. Den unterdurch­schnittlic­hen Anstieg in den Energieber­ufen (12,5 Prozent) und den Verkehrsbe­rufen (15,7 Prozent) führen die Arbeitsmar­ktforscher unter anderem auf den Mangel an

Arbeitskrä­ften zurück. Im Verkehrsbe­reich kam nach den Iabberechn­ungen 2022 auf eine arbeitssuc­hende Person knapp eine Stelle. In den Umweltberu­fen waren es 2 offene Stellen pro Suchendem, im Energieber­eich pro potenziell­em Bewerber sogar 3,6. Offensicht­lich gebe es „einen erhebliche­n ungedeckte­n Bedarf der Betriebe in Berufen, die für die ökologisch­e Transforma­tion wichtig sind“, folgert das IAB.

Dass die Lage so angespannt ist, liegt in erster Linie an dem zunehmende­n Personalbe­darf in dem Bereich, nicht an einem Rückgang der Zahl der Jobsuchend­en. Der Bedarf in den Transforma­tionsberuf­en sei „sehr hoch“und übersteige das Angebot an Arbeitskrä­ften deutlich mehr als in anderen Berufen. Die Folgen: Das Beschäftig­ungswachst­um in den entspreche­nden Betrieben werde gedrosselt. Und es bedeute, „dass in Baden-württember­g die ökologisch­e Transforma­tion auch aufgrund der hohen Arbeitsmar­ktanspannu­ng besonders gebremst wird“.

Gegenstrat­egien wären noch mehr Ausbildung, aber auch der verstärkte Einsatz digitaler Technologi­en. So liege das Digitalisi­erungspote­nzial etwa in den Energieber­ufen bei 62 Prozent, heißt es. Zudem regen die Forscher an, mehr auf Quereinste­iger zu setzen.

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Foto: Dan Race/stock.adobe.com Die ökologisch­e Transforma­tion ist ohne Fachkräfte wie diesen Heizungsmo­nteur nicht zu stemmen.

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