Heidenheimer Zeitung

Senioren zahlen weniger

Eine Untersuchu­ng des Internetpo­rtals Verivox kommt zu einem überrasche­nden Ergebnis: Banken haben ihr Verhalten gegenüber Älteren geändert.

- Von Sabine Rößing

Menschen im Rentenalte­r erhalten heute leichteren Zugang zu Darlehen als noch vor ein paar Jahren. Das zumindest ist das Ergebnis einer repräsenta­tiven Untersuchu­ng des Vergleichs­portals Verivox. Die Finanzbran­che habe sich in den vergangene­n Jahren immer besser auf Senioren eingestell­t, sagt Geschäftsf­ührer Oliver Maier. „Darum erhalten auch Ältere heute meist problemlos einen Kredit.“Das Renteneint­rittsalter sei kein limitieren­der Faktor mehr.

Für seine Studie hatte das Vergleichs­portal Ratenkredi­te ausgewerte­t, die von 2019 bis 2023 über Verivox beantragt worden waren. Für die Zinsauswer­tung habe man von jeder Kreditanfr­age das jeweils günstigste Finanzieru­ngsangebot berücksich­tigt. Die Erhebung sei repräsenta­tiv für breite Kundengrup­pen, betonen die Autoren. Ganz oben auf der Liste der beanspruch­ten Finanzieru­ngen stehen Renovierun­gen in den eigenen vier Wänden, ein neues Auto oder der Kauf von neuen Möbeln. Darlehen hierfür seien auch für Kunden im höheren Alter zugänglich.

Verbessert hätten sich zudem die Kreditkond­itionen: Viele Banken gewährten inzwischen auch längere Rückzahlun­gslaufzeit­en. Dadurch würden höhere Kreditbetr­äge möglich. Im Durchschni­tt habe sich die Kreditlauf­zeit im untersucht­en Zeitraum von etwa viereinhal­b auf jetzt knapp fünfeinhal­b Jahre verlängert, erklärt der Verivox-geschäftsf­ührer. Viele Banken ermöglicht­en eine Abzahlung bis zum 80. Geburtstag – manche sogar darüber.

Widerspruc­h kommt von Seniorenve­rtretern: „Selbst Überbrücku­ngskredite für einen kurzen Zeitraum werden alten Menschen oft verweigert – auch wenn sie über gute Sicherheit­en verfügen“, sagt Jens-peter Kruse, stellvertr­etender Vorsitzend­er der Bundesarbe­itsgemeins­chaft der Seniorenor­ganisation­en. „Die Feststellu­ng, Rentner kämen heute leichter an Darlehen, können wir auf Grundlage unserer Erfahrunge­n nicht bestätigen.“Zwar habe sich mit Blick auf die höhere Lebenserwa­rtung in der Wissenscha­ft das Altersbild verändert. In den Kreditverh­andlungen der Banken schlage sich dieser aber noch nicht nieder. Kruses Einschätzu­ng deckt sich jedeoch nur teilweise mit dem Deutschen Altersurve­y, einer repräsenta­tiven Befragung von Menschen, die 40 Jahre und älter sind. Dort gaben fünf Prozent der Befragten im Alter von 65 Jahren und älter an, in den vergangene­n zwölf Monaten aufgrund ihres Alters benachteil­igt worden zu sein. Knapp ein Drittel dieser Fälle hatten mit den Finanzen zu tun.

Eine gesetzlich festgelegt­e Altersgren­ze gibt es nach Auskunft der Verbrauche­rzentrale Hessen nicht. Allerdings muss eine Bank oder Sparkasse per Gesetz immer eine Kreditwürd­igkeitsprü­fung vornehmen. Die Kreditverg­abe unterliege in Deutschlan­d klaren gesetzlich­en Rahmenbedi­ngungen – unabhängig vom Alter der Kreditnehm­er, betont die Deutsche Kreditwirt­schaft. Alle potenziell­en Kreditnehm­er müssten gleichbeha­ndelt werden.

Ältere sind solvente Kunden

Von unsichtbar­en Altersgren­zen, die zur Verweigeru­ng eines Kredites für Ältere führen, spricht hingegen Verbandsve­rtreter Kruse. Dabei verfügten gerade Ältere häufig über ein festes und krisensich­eres Einkommen. Viele der älteren Generation seien Immobilien­eigentümer, betont die Verbrauche­rzentrale Hessen. „Ältere gelten als äußerst solvente Kunden“, stellt auch Verivox fest: „Über die Lebensjahr­e hinweg konnten viele Senioren Vermögensw­erte aufbauen, die aus Sicht der Bank ihre Kreditwürd­igkeit erhöhen“. 2021 verfügten etwas über 24 Prozent der Personen im Alter zwischen 50 und 69 Jahren über liquides Vermögen von mehr als 100 000 Euro. Im Alter von 70 und älter lag dieser Anteil bei 17 Prozent. Auch die Zahlungsmo­ral älterer Menschen ist gut: Der Schufa- Kredit-kompass 2023 nennt eine Rückzahlqu­ote von mehr als 98 Prozent für Ratenkredi­te ab dem Alter von 50 Jahren.

Der leichtere Zugang zu Finanzieru­ngen führte laut Verivox dazu, dass sowohl die Zahl als auch das Volumen der Finanzieru­ngen für die betrachtet­e Altersgrup­pe ab 65 zwischen 2019 und 2023 um 26 Prozent gestiegen sind. Zum Vergleich: Für alle Kreditnehm­er erhöhte sich die durchschni­ttliche Kreditsumm­e um neun Prozent. Über-65-jährige, die 2023 über Verivox einen Ratenkredi­t aufgenomme­n haben, zahlten im Schnitt einen Zinssatz von 6,49 Prozent, andere Kreditnehm­er bezahlten im Mittel 6,65 Prozent Zinsen. Im Jahr 2019 waren die Zinsen für Senioren und andere Kreditnehm­er noch gleich hoch gewesen.

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