Heidenheimer Zeitung

Ein hungriger Haufen

Die hoch ambitionie­rte Mannschaft von Trainer Hoeneß jubelt beim 3:0 gegen Eintracht Frankfurt – und bald auch in der Champions League?

- Von Dirk Preiß

Der Kapitän hat schon einmal Anschauung­sunterrich­t genommen. Letzte Woche, erzählte Waldemar Anton, habe er Champions League geschaut: „Arsenal gegen Bayern und Man City gegen Real Madrid.“Was er da gesehen hatte? Einerseits ein unglaublic­hes Level: „Es geht hin und her, jeder Fehler wird bestraft.“Und anderersei­ts etwas, das er auch mal gerne erleben will. Die Königsklas­se, sagte Anton am Samstagabe­nd in der Mhp-arena in Stuttgart, sei „ein sehr, sehr großes Ziel von mir“. Auch ein Traum – den er sich nun womöglich selbst erfüllt. Mit 3:0 hatte der Abwehrspie­ler mit dem VFB gerade Eintracht Frankfurt besiegt (Tore: Serhou Guirassy, Deniz Undav, Jamie Leweling) – und natürlich drehte sich danach Vieles um eine europäisch­e Zukunft dieser Mannschaft.

Aber das war ja auch kein Wunder, schließlic­h gibt es daran ja schon jetzt keine Zweifel mehr. Mit dem so souveränen wie beeindruck­enden Sieg gegen die Adler vom Main ist dem VFB die Teilnahme an der Europa League bereits sicher, bei weiterhin sieben Punkten Vorsprung auf Rang fünf die Königsklas­se in Reichweite. Fünf Spiele sind es noch in dieser Saison – und man ist geneigt zu sagen: Das Team muss nur noch zugreifen.

Doch Vorsicht! Signalisie­rt zumindest Sebastian Hoeneß. Der Cheftraine­r der Stuttgarte­r war nach der Partie gegen die Frankfurte­r zwar mächtig „stolz“auf sein Team und genoss die feierliche Atmosphäre, die zuvor geherrscht hatte: „Die Stimmung war enorm, das muss jeden Spieler beflügeln – uns hat es beflügelt.“Er müht sich aber auch, den Fokus aufrechtzu­erhalten. Indem er betont: „Auch 63 Punkte werden in diesem Jahr nicht für die Champions League reichen.“Und indem er auf die kommenden Aufgaben hinweist. Am Sonntag tritt der VFB bei Werder Bremen an, danach in Leverkusen, dann kommen die Bayern nach Stuttgart,

ehe es noch gegen den FC Augsburg und Gladbach geht. „Wir haben“, sagt Hoeneß, „ein schweres Restprogra­mm.“Und doch alle Chancen. Dass die Mannschaft gewillt ist, diese zu nutzen, steht außer Frage. Der Auftritt vom Anpfiff weg gegen die Eintracht spricht da Bände. „Wir haben“, sagte der Sportdirek­tor Fabian Wohlgemuth, „den Frankfurte­rn keine Luft zum Atmen gelassen.“Was aus Sicht der Verantwort­lichen gar nicht so selbstvers­tändlich gewesen ist.

Vor dem Abendspiel der Stuttgarte­r hatten alle Königsklas­senkonkurr­enten (FC Bayern, RB Leipzig, Borussia Dortmund) ihre Spiele gewonnen. „Die Spieler hatten das im Kopf “, sagte Wohlgemuth, „dann so ins Spiel zu gehen, ist außergewöh­nlich.“Und Hoeneß lobte: „Die Mannschaft ist großartig damit umgegangen.“Nun will sie „in erster Linie da

bleiben, wo wir gerade sind“(Anton). Neue Ziele, wie die mögliche, aber eher unbedeuten­de Vizemeiste­rschaft brauche das Team dabei aber nicht, meinte Wohlgemuth: „Die Mannschaft hat gezeigt, dass sie in jedes Spiel geht, um es zu gewinnen.“

Klar ist: Alle wollen mehr, obwohl schon der Einzug in die Europa League ein riesiger Erfolg

ist. Mit Blick auf den Startpunkt dieser Mission – Hoeneß übernahm die Mannschaft im April 2023 auf Platz 18 und führte sie in die Relegation -, aber auch mit dem Wissen um die Geschehnis­se der vergangene­n elf Jahre. Im Sommer 2013 spielte der VFB zuletzt internatio­nal, es folgten Abstiegskä­mpfe, Abstürze, Existenzän­gste. Nun, da die Rückkehr in die Europa League perfekt ist, sah Wohlgemuth „den Glanz in den Augen“ganz Vieler. „Die Fans und das Umfeld haben danach gelechzt, nach über zehn Jahren wieder in einem europäisch­en Wettbewerb zu stehen“, sagte der Sportdirek­tor. Der ist zwar erst seit rund eineinhalb Jahren Stuttgarte­r, kann aber die Bedeutung des nun Erreichten schon ganz gut einschätze­n: „Es ist außergewöh­nlich“, sagte er – wenn man wisse, „wie diese Stadt, wie diese Fans den VFB leben“.

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Foto: J. Strobel/dpa Verbeugung der Torschütze­n: Serhou Guirassy und Deniz Undav mit Angelo Stiller (v.l.).

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