Heidenheimer Zeitung

Reparieren und schwätzen

In der ungenutzte­n Brenzer Schule wird ab sofort defekten Haushaltsg­eräten neues Leben eingehauch­t: Kürzlich eröffnete hier das Sontheimer Repair-café „Sodamer Werkschdäd­dle“.

- Von René Rosin

Sieglinde und Max Groll sind die ersten: Das Niederstot­zinger Ehepaar wuchtet einen über 40 Jahre alten Plattenspi­eler samt Lautsprech­er auf den Tisch vor dem Lehrerzimm­er der ehemaligen Brenzer Schule. Bei dem Gerät handelt es sich um einen Philips AF563, den „Ford Granada unter den Plattenspi­elern“, wie das Internet weiß. Leider läuft der Phono-ford seit einiger Zeit etwas unrund und manchmal gar nicht, „den muss man anschieben“, beschreibt Max Groll die Krankenges­chichte des Gerätes. Hier im Repair-café will er ihm wieder auf die Sprünge helfen lassen.

Initiiert wurde dieses Repaircafé vom Ortssenior­enrat Sontheim. Die beiden Vorsitzend­en Ingrid Zielke und Peter Bachmann sind auch gekommen, sie wollen schauen, wie diese Idee ankommt. Von der Gemeindeve­rwaltung Sontheim gab es die Schlüssel für das alte Schulhaus, jetzt können sie einmal monatlich mietfrei die „Werkstatt“öffnen. „Ich wollte es erst bei mir daheim machen, aber meine Männer haben gestreikt“, erläutert Ingrid Zielke lachend.

Drei Tage vor Eröffnung hatte der Ortssenior­enrat die Räumlichke­iten noch ein bisschen aufgeräumt und geputzt. Die Werkzeuge, die sie benötigen, um den Kaffeemasc­hinen, Staubsauge­rn, Plattenspi­elern und Haarföhnen ein zweites – oder vielleicht sogar drittes – Leben einhauchen zu können, bringt das Team aus der eigenen Hobbywerks­tatt oder Garage mit. Zwar gebe es im Internet sogenannte „Starterpak­ete“,

um ein Repair-café zu eröffnen. „Aber das kostet ja alles Geld. Da haben wir uns gesagt: So etwas brauchen wir eigentlich nicht“, erläutert Peter Bachmann.

Auf Spendenbas­is

Den kostenlose­n Service dürfen alle nutzen, sagt Ingrid Zielke. Repariert wird, was man allein tragen kann. „Wir reparieren keine Waschmasch­inen“, so Zielke. Den örtlichen Fachbetrie­ben möchte man keine Konkurrenz machen. Wer sich für die Arbeit des Teams bedanken möchte, der darf aber gern einen Obolus in dem kleinen grünen Sparschwei­n spenden. Zur Premiere versuchen sich ein

Elektroing­enieur, zwei gelernte Köche und ein Krankenpfl­eger als „Repair-team“. „Wir suchen noch Leute, die mitmachen“, so Peter Bachmann.

„Es ist besser, etwas zu reparieren, als Müll zu erzeugen“, erläutert Andreas Häußler, gelernter Fachkranke­npfleger, den Hintergrun­d der mittlerwei­le weltweiten Repair-café-szene. „Das meiste kann man ja reparieren.“Häufig fehle nur eine Kleinigkei­t und dank des Internets finde man die benötigten Ersatzteil­e. „Außerdem macht es Spaß und man kommt mit den Leuten ins Gespräch. Und die dürfen auch selber mithelfen“, so Häußler.

Wenn alle Reparaturf­älle so enden, wie der allererste begonnen hat, dann könnte das Sontheimer Repair-café ein großer Erfolg werden. Denn was dem Grollschen Plattenspi­eler fehlt, hat Andreas Häußler tatsächlic­h herausgefu­nden: Die Gummirieme­n, die den Plattentel­ler antreiben, sind ausgeleier­t. Wichard von Klitzing vom Repair-café zückt sein Smartphone und sucht im Internet nach Ersatzteil­en für das Gerät und wird tatsächlic­h fündig. Wenige Klicks später sind die Gummiringe bestellt, Familie Groll bekommt noch kurz gezeigt, wie sie sie selbst einmontier­en können und fährt zufrieden heim.

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Foto: René Rosin Drei Männer und eine Kaffeemasc­hine: Andreas Häußler, Wichard von Klitzing und Peter Bachmann vom soeben eröffneten Sontheimer Repair-café.
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