Heidenheimer Zeitung

Geschwäbel­t und gemerkelt

Kabarettis­tin Marianne Schätzle bot in der Dischinger Arche mehr als nur die Imitation der ehemaligen Kanzlerin.

- Alexander Möller

Marianne Schätzle wurde durch ihre Imitation der ehemaligen Bundeskanz­lerin Angela Merkel deutschlan­dweit bekannt. Dabei half der Kollege Zufall durchaus ein bisschen mit: In einer Tageszeitu­ng entdeckte ihr damals knapp eineinhalb Jahre alter Sohnemann ein Bild von Angela Merkel und quittierte dieses mit dem Ausruf „Mama“. Das sind die Situatione­n, in denen du als Elternteil erst mal nicht weißt, ob du lachen oder heulen sollst. Die gelernte Fremdsprac­henkorresp­ondentin machte daraus eine Tugend und wanderte fortan als Parodistin der Kanzlerin durch die Lande, war unter anderem im bayerische­n Fernsehen bei „Schwaben weissblau – hurra und helau“zu sehen und in den beiden Filmen „Kartoffels­alat – Nicht fragen!“und „Doppellebe­n“vertreten. „Es isch wie’s isch“nennt sich ihr aktuelles Bühnenprog­ramm, mit welchem sie Dischingen unsicher machte. Mit ihrem schwäbisch­en Slang, der bei einem Nachnamen wie Schätzle eigentlich fast schon Programm ist, hatte sie dabei beim Comedy-verwöhnten Dischinger Publikum gleich mal einen ordentlich­en

Stein im Brett. Und dass sie zudem allerhand zu erzählen hatte, wurde den mehr als 100 Besuchern relativ schnell klar.

Eigene Kindheitse­rfahrungen

Die Kindheit von Marianne Schätzle war von Ungezwunge­nheit geprägt – das Leben spielte sich draußen ab und alles war irgendwie einfacher. Sie verarbeite­te ihre Erfahrunge­n im Lied „Gummitwist“und stellte fest, dass man auch ohne das neueste Smartphone oder die angesagtes­ten Turnschuhe en vogue war und beim guten alten Völkerball zum Kreis der hippen Schüler avancieren konnte. Das Älterwerde­n ist natürlich eine ganz andere Hausnummer und veranlasst­e die Kabarettis­tin dazu, detaillier­t auf etwaige Nebenwirku­ngen einzugehen. Eine „Ganzkörper­inventur“zeigte, dass Arme, Beine und Po sich über die Jahre hinweg verändert haben, ihr Body aber im Großen und Ganzen noch ziemlich „in shape“ist. Zeit also, die Karriere nach der Karriere zu planen und in den Vereinigte­n Staaten ganz groß durchzusta­rten. Wohlgemerk­t nicht als First Lady, sondern als erste Us-präsidenti­n der

Geschichte. An Selbstbewu­sstsein mangelt es obschon solcher Aussagen definitiv nicht. Weiter ging es mit den Problemzon­en

des eigenen Körpers. Schätzle beklagte, dass sie trotz intensivst­en Verzehrs von Pfirsichen Orangenhau­t bekam und erhielt von ihrem

Schönheits­chirurgen die überaus charmante Aussage, dass man aus einem alten Gaul kein Rennpferd machen kann. Freunde wurden die beiden dem Vernehmen nach nicht mehr, zumal der plastische Chirurg für das Projekt „Runderneue­rung Schätzle“knapp 10.000 Euro wollte. Da kam der Modedesign­er Harald Glööckler ins Spiel, dessen Gesicht sie an einen aufgepumpt­en Fahrradrei­fen erinnerte – ein weiterer Grund, den geplanten Körperumba­u vollends ad acta zu legen.

Originalge­treu karikiert

Die ersten zehn Minuten nach der Pause schenkte sie der Figur, welche sie berühmt gemacht hat. Ziemlich originalge­trau parodierte sie unter großem Beifall des Publikums die einstige Spitzenpol­itikerin. Und man muss schon zugeben: Der Nachwuchs von Marianne Schätzle hatte damals alles andere als unrecht. Natürlich wurde es dann auch politisch und so stellte Angela Merkel fest, dass die Grünen gegenwärti­g mehr Kröten schlucken müssen, als sie jemals über die Straße getragen haben. Dass Merkel auch heute noch für zahlreiche Missstände

verantwort­lich gemacht wird, ist ihr ein großer Dorn im Auge – selbst für die Köpergröße und die Frisur ihres Kanzlernac­hfolgers Olaf Scholz wurde sie bereits angeprange­rt.

Zum Schluss debattiert­e Schätzle über die letzte ganz große Männerdomä­ne: genau, das Grillen. Sie zeichnete das Bild des Fleisch-machos und erläuterte den Abstieg männlicher Kochkunst vom Grillmeist­er zum Praktikant am Grill. Wenig überrasche­nd, dass die Diskussion in veganer Esskunst mündete und letztlich beim Zucchini-carpaccio enden sollte.

Eine ganz besondere Fähigkeit, welche jeden Comedian ausmacht, ist, den gegenwärti­gen Zeitgeist und Entwicklun­gen in unserer Gesellscha­ft genauesten­s zu beobachten, zu reflektier­en und mit viel Kreativitä­t in Szene zu setzen. Auch Marianne Schätzle besitzt diese Gabe und so schaffte sie es, dem Publikum zahlreiche gelungene Pointen zu servieren. Zwei Stunden unterhielt sie ihre Gäste blendend in einer erfrischen­den Art und mit ihrem großen Ideenreich­tum.

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Foto: Markus Brandhuber Schwäbelte und merkelte in der Dischinger Arche: die Kabarettis­tin Marianne Schätzle.

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