Der FCH hat alle verblüfft
Nach dem 1:0-Sieg in Darmstadt ist die Abstiegsgefahr nur noch rein theoretischer Natur. Dürfen sich die Heidenheimer gar demnächst mit den internationalen Wettbewerben beschäftigten?
Rein rechnerisch kann der 1. FC Heidenheim zwar immer noch absteigen, die Wahrscheinlichkeit ist nach dem 1:0-Sieg in Darmstadt aber vergleichbar mit einem Sechser im Lotto samt Superzahl. Möglicherweise kommt nun eine ganz andere „Gefahr“auf den FCH zu.
Ausgelassen feierten die Fchler am späten Sonntagabend im Darmstädter Stadion am Böllenfalltor vor der Tribüne ihrer Fans, auch Betreuer, Offizielle und Trainer Frank Schmidt reihten sich bei den zahlreichen Wellen ein. Kein Wunder, denn mit dem späten Treffer durch Nikola Dovedan haben die Heidenheimer aller Voraussicht nach den letzten Schritt zum Klassenerhalt gemacht. Das, was vor Saisonbeginn dem FCH kaum ein „Experte“zugetraut hätte, ist also bereits am viertletzten Spieltag eingetreten – welch fantastische Leistung.
Wie gesagt, zumindest zu 99,99 Prozent. Noch einmal zur Lage im Kampf um den Klassenerhalt: Darmstadt ist seit Sonntag endgültig abgestiegen, Köln kann sich nicht mehr direkt retten, hat bei fünf Punkten Rückstand auf Rang 16 noch eine minimale Chance auf die Relegation. Diesen Relegationsplatz nimmt aktuell der FSV Mainz ein, der kommende Gegner des FCH (Sonntag, 19.30 Uhr).
Torverhältnis als Trumpf
Auf Mainz haben die Heidenheimer neun Punkte Vorsprung, ebenso viele sind noch zu verteilen. Der FCH müsste alle drei ausstehenden Spiele verlieren, Mainz alle gewinnen und dabei neun Treffer im Torverhältnis aufholen. Das ist schon ziemlich unwahrscheinlich, aber selbst wenn es so käme, würde der FCH mit großer Sicherheit Bochum oder Union Berlin hinter sich lassen.
Die Klubs liegen sieben Zähler hinter der Schmidt-truppe und spielen kommendes Wochenende gegeneinander. Gibt es in dieser Partie einen Sieger, ist Heidenheim definitiv gerettet, weil der Verlierer nur auf 36 Punkte kommen kann.
Endet die Partie unentschieden und Union sowie Bochum gewinnen die letzten beiden Spiele, könnten sie nach Punkten mit dem FCH gleichziehen, müssten aber 16 beziehungsweise 17 Tore aufholen. Wenn man noch berücksichtigt, dass unter anderem Bochum am vorletzten Spieltag auf Leverkusen trifft, wird klar, dass für den FCH nichts mehr schiefgehen kann.
So kommentierte es auch Frank Schmidt nach der Begegnung in Darmstadt: „Der Klassenerhalt ist noch nicht ganz sicher, aber wir müssen ja auch hier keine Show machen. Ich habe es heute Morgen schon gesagt: Mit 37 Punkten bleibst du drin und deswegen kann man auch verstehen, dass
wir das heute dann auch mit unseren Fans gefeiert haben.“
Heidenheims Coach sprach von einem ausgeglichenen Spiel und starken Torhüterleistungen und hatte in der Stunde des Triumphs Gedanken an den Gegner und dessen Trainer Torsten Lieberknecht: „Ich möchte gar nicht so viel sagen, weil Darmstadt heute abgestiegen ist. Torsten und ich sind befreundet, da leidet man dann natürlich auch mit.“
Mit den Fans gefeiert
Sein von ihm gelobter Torhüter freute sich über die Unterstützung, dass den FCH an einem Sonntagabend über 1100 Fans begleiteten, ist nicht selbstverständlich. „Zuerst einmal bin ich sehr dankbar für diese fantastische Unterstützung. Hoffentlich konnten wir mit dem Spiel etwas zurückgeben. Wir haben jetzt noch drei Spiele und wollen gegen Mainz den Deckel komplett drauf machen“, so Kevin Müller.
Irgendwie passt es zum FCH, dass mit Christian Kühlwetter ein Spieler das entscheidende Tor vorbereitete, der in der Bundesliga noch nicht zum Einsatz kam. Trotzdem ließ sich der 28-Jährige nie hängen und darf sich jetzt über einen Assist freuen.
Vollendet hat Nikola Dovedan, für den es ebenfalls keine einfache Saison war, der aber gerade in der Schlussphase dem Team noch helfen konnte. „Heute hat mich Christian Kühlwetter super in Szene gesetzt. Etwas Glück war zwar dabei, dass der Gegenspieler über den Ball schlägt, aber dann hatte ich es einfach“, sagt der Österreicher, der ebenfalls
die Devise ausgibt: Gegen Mainz alles fix machen. Und dann? Selbst wenn rechnerisch alles klar ist, wird Schmidt von seiner Mannschaft volle Leistung verlangen.
Da geht es um den sportlichen Ehrgeiz, ebenso natürlich um die Endplatzierung und damit die Fernsehgelder. So verrückt es im
mer noch klingt und so weit es die Verantwortlichen richtigerweise immer von sich gewiesen haben – bei einem Sieg über Mainz dürfte sich der FCH ernsthaft mit dem Thema „internationaler Wettbewerb“beschäftigen. Denn die Lage ist in diesem Jahr günstig. Je nachdem, wer das
Dfb-pokalfinale gewinnt und ob die Bundesliga einen fünften Championsleague-platz erhält, zieht der Sechste, Siebte oder sogar der Achte noch in die europäische Conference League ein.
Führt der Weg nach Europa?
Der derzeitige Achte, der FC Augsburg, hat nur zwei, der Tabellensiebte Freiburg nur drei Punkte mehr auf dem Konto als der an zehnter Stelle positionierte FCH. Natürlich mischen auch noch Hoffenheim und Bremen in diesem Rennen mit.
Ob eine Doppelbelastung in der zweiten Bundesligasaison, in der der Kampf um den Klassenerhalt vermutlich noch härter wird, gut für die Heidenheimer wäre, ist eine andere Frage. In der Conference League waren in dieser Spielzeit Klubs von Schottland bis Israel vertreten. Die sportliche Herausforderung nicht anzunehmen, würde freilich ebenso wenig zum FCH passen.