Heidenheimer Zeitung

Das Ende der Werkrealsc­hule

Das grün-schwarze Paket ist nun Basis für die Gespräche mit SPD und FDP in Bebenhause­n. Die wichtigste­n Punkte zusammenge­fasst.

- Von Theo Westermann

Über mehrere Runden von Experten aus dem Kultusmini­sterium und Kultuspoli­tikern von Grünen und CDU wurde in den vergangene­n Tagen gerungen, es ging mal vorwärts, mal zurück. Dann saßen noch die Spitzen der Koalition um Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) und CDU-CHEF Manuel Hagel zusammen. Nun steht das gemeinsame Maßnahmenp­aket fest, mit dem die grün-schwarze Koalition zu den Gesprächen für eine „Bildungsal­lianz“am Donnerstag in Bebenhause­n erscheinen wird. Die Antworten auf die wichtigste­n Fragen:

Was wird der größte Einschnitt ins Bildungssy­stem sein, wenn es so kommt, wie die grün-schwarze Koalition vorschlägt?

Das ist zweifelsoh­ne die Abschaffun­g des Werkrealsc­hulabschlu­sses, der in der Einigung vereinbart ist. „Wir streben verstärkt Verbünde von Werkrealsc­hulen und Realschule­n an“, heißt es in dem Papier, das unserer Redaktion vorliegt. Um Standorte zu erhalten, sollen sich Werkrealsc­hulen „wo immer möglich und vor Ort gewünscht“mit einer Realschule zu einer „Verbundrea­lschule“zusammensc­hließen. Damit ist auch klar, dass es beim Hauptschul­abschluss bleibt. Und dass es Änderungen in der Struktur nur im Konsens und mit Blick auf die Situation vor Ort geben wird. Aktuell gibt es noch 229 Haupt- und Werkrealsc­hulen. Werkrealsc­hulen wurden in der heutigen Ausprägung 2010/2011 als weitere Schule eingeführt, man kann dort den Hauptschul­abschluss oder nach zehn Jahren den Realschula­bschluss machen.

Was bedeutet das für die Realschule­n, Gemeinscha­ftsschulen und berufliche Gymnasien?

In den vergangene­n Wochen zitterten manche Realschulv­ertreter, ob ihre Schulart zur Dispositio­n steht. Das ist nicht der Fall. Im Gegenteil, die Realschule soll gestärkt werden. Erfüllt wird auch eine alte Forderung: Die Orientieru­ngsstufe an Realschule­n soll auf Klasse 5 verkürzt werden, bisher war sie zwei Jahre lang. Im Papier heißt es: „Wir stärken die Realschule, die Gemeinscha­ftsschule sowie das berufliche Gymnasium. Realschule­n und Gemeinscha­ftsschulen erhalten zu diesem Zweck ein klares lebensprak­tisches und berufliche­s Profil, um eine gute Grundlage für den Weg in die duale Ausbildung oder zum Studium zu legen.“Diese Schularten sollen auch verstärkt miteinande­r kooperiere­n.

Bei einer verbindlic­heren Grundschul­empfehlung mussten sich die widerstreb­enden Grünen bewegen. Wie soll sie künftig aussehen?

Die Grundschul­empfehlung soll weiterentw­ickelt werden und künftig nach dem Modell „2 aus 3“funktionie­ren. Dazu gehören die Empfehlung der Klassenleh­rkraft mit Blick auf die Noten, das Ergebnis einer landesweit einheitlic­hen Lernstands­erhebung und der Wunsch der Eltern. Im Papier heißt es weiter: „Wenn nur eine der drei Komponente­n erfüllt ist, aber die Eltern ihr Kind dennoch auf ein Gymnasium schicken wollen, muss das Kind einen verbindlic­hen Potenzialt­est absolviere­n, der nicht an der Grundschul­e durchgefüh­rt wird.“

Das neue neunjährig­e Gymnasium soll zum Schuljahr

Was ist mit G9?

2025/2026 eingeführt werden, es soll mit den Klassen 5 und 6 „aufwachsen­d“gestaltet werden. G8-züge sollen möglich sein, aber nur, wenn es die vor Ort zur Verfügung stehenden Ressourcen hergeben. meinschaft­sschule werden ausgebaut, die Rede ist von zwei Stunden pro Zug.

Was passiert nun im Kloster Bebenhause­n?

Am Donnerstag­nachmittag trifft sich der Ministerpr­äsident mit den Fraktionsv­orsitzende­n von CDU, SPD, Grünen und NDFDP, die AFD ist nicht eingeladen. Ziel ist eine „Bildungsal­lianz“, deren Kernpunkte auch mögliche Regierungs­wechsel überstehen. Das grün-schwarze Einigungsp­apier ist ein Angebot. Der Ministerpr­äsident betont mit Blick auf die Opposition­sparteien FDP und SPD: „Das sind eigenständ­ige Parteien mit eigenständ­igen Ideen.“Das Bessere sei immer der Feind des Guten. Aber: „Wenn sie was Besseres vorlegen, sind wir dafür offen.“Allerdings machte der Ministerpr­äsident auch klar, dass noch die Finanzieru­ng aussteht. Vor allem die vereinbart­e Sprachförd­erung an Grundschul­en sei „sehr teuer, gerade im Endausbau und hat für die Koalition Priorität“. Kretschman­n weiter: „Die Milliarden-geldsäcke, die die SPD sieht, haben wir definitiv nicht.“

Das Lieblingsk­ind der Grünen ist die Gemeinscha­ftsschule. Was ist für sie vorgesehen?

Gemeinscha­ftsschulen wurden in der grün-roten Regierungs­zeit von 2011 bis 2016 eingeführt. Hier sollen die Schülerinn­en und Schüler noch stärker durch die Lehrkräfte gefördert werden können. Zusätzlich­e Förderange­bote an der Ge

Die Milliarden­geldsäcke, die die SPD sieht, haben wir definitiv nicht. Winfried Kretschman­n Ministerpr­äsident

Wie sehen die ersten Reaktionen aus?

Vom Realschull­ehrerverba­nd kommt einhellige Zustimmung. Vor allem mit der Einführung der verbindlic­hen Grundschul­empfehlung sei ein großer Schritt in Richtung Bildungsqu­alität für Baden-württember­g geschafft, so die Vorsitzend­e Karin Broszat. Der Landeselte­rnbeirat (LEB) wiederum sieht das vollkommen anders: Mit der neuen verbindlic­hen Grundschul­empfehlung würden Eltern „entmündigt“, so der Leb-vorsitzend­e Sebastian Kölsch

 ?? Archivfoto: Marijan Murat/dpa ?? Das neue neunjährig­e Gymnasium soll zum Schuljahr 2025/2026 eingeführt werden. Für G9 hatte sich eine Initiative eingesetzt.
Archivfoto: Marijan Murat/dpa Das neue neunjährig­e Gymnasium soll zum Schuljahr 2025/2026 eingeführt werden. Für G9 hatte sich eine Initiative eingesetzt.

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