Heidenheimer Zeitung

Prickelnde Spannung im „Lieblingsc­lub“

Als Kopf von Dr. Syros hatte Martin Sörös ein Heimspiel in Heidenheim. Kurz vor dem Konzert musste der Trompeter ersetzt werden.

- Von Günter Trittner

Ein einziger Rimshot von Schlagzeug­er Daniel Mudrack: Er könnte ein Fähnlein Rekruten zum Stoppen bringen - so knochentro­cken, so knallend kommt er daher. Den Jazz bringt aber er aber zum Laufen. Und so lief denn auch viel am Freitagabe­nd beim Auftritt von Dr. Syros bei Jazz Heidenheim. Und dies, obwohl wenige Tage vorher noch ein abruptes Ende aller Konzertplä­ne gedroht hatte. Julian Hesse, der Trompeter im Quartett, war Vater geworden und unabkömmli­ch. Doch Marko Mebus sprang helfend ein, ein überaus versierter Musiker, den als Kind der HotJazz von Louis Armstrong begeistert hatte. Und so durfte Martin Sörös, der Kopf von Dr. Syros, doch noch dem Publikum sein Glück kundtun, wieder in seiner Heimatstad­t Heidenheim und in seinem „Lieblingsc­lub“, der Alten DHBW, auftreten zu können. Gespielt wurden durchgehen­d eigene Stücke.

Kurze Probenzeit kein Thema

Dass nur wenig Zeit für ein gemeinsame­s Proben geblieben war, war an diesem Abend nicht zu spüren. Dafür sofort die prickelnde Spannung zwischen dem harten, kompakten Schlagzeug von Daniel Mudrack und der weichen, zurückhalt­enden Trompete von Marko Mebus. Dieser siedelte sein Spiel auf Trompete und Flügelhorn in variabel weiten Räumen an: luftig, warm und kühl, auch verletzlic­h. Um bequeme Musik zum Chillen geht es Dr. Syros indes nicht. Bandleader Sörös, am E-piano, Synthesize­r und Flügel im Einsatz, hat eine klare Maßgabe: „Musik muss halt gut sein, alles andere ist wurscht.“Und zum Gutsein gehören die Reibungen und Konfrontat­ionen, das sich Lösen von der geraden Linie, der musikalisc­he Gedankensp­rung und dessen rasches

Aufgreifen: das Jammen eben. Spätestens ab dem Ende des ersten Sets, als sich die Gruppe auf ein Jazzrock-stück von Miles Davis bezog und das von Sörös am E-piano angerührte Jazz-gebräu so richtig aufkochte, war Dr. Syros ein Lehrmeiste­r, wie eine gute Jazz-improvisat­ion heute klingen kann. Die Basstromme­l ging im Galopp und alle „schafften sich rein“.

Sörös auch Komponist

Eine wichtige Klammer an diesem Abend mit gut 80 begeistert­en Zuhörern und Zuhörerinn­en war der Bassist Sebastian Schuster, dem Sörös als Komponist ein eigenes Stück gewidmet hatte. Klar die Linie haltend und doch beweglich führte der mit Sörös seit langem zusammenar­beitende Musiker Rhythmus und Melodielin­ien der Stücke zusammen. Mit den Fingern auf den Saiten bot er im übertragen­en Sinn immer die helfende Hand, damit die Stücke ein Ganzes bleiben. Mudrack ist einer der beim Spielen vor Glück strahlen kann, Martin Söros freut sich mehr innerlich, wenn das Quartett Fahrt aufnimmt. Blubbernde Tonblasen aus E-piano, illustrier­ende Läufe mit leichter Hand, groß angelegte Soli am Flügel: Sörös hat seinen Stil gefunden.

Gleichbere­chtigte Musiker

Vier gleichbere­chtigte Partner bilden die Formation Dr. Syros, die meisten Soloparts muss freilich der Trompeter stemmen. Mebus tat dies mit stupender Leichtigke­it. Ob feinste Nuancen, raues Pressen, verspielte Tonfolgen oder anfeuernde Impulse, der 29-jährige Lead-trompeter und Dozent für Jazz-trompete, ließ an Präsenz und Können nichts vermissen. Sein Lächeln nach der Zugabe dürfte aber auch eines des Aufatmens gewesen sein: Dass eben alles doch noch so gut geklappt hat.

Seit sieben Jahren besteht die Band Dr. Syros. Zum Abschied gab es „Footprints“, den Jazzstanda­rd, den der unlängst verstorben­e Wayne Shorter 1966 für sein Album „Adam‘s Apple“eingespiel­t hat. Solche Fußabdrück­e im Jazz könnte vielleicht auch Dr. Syros mit seinen Eigenkompo­sitionen in den kommenden Jahren setzen.

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Foto: Markus Brandhuber Überzeugte bei seinem Heimspiel in Heidenheim: Martin Sörös (links) mit Band Dr. Syros.

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