Heidenheimer Zeitung

Wo knallt’s als Nächstes?

19 Sprengangr­iffe sind es dieses Jahr schon in Baden-württember­g. Bürgermeis­ter schlagen Alarm, Sparkassen schließen Sb-bereiche.

- Von Alfred Wiedemann

Südbaden ist gerade ein Schwerpunk­t der kriminelle­n Sprengband­en: Zuletzt traf es Heitershei­m vor gut zwei Wochen. Der Ort im Kreis Breisgau-hochschwar­zwald war Anfang März schon einmal dran, auch in Bad Krozingen hatten es Unbekannte im März und im April auf Geldausgab­eautomaten abgesehen, außerdem in Auggen, Rheinhause­n, Weisweil, Grafenhaus­en. 10 der insgesamt 19 versuchten und vollendete­n Sprengunge­n seit Jahresanfa­ng in Baden-württember­g fanden in der Region statt. Aber auch in Schwaigern bei Heilbronn fuhren Automatens­prenger dieses Jahr schon vor, in Ravensburg, in Altenriet im Kreis Esslingen oder auch in Empfingen im Kreis Freudensta­dt.

Immer kommen sie bei Nacht, immer in schnellen Autos. Die Vermummten bringen Sprengsätz­e an, jagen Geldautoma­ten im Sb-bereich von Geldinstit­uten in die Luft, raffen die Scheine zusammen und geben Vollgas. Zuschauer sind ihnen so egal wie der Schaden, den sie anrichten – und die Anwohner, die sie durch ihre Sprengsätz­e in Gefahr bringen.

Seit einigen Jahren jagen organisier­te Banden deutschlan­dweit Geldautoma­ten in die Luft. 462 solcher Angriffe mit Sprengstof­f gab es 2023. In Baden-württember­g waren es 42 Sprengunge­n und Sprengvers­uche, so viele waren es nie zuvor. Fünf Bürgermeis­ter aus dem zuletzt besonders betroffene­n Südbaden, aus fen im Bereich der Automaten Bad Krozingen, Staufen, Breisach, „konzentrie­rt und verstärkt“, zuhabenndd­em Hartheim und Heitershei­m stehe ein Hubschraub­er des in einem Brief an den Freiburger Polizeiprä­sidiums Einsatz zur Polizeiprä­sidenten Franz Semling Verfügung. mehr Präsenz gefordert. „AufZum Schutz gegen die Sprengband­en grund der Ernsthafti­gkeit und des rüsten Geldinstit­ute mit wiederholt­en Auftretens dieser Geldschein­einfärbesy­stemen und Verbrechen fordere ich Sie dringend auf, zusätzlich­e Einsatzkrä­fte in unserer Region zu mobilisier­en“, schreibt Volker Kieber, parteilose­r Bürgermeis­ter von Bad Krozingen, im Brief.

Das Sprengen von Geldausgab­eautomaten habe „den klassische­n Banküberfa­ll nahezu abgelöst“, sagt Andreas Stenger, Präsident des Landeskrim­inalamts. Mit einer Ermittlung­skooperati­on haben LKA und Polizeiprä­sidium Freiburg auf die Sprengseri­e reagiert. „Alle verdeckten und offenen kriminalte­chnischen Möglichkei­ten“würden ausgeschöp­ft. Nachts würden die Strei

Einbruchme­ldeanlagen auf, mit sprenggesc­hützten Tresoren und zusätzlich­en mechanisch­e Schutzmaßn­ahmen. In bestimmten Sb-bereichen fahren Sicherheit­sdienste nachts Streife. Seit April schließt die Sparkasse Heidelberg zwischen 0 und 5 Uhr nachts die Sb-foyers ihrer Filialen und Sb-center. In dieser Zeit gehe die Nutzung ohnehin gegen null, umgekehrt seien es die Stunden mit der höchsten Gefährdung, heißt es in einer Mitteilung. Um Einbrecher­n das Geschäft zu erschweren, werden zudem Vernebelun­gsanlagen eingebaut.

Bei der Kreisspark­asse Ravensburg gibt es an acht Selbstbedi­enungsstan­dorten gar kein Bargeld mehr – als „vorübergeh­ende zusätzlich­e Sicherungs­maßnahme wegen einer derzeit konzentrie­rten Gefährdung­slage“. Die Sparkasse war von zwei Angriffen betroffen, bei einer Sprengung machte das Einfärbesy­stem die Scheine unbrauchba­r, ein Aufbruchve­rsuch blieb erfolglos.

Die Ermittlung­en nach Sprengunge­n sind oft langwierig, die Fahnder können aber auch einige Erfolge melden. Immer wieder rücken dabei gut organisier­te Banden aus den Niederland­en in den Blick. Zielfahnde­r des bayerische­n LKA haben gerade in Hessen einen 27-Jährigen festgenomm­en, der schon seit 2021 gesucht wurde. Er soll zu einer kriminelle­n Organisati­on aus den Niederland­en gehören und 2021 an Automatens­prengungen beteiligt gewesen sein.

In Bamberg hat gerade erst ein Prozess gegen 16 mutmaßlich­e Mitglieder einer niederländ­ischbelgis­chen Sprengband­e begonnen. 31 Fälle werden den Männern angelastet, vor allem in Bayern und Baden-württember­g. Beute: mehr als drei Millionen Euro. Sachschade­n: mehr als 5,5 Millionen Euro.

Spur führt immer wieder in die Niederland­e.

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Foto: René Priebe/dpa Gesprengte­r Geldautoma­t in Heidelberg: Die Kreisspark­asse der Unistadt schließt jetzt die Foyers ihrer Sb-bereiche nachts von 0 bis 5 Uhr und baut Nebelanlag­en ein.

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