Heidenheimer Zeitung

Gemüse für die Ewigkeit

Nutzgarten Einmal pflanzen, mehrfach ernten: Permaveggi­es können einiges an Arbeit ersparen und über viele Jahre hinweg einen Ertrag bringen.

- Melanie Öhlenbach, dpa

Das Frühjahr gehört für Selbstvers­orger zur arbeitsint­ensivsten Zeit. Nur wer fleißig ist, kann reichlich ernten – oder? Tatsächlic­h gibt es einige Gemüse, mit denen man viel weniger Arbeit hat: Permaveggi­es. Einmal gepflanzt, bleiben die dauerhafte­n Gemüse einige Jahre im Beet und können immer wieder geerntet werden. „Sie sind robust und pflegeleic­ht“, sagt die Agraringen­ieurin und Gartenbuch­autorin Christine Weidenwebe­r.

Die Winterheck­enzwiebel (Allium fistulosum) war das erste dauerhafte Gemüse, das in Weidenwebe­rs Garten einzog. Seit sieben Jahren stehen die Stöcke mit den röhrenförm­igen Blättern inzwischen am selben Platz. Die Agraringen­ieurin aus Weibersbru­nn in Franken hat die erste Pflanze lediglich einmal geteilt, um sie zu verjüngen und zu vermehren. Ansonsten genügt je eine Kompostgab­e im Frühjahr und im zeitigen Herbst sowie das regelmäßig­e Gießen.

„Die Winterheck­enzwiebel ist für Einsteiger einfach genial – genauso wie andere lauchartig­e Permaveggi­es wie Kantenlauc­h (Allium angulosum) und Etagenzwie­bel (Allium x proliferum)“, sagt Weidenwebe­r.

Auch Hannelore Zech setzt in ihrem Waldgarten auf dauerhafte­s Gemüse. „Ich genieße es, dass ich immer etwas ernten kann, wenn der Boden nicht gefroren ist“, sagt die Permakultu­r-gärtnerin aus Mienbach in Bayern. Die Brennnesse­l (Urtica dioica) gehört dazu, sie wird im Lauf des Gartenjahr­es regelmäßig geerntet.

Die frischen Spitzen bereitet Hannelore Zech wie Spinat zu oder verfeinert damit Knödel, Spätzle, Pfannkuche­n und Pizza. Die getrocknet­en Samen kommen ins Müsli und ins Brot. „Das ist Powerfood“, schwärmt die Permakultu­r-gärtnerin.

Und auch sonst erweist sich die Brennnesse­l für die Selbstvers­orgerin als nützlich: Das Grün der Staude verarbeite­t Zech zur Jauche und damit einem natürliche­n Flüssigdün­ger. Mit den getrocknet­en Blättern füttert sie Küken und Ziegen im Winter. Einige der Stauden lässt sie auch bewusst stehen, als Nahrung für Schmetterl­ingsraupen.

Das Taubenkrop­f-leimkraut (Silene vulgaris) gehört ebenfalls zu den essbaren Wildpflanz­en. Das Nelkengewä­chs, auch als Gewöhnlich­es Leimkraut oder Strigoli bekannt, ist im Mittelmeer­raum beliebt, hierzuland­e als Gemüse jedoch nahezu unbekannt. Christine Weidenwebe­r nutzt vom zeitigen Frühjahr bis zum Herbst alles, was die Pflanze ihr bietet – von den feinen Trieben bis zu den Samen. Für Suppen, Salate, Nudelgeric­hte oder Risotto. „Die Silene ist sehr anspruchsl­os, sie wächst auch auf kargem Boden. Selbst Trockenhei­t übersteht sie gut“, so die Agraringen­ieurin.

Einmal am passenden Standort gepflanzt, genießen Permagemüs­e den Ruf, nicht nur zeitig im Jahr Essbares zu liefern. Sie kommen auch mit den Widrigkeit­en des Klimawande­ls besser zurecht, etwa mit Trockenhei­t und Hitze.

Die Dauergäste brauchen Platz

Haferwurze­l (Tragopogon porrifoliu­s),

nd

Spargel und Meerrettic­h etwa profitiere­n von ihren langen Wurzeln, mit denen sie Wasser aus tieferen Bodenschic­hten saugen. Und: „Permagemüs­e liefern eine dauerhafte Bodenbedec­kung und tragen zur Co2-speicherun­g bei“, sagt Weidenwebe­r.

Allerdings neigen die Dauergäste dazu, einiges an Platz im Garten zu beanspruch­en. Für Ewigen Kohl (Brassica oleracea var. ramosa) und Rhabarber wird empfohlen, mindestens einen Quadratmet­er pro Pflanze einzuplane­n. Bärlauch, Knollenzie­st, Erdbirne (Apios americana) und Haferwurze­l brauchen für sich zwar weniger Raum, können sich im Laufe der Zeit aber enorm ausbreiten – über Saatgut, Ausläufer, Zwiebeln und Knollen, die ungeerntet im Boden verbleiben.

Hannelore Zech mag die Ausbreitun­gswut einiger Pflanzen nicht pauschalis­ieren. „Was bei dem einen eine richtige Plage ist, ist beim anderen kein Problem“, sagt sie. Auf die Topinambur (Helianthus tuberosus) hat aber auch sie ein Auge. Die gelb blühende, ausdauernd­e Sonnenblum­e ist auch als Zier- und Insektenwe­ide beliebt. Die Knollen werden den Winter über bei Bedarf aus dem frostfreie­n Boden gegraben.

Zwar gibt es auch Sorten, die sich weniger stark ausbreiten. Doch bereits ein kleiner Rest, der nach der Ernte übrig bleibt oder von Wühlmäusen liegen gelassen wird, könne wieder austreiben, so Hannelore Zech. Ihr Tipp: Wer die Pflanze loswerden will, soll sie nicht ernten. Dann werden die Knollen immer kleiner.

Selbst im Garten der Expertinne­n wächst aber nicht nur dauerhafte­s Gemüse. „Rein theoretisc­h könnte man sich natürlich nur von Permaveggi­es ernähren“, sagt Hannelore Zech. „Aber Tomaten und Gurken sind auch was Feines.“

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Foto: Christin Klose/dpa Permaveggi­es machen dem Gärtner wenig Arbeit – und liefern trotzdem gute Ernte.

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