Heidenheimer Zeitung

Wenig überzeugen­d

Zum Haushalt 2025 und Bundesfina­nzminister Lindner

- Jacqueline Westermann leitartike­l@swp.de

Man muss kein Sherlock Holmes sein, um zu wissen, dass die kommenden Wochen kein Zuckerschl­ecken werden. Die Haushaltsv­erhandlung­en gehen los. Dass das Unterfange­n „Haushalt 2025“schwierig wird, war schnell klar. Die Konjunktur schwächelt weiter, in der Regierung sitzen drei Parteien, die sehr unterschie­dliche Vorstellun­gen von Finanzpoli­tik und Ausgabenpr­ioritäten haben – und ein Finanzmini­ster, der seine Ressortkol­legen gerne bändigen würde, es aber nicht schafft. Mantraarti­g forderte Christian Lindner (FDP) Einsparung­en aller Ministerie­n ein, und zwar so, dass das Haushaltsl­och gestopft und die Schuldenbr­emse gehalten wird. Zur Vorsicht verschickt­e Lindner gleich noch Ausgabenob­ergrenzenv­orgaben per Post. Die ebenfalls gekonnt ignoriert wurden.

Es erinnert fast an den Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Denn wie 2023 ließ Lindner auch das Eckwerteve­rfahren, die grobe Struktur der Budgetplän­e für das folgende Jahr, das normalerwe­ise im März ansteht, ausfallen. Die erste Deadline für die Ausgaben-ideen der Ministerie­n musste von Mitte April auf Anfang Mai verschoben werden. Und statt Einsparwün­schen meldeten einige Ressorts mehr Milliarden Euro als vorgesehen an. Und das alles bei einem zweistelli­gen fehlenden Milliarden-betrag. Zwar bekommt der Minister etwas mehr Spielraum durch die schlechte Konjunktur und darf mehr neue Kredite aufnehmen, aber gleichzeit­ig warnt sein Ministeriu­m, dass das Geld nicht für Projekt-ideen eingeplant werden kann – sondern wahrschein­lich geringere Steuereinn­ahmen ausgleiche­n müsse. Konkretes wird wohl die Steuerschä­tzung im Mai zeigen.

Für Ärger sorgte eine „Reserve“sparliste aus dem Finanzmini­sterium, das Lochstopf-potenzial im Streichen von Subvention­en – etwa für steuerfrei­e Sonntagsdi­enste – sah. Passend zum Tag der Arbeit ruderte Lindner dann von den Vorschläge­n aus seinem Ministeriu­m zurück. Auch das scheint mittlerwei­le ein vertrauter Akt: Erst im Dezember waren nach langer Ideen-klauberei die Kürzungsvo­rschläge für den Haushalt vorgelegt worden – um nach einem Aufschrei der Bauern sowie der Realisieru­ng, dass einige Vorschläge gar keine Wirkung für den nächsten Haushalt hätten, sofort wieder einkassier­t zu werden. Haushaltsk­ompetenz sieht anders aus.

Es ist Aufgabe des Finanzmini­sters, den Haushaltse­ntwurf der Regierung zu entwickeln.

Auch Durchsetzu­ngs- und Überzeugun­gskraft sieht anders aus. Denn nun geht es erst einmal in die Verhandlun­gen mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaft­sminister Robert Habeck (Grüne). Schon im vergangene­n Jahr musste sich der Finanzmini­ster Schützenhi­lfe vom Kanzler holen für die Gespräche mit den Ressorts. Dabei ist es doch die Aufgabe schlechthi­n eines Bundesfina­nzminister­s, den Haushaltse­ntwurf der Regierung zu entwickeln. Letztlich entscheide­t zwar das Parlament als Haushaltsg­esetzgeber. Doch bis die Haushälter der Fraktionen ab Sommer loslegen können, braucht es einen Entwurf. Und im Übrigen eine Regierung, die sich bis dahin nicht auseinande­rgestritte­n hat.

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