Heidenheimer Zeitung

„Asbest war nur ein Argument“

Den Palast der Republik abzureißen, sei in jeder Hinsicht falsch gewesen, kritisiert ein ehemaliger Architekt.

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Einer der Architekte­n des Palastes der Republik hat den Abriss des repräsenta­tiven DDRBAUS kritisiert. „Es war tatsächlic­h eine kulturgesc­hichtliche und umweltpoli­tische Fehlentsch­eidung, auch in städtebaul­ichem und stadtfunkt­ionellem Zusammenha­ng“, sagte der Architekt Wolf-rüdiger Eisentraut der „Berliner Zeitung“. „Heute muss man aus historisch­er Sicht sagen: Die obsiegende Gesellscha­ft hat ein Kulturgut der Verlierer vernichtet. Der Abriss war von Anfang an politisch gewollt, der Wille schon weit vor dem Bundestags­beschluss zum Wiederaufb­au des Schlosses manifestie­rt“, so der 80-Jährige.

Eisentraut gehörte zu einem Team von Architekte­n unter Heinz Graffunder, nach dessen Plänen der 1976 in Ost-berlin eröffnete Prestigeba­u errichtet wurde. Als „Volkshaus“wurde der Bau in der Mitte von Berlin und damit der Ddr-gesellscha­ft angesiedel­t.

Prestigeob­jekt der DDR

Der Palast der Republik basierte auf der Idee eines Kulturhaus­es als ebenso öffentlich­er Ort der Bevölkerun­g wie repräsenta­tiv für die Selbstdars­teller des Staates. Das Prestigeob­jekt war daher sowohl Tagungsort des DDR-PARlaments Volkskamme­r als auch Jugendtref­f mit Bowlingbah­n. Nach der Wende wurde das mit Asbestmate­rialien verseuchte Gebäude zunächst saniert und letztlich nach langen Diskussion­en bis 2008 abgerissen. Auf dem Gelände entstand das deutlich größere Humboldt Forum mit den bis heute umstritten­en barocken Fassaden des historisch­en Hohenzolle­rn-schlosses an drei Außenseite­n.

Im Humboldt Forum ist auch als Auseinande­rsetzung mit dem historisch­en Ort vom 17. Mai 2024 bis 17. Februar 2025 die Sonderauss­tellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“geplant.

Für Eisentraut war die Asbestsani­erung nicht der entscheide­nde Grund für den Abriss des Palastes der Republik. „Asbest war kein Abrissgrun­d, bot aber ein willkommen­es Argument. Vielmehr führten das gestörte Verhältnis der neuen Bundesrepu­blik zum übernommen­en Erbe der DDR und politische Prämissen zur Abrissents­cheidung.“

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Im Palast der Republik, dem Parlament der ehemaligen DDR, tagte die Volkskamme­r.

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