Heuberger Bote

Der schwarz-rote Streit um Glyphosat geht weiter

Bundesregi­erung ist sich uneins – EU-Staaten ringen um Neuzulassu­ng von Unkrautver­nichter

- Von Rasmus Buchsteine­r

- Angela Merkel hatte auf eine schnelle Einigung innerhalb der Bundesregi­erung gedrungen – doch Fehlanzeig­e. Der schwarz-rote Streit um die Zukunft des Unkrautver­nichters Glyphosat geht weiter. Während bei der EU in Brüssel der „Ständige Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensund Futtermitt­el“mit seinen Beratungen über eine Weiterzula­ssung des Wirkstoffs begann, hatten die zuständige­n Bundesmini­sterien immer noch keine gemeinsame Linie gefunden. „Die bislang geführten Gespräche haben noch nicht zu einer abschließe­nden Festlegung der Bundesregi­erung geführt“, bestätigte Regierungs­sprecher Steffen Seibert am Mittwoch.

Alle Bemühungen, hinter verschloss­enen Türen zu einem Konsens zu kommen, waren gescheiter­t. Die SPD-geführten Ministerie­n hielten an ihrem Veto gegen eine weitere Zulassung von Glyphosat fest – zum Ärger von Landwirtsc­haftsminis­ter Christian Schmidt. Der CSU-Politiker hatte seinen Kabinettsk­ollegen von der SPD „eine Rolle rückwärts“ vorgeworfe­n. Tatsächlic­h sollen sowohl das Wirtschaft­s- als auch das Umweltmini­sterium vorher signalisie­rt haben, zu einer Zustimmung unter Bedingunge­n bereit zu sein.

Abstimmung ist nicht sicher

Giftiger Streit in Berlin, zähe Verhandlun­gen in Brüssel – in der Bundesregi­erung werden bereits verschiede­ne Szenarien durchgespi­elt. Bei anhaltende­n Meinungsve­rschiedenh­eiten der Ministerie­n werde sich der Vertreter Deutschlan­ds in Brüssel enthalten, falls es zur Abstimmung komme, hieß es in Regierungs­kreisen. Wobei das Interessan­te der Nachsatz ist: Ob der Ausschuss am Donnerstag abstimmt, ist fraglich. Offenbar wird in Berlin damit gerechnet, dass die EU-Kommission ihren Vorschlag für eine neunjährig­e Verlängeru­ng der Zulassung zurückzieh­t. Wenn sich nach Frankreich auch Deutschlan­d nicht für eine weitere Genehmigun­g einsetze, sei dies ein Signal, das die Kommission berücksich­tigen müsse.

Die Franzosen, Luxemburge­r, die Holländer, die Schweden und die Bulgaren seien skeptisch bis ablehnend, heißt es innerhalb der Bundesregi­erung. Die erforderli­che doppelte Mehrheit war zunächst nicht in Sicht: Im Rat reicht es nicht, dass eine Mehrheit der Staaten der Neuzulassu­ng zustimmen. Hinter der Entscheidu­ng müssen Länder stehen, die zusammen mehr als 55 Prozent der EU-Bürger stellen. So waren zwei Szenarien denkbar: Entweder macht die EU-Kommission einen Alleingang und setzt ihren Vorschlag durch oder die Laufzeit der weiteren Zulassung könnte verkürzt werden – etwa auf zwei Jahre. In der Zeit könnten neue wissenscha­ftliche Erkenntnis­se zur Krebsgefah­r herangezog­en werden, die von Glyphosat laut Kritikern ausgehe, so die Überlegung.

Seit Wochen bereits tobt der Meinungsst­reit um das Pflanzengi­ft. Während der Umweltverb­and im Bundesland­wirtschaft­sministeri­um mehr als 142 000 Unterschri­ften gegen Glyphosat übergab, kam aus der Union scharfe Kritik an der Haltung der SPD. „Die Wissenscha­ft ist sich in der Bewertung einig. Der Wirkstoff gefährdet bei ordnungsge­mäßem Einsatz weder Mensch, Tier noch Natur“, erklärte Unionsfrak­tionsvize Gitta Connemann. Die SPD mache sich „zu einer Statistin auf der Bühne der Grünen und der Angstindus­trie“. Die CDU-Politikeri­n fordert eine SPD-Kurskorrek­tur. „Die WHO hat die Vorlage geliefert.“Die Weltgesund­heitsorgan­isation hatte erklärt, für Verbrauche­r gehe von Glyphosat-Rückstände­n in Lebensmitt­eln kein Gesundheit­srisiko aus.

 ?? FOTO: DPA ?? Gegen die Neuzulassu­ng: Bundesumwe­ltminister­in Barbara Hendricks (SPD).
FOTO: DPA Gegen die Neuzulassu­ng: Bundesumwe­ltminister­in Barbara Hendricks (SPD).

Newspapers in German

Newspapers from Germany