Von der Schiene auf die Straße
26 Güterbahnhöfe im Südwesten auf Streichliste – Bahn kündigt Schotterwerk
- Die Deutsche Bahn will im Südwesten 26 Güterbahnhöfe schließen. Insgesamt stehen 215 der bundesweit 1500 Güterbahnhöfe auf der Streichliste, die der „Schwäbischen Zeitung“vorliegt. Betroffen sind unter anderem Standorte in Einsingen (Kreis Ulm) und Rossberg (Kreis Ravensburg), Langenschemmern (Kreis Biberach) und Immendingen (Kreis Tuttlingen).
Zwar versichert die Bahn-Tochter DB-Cargo, es seien noch keine Entscheidungen gefallen, doch dem Schotterwerk Wibo in Ottenhöfen im Schwarzwald liegt bereits ein Kündigungschreiben vor. Der Geschäftsführer und Miteigentümer Sebastian Striebel sagte der „Schwäbsichen Zeitung“, dass die Bahn ihm ab 2018 keine Waggons mehr zur Verfügung stellen will. „Das ist schon eine Nummer“, so Striebel. Verkehrsminister Winfried Hermann habe bereits in einem Brief an Bahnvorstand Volker Kefer protestiert und seine Unterstützung zugesichert. Falls der Beschluss umgesetzt wird, muss Wibo tonnenweise Schotter per Lkw durch den Schwarzwald transportieren. Generell fasst ein Zugwaggon etwa soviel wie drei Lkw.
Der Vorgang ist geradezu absurd. Denn einer der größten Kunden von Wibo ist die Deutsche Bahn. Sie wird von dem Werk mit Gleisschotter beliefert, und der muss vorwiegend mit Güterwaggons transportiert und direkt im Gleisbett verarbeitet werden. „Das Ganze ist ein Schildbürgerstreich“, schimpft Striebel.
Laut einer Mitteilung von DB Cargo sollen den Kunden alternative Bedienkonzepte angeboten werden, etwa benachbarte Güterverkehrsstellen oder kombinierte Verkehrsangebote. „Die Verladestellen werden nicht geschlossen, sondern nicht mehr angefahren werden“, hieß es.
Bahn zu unflexibel
Dennoch steht fest, wohin die Reise geht: „Der Trend geht weg von der Schiene und hin zur Straße“, sagt ein Sprecher des Logistikunternehmens Grieshaber, das Standorte in Ravensburg, Weingarten und Singen hat. Dieser Trend sei unabhängig davon, ob nun „kleinere Güterbahnhöfe“geschlossen werden. Das sei zu erwarten gewesen, da sich der Transport auf der Schiene nur bei sehr großen Mengen lohne. Als Beispiel nannte der Sprecher eine große Gießerei in Singen, die über ein Firmengleis mit Rohstoffen beliefert werde.
SPD protestiert
Für die Just-in-Time-Produktion in der Industrie sei die Bahn zu unflexibel. Die Wirtschaft setzt deshalb auf den kombinierten Ladeverkehr: eine Kombination von Straße, Schiene und Wasserwegen, wobei die Container an Umschlagterminals das Verkehrsmittel wechseln. Solche Terminals stehen unter anderem in Singen und Ulm.
Die SPD-Landtagsfraktion in Stuttgart will mit einem Parlamentsantrag gegen die geplanten Schließungen protestieren. „Wir werden es nicht hinnehmen, dass die Bahn einen unverzichtbaren Teil unserer öffentlichen Verkehrsinfrastruktur zu Lasten von Wirtschaft und Umwelt beerdigt“, sagte Fraktionsvize Martin Rivoir. Sollten die Absichten der Bahn Realität werden, sei mit negativen Folgen für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg zu rechnen.