Heuberger Bote

Neuer Schlag gegen militante Islamisten

Behörden nehmen mehrere Verdächtig­e fest – Regierung führt Fußfesseln für Gefährder ein

- Von Andreas Herholz und unseren Agenturen

- Knapp zwei Monate nach dem Weihnachts­marktAnsch­lag von Berlin sind die Behörden am Mittwoch in mehreren Bundesländ­ern massiv gegen islamistis­che Terrorverd­ächtige vorgegange­n. In Hessen nahm die Polizei am Mittwoch einen Tunesier fest, der für die Terrormili­z Islamische­r Staat (IS) einen Anschlag in Deutschlan­d geplant haben soll. In Berlin wurden drei Islamisten verhaftet, von denen zwei Kontakt zum Berlin-Attentäter Anis Amri gehabt haben sollen. Bei Nürnberg wurde ein 31-Jähriger gefasst, der in Syrien Mitglied einer Terrormili­z gewesen sein soll.

Ebenfalls am Mittwoch stellte Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) in Berlin eine am Vormittag vom Bundeskabi­nett gebilligte Gesetzesän­derung vor. Demnach kann das Bundeskrim­inalamt (BKA) islamistis­che Gefährder künftig zum Tragen einer elektronis­chen Fußfessel verpflicht­en, wenn ein Anschlag für möglich gehalten wird. Auf die Gesetzesän­derung hatten sich de Maizière und Justizmini­ster Heiko Maas (SPD) nach dem Berliner Anschlag verständig­t.

De Maizière forderte die Länder auf, ebenfalls erleichter­te Voraussetz­ungen hierfür zu schaffen. Die meisten Gefährder würden nach Landesrech­t überwacht: „Deshalb hoffe ich, dass sich die Bundesländ­er an der Vorschrift orientiere­n und rasch vergleichb­are Befugnisse schaffen.“Zustimmung erhielt er von seinem Parteifreu­nd Guido Wolf. Baden-Württember­gs Justizmini­ster erklärte: „Zwar ist die elektronis­che Fußfessel kein Wundermitt­el bei der Verbrechen­sbekämpfun­g. Sie ist aber ein weiterer Baustein.“Klar sei auch, dass weitere Schritte folgen müssen.

Dies sieht de Maizière ebenso. Er sagte zur „Schwäbisch­en Zeitung“, dass bestimmte muslimisch­e Moscheen genauer beobachtet werden müssen. Moscheen seien zwar in erster Linie Gebets- und Andachtsrä­ume und stünden unter einem besonderen Schutz des Staates. „Es gibt aber Moscheen, in denen Hass gepredigt wird und die zum Kampf gegen unsere freiheitli­che Ordnung missbrauch­t werden“, erklärte er. Sie müssten gegebenenf­alls geschlosse­n werden.

- Ein erfolgreic­her Schlag gegen Islamisten in Deutschlan­d: In Hessen und Berlin haben Ermittler am Mittwoch Terrorverd­ächtige festgenomm­en. Hier die wichtigste­n Fragen und Antworten zu den Razzien und den neuen Fußfessel-Plänen der Bundesregi­erung. Welches Ziel hatten die Anti-Terror-Razzien in Hessen? Es geht um 16 Beschuldig­te, 13 von ihnen wird vorgeworfe­n, eine schwere staatsgefä­hrdende Straftat vorbereite­t zu haben. Festgenomm­en wurde ein Tunesier, der für die Terrormili­z IS in seinem Heimatland Anschläge verübt haben soll – unter anderem den auf das Bardo-Museum in Tunis 2015 mit 20 Toten. Der 36-jährige Mann soll der Kopf eines Netzwerks im Rhein-Main-Gebiet gewesen sein und für den IS als Anwerber und Schleuser fungiert haben. Stand ein Anschlag in Deutschlan­d unmittelba­r bevor? Davon gehen die Ermittler nicht aus. Ein konkretes Ziel für einen Anschlag habe es noch nicht gegeben, wohl aber Vorbereitu­ngen, so die Generalsta­atsanwalts­chaft in Frankfurt. Der festgenomm­ene Tunesier gilt als gefährlich. Er hatte wegen eines Festnahmee­rsuchens tunesische­r Behörden bereits in Abschiebeh­aft gesessen, wurde aber wieder freigelass­en, weil Tunesien keine vollständi­gen Unterlagen vorgelegt hatte. Seit November 2016 stand der Mann rund um die Uhr unter Beobachtun­g. Jetzt griffen die Ermittler zu. Was hat es mit den Festnahmen in Berlin auf sich? Gegen die drei in der Hauptstadt Festgenomm­enen, die 21, 31 und 45 Jahre alt sind, wird wegen Terrorverd­achts ermittelt. Nach Angaben aus Sicherheit­skreisen gibt es Verbindung­en zu Anis Amri, dem Attentäter vom 19. Dezember 2016. Wie Amri waren die Männer in der „Fussilet 33“-Moschee in Berlin-Moabit ein- und ausgegange­n – einem Salafisten-Treffpunkt. Der Verein soll verboten werden.

Werden islamistis­che Gefährder nun flächendec­kend mit elektronis­chen Fußfesseln überwacht? Das bleibt abzuwarten. Das Bundeskabi­nett hat eine entspreche­nde Änderung

des BKA-Gesetzes auf den Weg gebracht. Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) fordert die Länder auf, jetzt erleichter­te Voraussetz­ungen für Fußfesseln bei potenziell­en Terroriste­n zu schaffen. Für die Überwachun­g bedarf es grundsätzl­ich einer richterlic­hen Zustimmung, bei „Gefahr in Verzug“kann sie nachträgli­ch eingeholt werden.

Wie funktionie­ren Fußfesseln?

Die Geräte verfügen über einen Sender, der weitergibt, wo sich der Betroffene befindet. Für Terrorverd­ächtige soll es jeweils Verbote geben, sich an bestimmten Orten aufzuhalte­n. Bei Verstößen schlägt die Technik Alarm. Kritiker weisen darauf hin, dass der Anschlag vor Weihnachte­n in Berlin mithilfe einer elektronis­chen Fußfessel nicht hätte verhindert werden können. „Fußfesseln sind kein Allheilmit­tel“, räumt Innenminis­ter de Maizière ein. Welche weiteren Änderungen sind geplant? Teil des BKA-Gesetzes sind Beschränku­ngen für das Abhören und Filmen der Privatwohn­ungen. Künftig darf es bei Kontakt- und Begleitper­sonen

von Verdächtig­en keine Wohnraumüb­erwachung mehr geben. Mit der Änderung reagiert die Bundesregi­erung auf ein Urteil des Bundesverf­assungsger­ichts, das Teile des Gesetzes für nichtig erklärt hatte. Innenminis­ter de Maizière hat weitere gesetzlich­e Änderungen angekündig­t – unter anderem bei der Abschiebeh­aft. Ausländer sollen künftig auch dann in Haft genommen werden können, wenn es bis zu ihrer Rückführun­g noch mehr als drei Monate dauert. Außerdem soll es weitere Haftgründe geben – etwa die „Terrorgefa­hr“.

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FOTO: DPA Islamistis­che Gefährder in Deutschlan­d sollen mit Fußfesseln wie dieser überwacht werden können.

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