Generalstaatsanwalt befürchtet weitere Terrorprozesse
Achim Brauneisen zieht ein Jahr nach der Gründung der Zentralstelle für die Terrorbekämpfung Bilanz
(lsw) - Seit einem Jahr gibt es die Zentralstelle für die Terrorbekämpfung im Südwesten. Ein Ende der Flut an Terrorprozessen ist nach Einschätzung von Stuttgarts Generalstaatsanwalt Achim Brauneisen (Foto: dpa) nicht in Sicht. Er zog am Mittwoch Bilanz. Allein im Januar habe der Generalbundesanwalt drei größere Verfahren an die Behörde im Südwesten abgegeben. Es geht jeweils um islamistischen Terror. Häufig gehen Verfahren auf Warnungen von Flüchtlingen zurück.
Wie hat sich die Zahl der Terrorverfahren entwickelt?
„Wir bearbeiten heute Verfahren, bei denen der Generalbundesanwalt früher niemals daran gedacht hätte, sie abzugeben“, sagte Brauneisen. Während Karlsruhe in den Jahren 2007 bis 2010 kein solches Verfahren an die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart abgab, waren es bis 2014 jährlich maximal zwei. 2015 kam dann der massive Anstieg auf 24 Fälle, davon zwölf ältere Fälle. 2016 kamen 18 hinzu.
Um welche Terrorvereinigungen geht es?
Die 18 Verfahren, die 2016 hinzukamen, betreffen in elf Fällen Mitglieder oder Unterstützer der Terrormiliz „Islamischer Staat“(IS), ihr nahestehender oder anderer islamistischer Gruppen. Die sieben anderen Verfahren stammen aus dem nicht religiösen Bereich – etwa gegen mutmaßliche Unterstützer oder Kader der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans PKK.
Wie wurde die Organisation nach den Anschlägen in Paris geändert?
Die Zuständigkeit für Staatsschutz wurde bei den Staatsanwaltschaften in Stuttgart und Karlsruhe konzentriert. Die Federführung liegt bei der Zentralstelle in Stuttgart unter der Leitenden Oberstaatsanwältin Sandra Bischoff. Wo bis 2016 im Land noch 19 Staatsanwaltschaften zuständig waren, sind es heute zwei.
Welchen Weg gehen die Verfahren?
Zunächst laufen sie bei den beiden Staatsanwaltschaften in Stuttgart und Karlsruhe an. Diese werden dann dem Generalbundesanwalt (GBA) vorgelegt, wo geprüft wird, ob ein Verdacht wegen Mitgliedschaft oder Unterstützung einer Terrorvereinigung im Ausland vorliegt. Im vergangenen Jahr lagen 310 Fälle in Stuttgart und Karlsruhe vor, 128 wurden zum GBA gegeben, der in 17 Fällen einen Anfangsverdacht sah, sechs davon selbst weiterführte und elf wieder an Stuttgart abgab.
Wie kamen die Fälle auf?
Fast alle Fälle, die 2016 zur Prüfung an den GBA gegeben wurden, stammten Bischoff zufolge aus dem Umfeld von Flüchtlingsunterkünften. Entweder fielen die Verdächtigen Betreuern auf, etwa durch Äußerungen, die sie machten, oder durch Bilder und Videos, die sie herumzeigten. Oft warnten auch Flüchtlinge vor anderen Flüchtlingen.