Sportbranche wittert Wachstumspotenzial
Investitionsboom in den Alpen – Auch die Unsportlichen gelten als Zielgruppe
(dpa) - Größer, schneller, weiter – rund um die Alpen liefern sich Europas Skigebiete seit Jahren ein Wettrüsten. Wer bietet die meisten Pistenkilometer und hat die modernsten Bergbahnen? Wo stehen die luxuriösesten Resorts? Wer dachte, dass die Anbieter angesichts milderer Winter und zeitweiser Schneearmut in den vergangenen Jahren etwas auf die Bremse treten, lag falsch – im Gegenteil: Rund um die Alpen wird im großen Stil fusioniert und investiert, das treibt auch die Preise für den Winterurlaub in die Höhe. So können für einen einwöchigen Skiurlaub für eine Familie mit zwei Kindern inklusive Hotelübernachtungen und Skipässen in der Hochsaison schnell über 2000 Euro fällig werden.
Den Ausrüstern, die sich vom kommenden Sonntag an bis Mittwoch, 8. Februar, wieder auf der Ispo-Sportartikelmesse in München präsentieren, hat der Investitionsboom der Alpenorte kaum geholfen. Denn wer gut tausend Euro für neue Skier, Skischuhe, Stöcke, Bekleidung und sonstiges Zubehör ausgeben soll, mag sich wohl nicht alleine auf Kunstschnee verlassen – und überlegt sich dreimal, ob er die Ausrüstung nicht lieber nur leiht statt kauft. Allerdings kann auch das schnell ins Geld gehen, wenn man häufiger in den Skiurlaub fährt und gutes Material haben möchte.
In den vergangenen Wochen freute sich die Branche zwar über gute Schneeverhältnisse, aber auch in diesem Jahr kam das Winterweiß mit Verspätung. Die mauen Saisons der vergangenen Jahre hätten die Hersteller kräftig unter Druck gesetzt, sagt Nicole Espey vom Bundesverband der Deutschen Sportartikel-Industrie (BSI).
Grenzen zwischen Mode und Funktionskleidung lösen sich auf
Nun hat die Sportbranche auch die Unsportlichen als Zielgruppe entdeckt. Eine neue Studie für die Ispo in München sieht Wachstumspotenzial für Adidas & Co. vor allem im nicht aktiven Teil der Bevölkerung. 28 Prozent der Bevölkerung in Deutschland, Österreich und dem deutschsprachigen Teil der Schweiz treiben weder Sport noch besitzen sie Sportartikel. „Dieses Potenzial wird in naher Zukunft sicher noch erschlossen werden, denn die gesellschaftlichen Konventionen verändern sich“, heißt es in der Untersuchung. Weitere 19 Prozent sind laut Studie sportlich nicht aktiv, kaufen aber jetzt schon Sportartikel. Befragt wurden in Kooperation mit dem Konsumforschungsunternehmen Konzept & Markt über 3600 Menschen in den drei Ländern. „Die Grenzen zwischen Mode und Funktionskleidung lösen sich auf“, sagte Klaus Dittrich, Chef der Messe München.
Die traditionellen Sportgeschäfte haben Sorgen, denn ihre Kunden laufen noch schneller zur Onlinekonkurrenz über als im restlichen Einzelhandel. „Im Schnitt wird jeder dritte Euro mobil ausgegeben“, erklärt Kim Roether, der Vorstandschef der Sporthandelskette Intersport ist. 36 Prozent der Käufer von Sportartikeln seien schon online unterwegs, im gesamten Einzelhandel seien es 14 Prozent. Der Sporthandel wachse nicht. „Das heißt, es wird um Verdrängung gehen“, sagte Roether. Ein Hauptrezept für den stationären Einzelhandel ist, alle möglichen Vertriebswege zu nutzen. „Jeder, der sich heute nicht Omni-Channel (in allen Vertriebskanälen) aufstellt, wird morgen tot sein“, sagte Roland Auschel, Vertriebsvorstand bei Adidas. „Der Konsument unterliegt einer dramatischen Veränderung.“