„Warum tust du dir das eigentlich an?“
Hans Peter Fritz ist seit 1977 Buchheims Bürgermeister – Nach fünf Amtsperioden ist Schluss
BUCHHEIM - Seit 1977 und fünf Amtsperioden leitet Hans Peter Fritz als ehrenamtlicher Bürgermeister die Gemeinde Buchheim. In diesem Jahr steht sein Amt wieder zur Wahl – aber ohne ihn, sagt er. Redakteur David Zapp hat mit dem Buchheimer Dauerbrenner gesprochen.
Wie sind Sie 1977 zum Posten des Bürgermeisters gekommen? Ich war damals bei der katholischen Landjugendbewegung auf DiözesanEbene tätig. Dort war ein wichtiger Punkt – die Entwicklung der Dörfer. Wie geht es weiter im ländlichen Raum. Es hat sich im Grunde seit 40 Jahren nichts geändert. (lacht) Dann hatte ein Teil des Gemeinderats die Idee, ob man nicht Herbert Fußnegger fragt, ob er Buchheim als ehrenamtlicher Bürgermeister mitmacht. Er war damals hauptamtlicher Bürgermeister von Irndorf. Aber dann sind Gemeinderäte auch zu mir gekommen und haben gesagt, sie seien nicht glücklich über diesen Beschluss. Letztendlich habe ich mich von Leuten aus der Gemeinde breitschlagen lassen, für das Amt des Bürgermeisters zu kandidieren. Waren Sie selbst Gemeinderat zu der Zeit? Nein. Ich war erst 25 Jahre alt. Aber dann habe ich meine Bewerbung abgegeben. Eigentlich ohne Kenntnis, wie das Ganze funktioniert, das alles läuft. Und das war, wenn man das mit heute vergleicht, völlig anders. Damals waren wichtige Themen der Farrenstall, Feldwege und Holzverkauf – also völlig andere Fragestellungen wie heute. Wie sah Buchheim vor 40 Jahren aus, als sie Bürgermeister wurden? Das Dorf war im Wesentlichen durchkanalisiert mit den bescheidenen Mitteln, die man damals hatte. Die Ortsdurchfahrt war noch nicht hergerichtet. Rechts und links gab es keine Gehwege. Das war damals die Fragestellung: Wie entwickeln wir die Gemeinde weiter? Sie waren 25, als Sie zur Wahl antraten. Gab es einen Mitbewerber oder gar mehrere? Nur bei der ersten Wahl war Herbert Fußnegger als Gegenkandidat angetreten. Die Wahl ging dann 70:30 zu meinen Gunsten aus. Wie war das als Mittzwanziger, der von Tuten und Blasen wenig Ahnung hatte? Da war sicher auch in den ersten Gemeinderatssitzungen Lampenfieber dabei. Der Rat war anders als heute. Damals waren es alle gesetzte Männer – heute würde man alte Männer sagen. Da musste ich mich erst einmal akklimatisieren. Das war ein Generationswechsel. Ich hatte einen anderen Arbeitsstil als mein Vorgänger. Er kam aus der Kriegsgeneration, und da war das Denken ganz anders. Er hat mir nie Schwierigkeiten geman
macht, das muss ich einmal sagen. Er hat sich nie in die Gemeindepolitik eingemischt, das habe ich ihm immer hoch angerechnet. Nur wenn ich bei ihm am Haus vorbeikam, hat er immer gesagt: „Kannst du bei so viel Schulden noch schlafen?“(schmunzelt) Eine andere Generation eben...
Für ihn war das klar: Man kann etwas machen, wenn man das Geld dafür hat. Ja, im Laufe der Zeit ist die Arbeit als Bürgermeister anders geworden. Die Problemstellungen haben sich verändert. Jeder kennt die Entwicklungen und die Anforderungen. In vielen Straßen gab es hier vor 40 Jahren zwei oder drei Straßenleuchten, heute sind es 20. Eine wichtige Änderung war, dass ich dem Gemeinderat deutlich gemacht habe, dass wenn wir Baugelände erschließen, kauft die Gemeinde die Grundstücke. Von Anfang an war mir wichtig, dass wir nicht nur erschließen, sondern die Grundstücke auch behalten. Wir hatten von Anfang an keine Baulücken. So ist es immerhin 40 Jahre lang gegangen... Ja, so ist die Zeit dann vor sich hingeplätschert. Klar, habe ich mich ab und wann gefragt: „Warum tust du dir das eigentlich an?“So vier Stunden täglich sollte man sich als ehrenamtlicher Bürgermeister in einer kleinen Gemeinde schon die Zeit für die Geschäfte nehmen. Dazu kommen die Ratssitzungen, Generalversammlungen, Jubiläen. Das ist schon eine Belastung, wenn man sich als Bürgermeister um sämtliche Sachen kümmern muss. War das damals etwas Ungewöhnliches, so jung Bürgermeister zu werden? Hatten Sie Probleme, mit 25 ernst genommen zu werden? Ich denke schon. In der Regel war 40 bis 45, wenn man so ein Amt angestrebt hat. Probleme gab es wegen meines jungen Alters von Anfang an nicht. Ich muss auch sagen, es war ein gutes Miteinander im Gemeinderat. Die Verantwortung für die Gemeinde stand stärker im Mittelpunkt als heute. Heute lässt sich ein Gemeinderat auch einmal wählen, weil er meint, für diesen Punkt müsse man nun einmal zuständig sein. Und geht dann nach einer Periode wieder. Mussten Sie noch Schulungen absolvieren für das Amt des Bürgermeisters? Ja, natürlich. Zuerst stand die Ausbildung zum Standesbeamten an, dass ich da ein bisschen Ahnung hatte, Trauungen zu machen. Das war – wenn man mit 25 Jahren Trauungen macht – am Anfang schon aufregend. Manchmal waren die Getrauten sogar jünger als ich oder aus meinem eigenen Jahrgang. (lacht) Man muss sich da schon in die Rolle reindenken. Bei der einen Legislaturperiode ist es nicht geblieben. Wie hat sich Buchheim verändert? Das ist jetzt die fünfte. Wie hat sich Buchheim verändert? Es sind seitdem 140 Einwohner dazu gekommen. Die Grundschule war aufgelöst. Die konnten wir wieder zurück bekommen. Wir haben zwischenzeitlich alle Kanäle ausgewechselt, sind beim Frisch- und Abwasser auf dem neusten Stand. Die Straßen sind in Ordnung, wir verfügen über Bauland für Gewerbe. Da tun wir uns schwer, weil wir abseits liegen. Aber ich bin überzeugt, dass wir da mittelfristig einen Fuß auf den Boden kriegen. Wir erschließen in diesem Jahr noch zehn neue Bauplätze, haben ein Bürgerhaus für unsere Größe. Und ich sehe eine positive Entwicklung im ländlichen Raum, da die jungen Leute von hier auf der ganzen Welt tätig sind. Da hinken wir dem städtischen Raum nicht hinterher. Die sind zwar erst einmal weg, aber wir haben auch viele junge Familien, die kommen und unsere Gemeinde lebenswert finden. Da sind wir für die Zukunft gut aufgestellt. Sie haben gesagt, dass Sie nicht noch einmal zur Wahl antreten. Ist schon ein Nachfolger in Sicht? Wir werden in einer der nächsten Gemeinderatssitzungen den Fahrplan für die Bürgermeisterwahl aufstellen und dann einen Ausschuss gründen, der sich auf die Suche macht. Ich werde immer wieder gefragt, ob ich es noch einmal machen könnte. Natürlich könnte ich. Aber man muss auch sehen: Es gibt Sympathien und Antipathien. Es gibt Bürger, die mit mir nicht können oder ich vielleicht nicht mit denen. Aus welchen Gründen auch immer. Da muss man auch sehen, die warten seit 40 Jahren darauf, dass nun einmal ein Anderer kommt. (schmunzelt) Haben Sie Befürchtungen, dass niemand gefunden werden kann? Das hoffe ich nicht. Ich hoffe, wir finden jemanden aus Buchheim. Ein Notnagel wäre einer der umliegenden hauptamtlichen Bürgermeister, der das Amt in Buchheim mit übernimmt. Meine klare Präferenz ist, einen Buchheimer zu finden. Sie haben 40 Jahre alles analog erledigt. Sie benutzen für Ihre Amtsgeschäfte selbst keinen Computer. E-Mails druckt Ihnen Ihre Sekretärin aus... Das macht alles meine Sekretärin. Es war möglich, die Gemeinde so zu leiten. Aber es war auch hinderlich, das muss ich zugeben. Und vielleicht habe ich dann künftig die Zeit, mich im privaten Bereich da einzuarbeiten.