Football ist angekommen
Wieso der US-Sport auch in Deutschland interessiert
(dpa/sz) - Touchdown, Fumble, Line of Scrimmage – diese Begriffe sind dem Sportzuschauer auch hierzulande längst nicht mehr fremd. Viele Deutsche haben ihre Leidenschaft für American Football entdeckt – zumindest an Sonntagabenden auf dem Sofa. Die Zuschauerzahlen für NFL-Übertragungen im FreeTV steigen stetig, auch in den sozialen Medien muss sich Football keineswegs mehr verstecken. Bei Twitter beispielsweise macht der Hashtag #rannfl regelmäßig dem „Tatort“Konkurrenz.
In der Nacht auf Montag werden trotz der in Deutschland unchristlichen Anfangszeit um 0:30 Uhr (Sat 1, Sport1 US) auch bei uns um die zwei Millionen Menschen vor den TVBildschirmen sitzen, um sich den Super Bowl zwischen den Atlanta Falcons und den New England Patriots anzusehen. Die Mitgliederzahlen des American Football Verband Deutschland (AFVD) haben sich seit 2007 zudem fast verdoppelt, auch in der höchsten deutschen Spielklasse, der German Football League (GFL), wird guter Sport geboten.
„Offensichtlich hat die Jugend gemerkt, was für eine spannende Sportart das ist“, erklärt Christian Piwarz, der Pressesprecher des AFVD, das steigende Interesse. Aber von einem ganz neuen Phänomen will er nichts wissen. „Wir hatten schon Ende der 1990er-Jahre einen German Bowl mit über 30 000 Zuschauern in Hamburg“, sagt er. Dieser Zuschauerrekord von 1999 steht bis heute.
Obwohl Kinder und Jugendliche den Football entdecken, bleibt das Interesse an der GFL verhältnismäßig bescheiden. Der Großteil der Zuschauer guckt sich doch lieber das US-Original im Fernsehen an. Das liegt vor allem am Klassenunterschied zwischen den beiden Ligen. Allein vom Sport kann in Deutschland wohl kaum ein Footballspieler leben, darunter leidet die Qualität.
Besonders für junge talentierte Spieler ist der Reiz, auf einem amerikanischen College zu spielen, daher natürlich groß. Immerhin hat man von dort eine deutlich bessere Chance, es in die NFL zu schaffen. Sebastian Vollmer, der mit den Patriots nun seinen zweiten SuperBowl-Titel nach 2015 anstrebt, Markus Kuhn, heute Kommentator, und Björn Werner, der zwischen 2013 und 2015 in der NFL spielte, haben es vorgemacht. Der gebürtige Stuttgarter Moritz Böhringer ist der erste Spieler, der es aus einer europäischen Liga direkt in ein NFL-Team geschafft hat. 2016 wurde er im NFL-Draft in der sechsten Runde von den Minnesota Vikings ausgewählt, in den Spielkader schaffte er es diese Saison aber noch nicht. In der Sommervorbereitung wird der 23-jährige Wide Receiver seine nächste Chance erhalten. „Das ist wirklich eine unglaubliche Geschichte. Offensichtlich schauen die Scouts der NFL auch auf Deutschland“, sagt Piwarz und macht jungen Talenten Mut. Bis die GFL für talentierte Spieler eine echte Alternative zu einem US-College darstellt, ist es aber noch ein langer Weg. Dennoch ist der AFVD gut aufgestellt. Über 200 Mannschaften sind in sechs Ligen organisiert.