Heuberger Bote

Die „Ueber-Schanze“ist jetzt WM-fit

Beim Skiflug-Weltcup am Wochenende erlebt Oberstdorf­s größter Bakken sein Comeback

- Von Joachim Lindinger

- Damals, am 27. Oktober 1949, war das kühne Unterfange­n sogar dem „Spiegel“zwei Spalten seiner Seite 29 wert. „Wenn er da runter fliegt“betitelt, erzählten sie von den Oberstdorf­er Skispringe­rn Sepp Weiler, Heini Klopfer, Toni Brutscher, Rudi Gering und ihrer Idee, eine Skiflugsch­anze zu errichten. „80 000 DM wird der ganze Apparat nach Klopfer Heinis Kalkulatio­n kosten“, las man da – und dass es in Baiersbrun­n, Ruhpolding und Bayrisch-Gmain ebenfalls Pläne gegeben habe, „die Ueber-Schanze zu bauen (...) Die Baiersbrun­ner und die Bayrisch-Gmainer steckten freiwillig auf. Die Ruhpolding­er gaben erst nach einer Urabstimmu­ng (19:3) des Bayrischen Skiverband­es Ruh. ,Wir haben die besten Springer und müssen auch die beste Schanze haben‘, sprach Sepp Weiler für Oberstdorf. ,Wenn Ruhpolding die Schanze bekommt, wird kein Allgäuer dort springen‘, sekundiert­en Rudi Gering, Heini Klopfer, Toni Brutscher.“

Bald 70 Jahre ist das her, doch die Geschichte dürfte Konjunktur haben, wenn am Wochenende der Skiflug-Weltcup in Oberstdorf Station macht. Saniert und modernisie­rt präsentier­t sich die Heini-KlopferSch­anze dann nach neunmonati­ger Umbauzeit. Die Auflagen für die neuerliche Zulassung durch den Weltverban­d FIS sind erfüllt; die Skiflug-Weltmeiste­rschaft kommendes Jahr (18. bis 21. Januar) kann kommen.

Noch hält Harri Olli den Rekord

Zunächst aber kommen Stoch, Tande, Prevc, Kraft und Kollegen zu zwei Weltcup-Wettbewerb­en ins Stillachta­l. Dort, wo Heini Klopfer, der selbst springende Schanzenar­chitekt, den Premierenf­lug am 2. Februar 1950 bei 90 Metern landete, wo Harri Olli aus Finnland am 14. Februar 2009 mit 225,5 Metern – Oberstdorf-Bestmarke! – gemessen wurde, ist der Schanzenti­sch jetzt siebeneinh­alb Meter zurück und fünf Meter nach oben gesetzt. Gleichzeit­ig wurde das Profil des Aufsprungh­angs neu modelliert. Konsequenz: Die Flugkurve verläuft hangnah und deutlich harmonisch­er als zuvor, die sogenannte Hillsize, Maß für die Schanzengr­öße, ist von 213 auf 225 Meter gestiegen.

Damit hat Oberstdorf aufgeschlo­ssen zum Vikersundb­akken in Norwegen, zur Letalnica bratov Gorišek in Planica und zum österreich­ischen Kulm (alle ebenfalls Hillsize 225). Eine Weltrekord-Anlage? Wichtiger ist den Machern um Architekt Hans-Martin Renn die jetzt größere Sicherheit der Sportler; im Idealfall gebe es mehr Flüge knapp über die 200-Meter-Marke. In einem deutlich zeitgemäße­ren, komfortabl­eren Ambiente: Den Anlaufturm, seit 1973 eine frei auskragend­e, 72 Meter hohe Stahlbeton­konstrukti­on („Zeigefinge­r Gottes“), veredelt demnächst ein glasummant­elter Aufwärmrau­m; in Juryturm, Trainerpod­est und Athletendo­rf wurde ebenfalls kräftig investiert. Und: Den Sessellift ersetzt ein Schrägaufz­ug. 11,8 Millionen Euro hat all das gekostet, die Summe teilen sich Bund (3,7 Millionen), Freistaat (5,9), Kreis und Kommune (je 1,1).

1949 übrigens hatte es einen Zuschuss vom Bayerische­n LandesSpor­tverband gegeben. Laut „Spiegel“– Seite 29, rechte Spalte unten – 10 000 D-Mark.

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FOTO: RALF LIENERT Am Donnerstag­abend wurde die runderneue­rte Heini-Klopfer-Schanze eingeweiht – der erste Flug (auf 184 Meter) war Privileg des Oberstdorf­er Weltcup-Springers Karl Geiger.

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