Ausgaben für Flüchtlinge sinken
Im Landeshaushalt 2017 sind 1,35 Milliarden Euro Asylkosten enthalten – Ein Überblick
- Seit Mittwoch berät der Landtag darüber, was die einzelnen Ministerien im laufenden Jahr ausgeben wollen. Knapp 48 Milliarden Euro sind es insgesamt. Rund 2,8 Prozent davon fließen in die Aufnahme von Flüchtlingen. Fragen und Antworten dazu im Überblick.
Wie viel Geld will das Land im laufenden Jahr für Betreuung und Integration von Flüchtlingen ausgeben?
Im ersten Haushaltsentwurf waren dafür rund 1,5 Milliarden Euro vorgesehen. Weil die Flüchtlingszahlen mittlerweile aber weiter gesunken sind, plant das Land nun 150 Millionen Euro weniger ein. Insgesamt liegen die Kosten also bei 1,35 Milliarden Euro und damit 1,15 Milliarden unter den Ausgaben 2016. Der Bund erstattet davon 2017 voraussichtlich zwischen 700 und 800 Millionen Euro. Auf dem Höhepunkt der Krise 2015 kamen knapp 40 000 Menschen in einem Monat ins Land. 2016 waren es 33 000 Menschen, im Januar 2017 rund 1500. Wer vor Krieg oder Verfolgung flieht, hat gemäß international geltenden Konventionen einen Anspruch auf Asyl und angemessene Unterbringung. Auch wer keinen Anspruch auf Asyl hat, hat ein Anrecht auf menschenwürdige Versorgung.
Wofür sind die größten Beträge gedacht?
Das Kultusministerium gibt rund 71,5 Millionen Euro aus. 59,1 Millionen Euro davon fließen in Lehrerstellen, 6,6 Millionen Euro in Sprachförderung im vorschulischen Bereich, 5,8 Millionen Euro in die Unterstützung der Flüchtlingsarbeit an Privatschulen. Das Innenministerium finanziert mit rund 250 Millionen Euro die Landeserstaufnahmestellen. Etwa 580 Millionen Euro fließen an die Kreise und Gemeinden für die Unterbringung, Verpflegung und sonstige Versorgung der Flüchtlinge nach der Erstaufnahme. Darüber hinaus bekommen die Kommunen aus dem Sozialministerium weitere Gelder für Integration, also Sprachkurse oder Stellen für Fachpersonal. Diese Summe beläuft sich auf über 80 Millionen Euro.
Was bekommt ein Flüchtling pro Monat?
In der Erstaufnahme gibt es nach Auskunft des Innenministeriums vorrangig Sachleistungen. Nur ein Taschengeld von 135 Euro monatlich wird bar ausgezahlt. Wer später in einer vom Staat bezahlten Wohnung untergebracht wird, bekommt monatlich 354 Euro. Nach 15 Monaten bekommen Asylbewerber Sozialhilfe, das sind etwa 400 Euro im Monat. Anerkannte Asylbewerber erhalten Hartz-IV-Leistungen. Flüchtlinge müssen auch ihr Privatvermögen einbringen, wenn sie etwa Schmuck oder Bargeld mitbringen.
Was kostet die Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge?
Voraussichtlich 324 Millionen Euro. Erreicht ein offensichtlich oder nach eigenen Angaben Minderjähriger Baden-Württemberg, kommt er in Obhut der Jugendämter. Im Januar waren dies landesweit 8103 Personen. Viele sind traumatisiert und benötigen spezialisierte Betreuung, die auch Kinder aus Familien in Deutschland in ähnlichen Situationen erhalten. Der Tagessatz dafür variiert zwischen 110 und 220 Euro. Auf eine dem Kindeswohl angemessene Unterbringung und Betreuung haben Minderjährige laut UN-Kinderrechtskonvention einen Anspruch.
Wie wird das Alter dieser Flüchtlinge festgestellt?
Wer einen Pass oder andere offizielle Dokumente besitzt, kann so nachweisen, dass er noch keine 18 Jahre alt ist. In allen anderen Fällen und bei Zweifeln an den Dokumenten empfiehlt das zuständige Landesministerium den Jugendämtern, anhand von Aussehen, den Aussagen und anderen Anhaltspunkten zu prüfen, ob die Angaben des Betroffenen plausibel sind. Gibt es weiter Zweifel, kann es eine ärztliche Untersuchung geben. Dabei muss aber der Jugendliche einwilligen. Genitaluntersuchungen sind nicht erlaubt. Außerdem empfiehlt das Land den Kommunen, keine Röntgenuntersuchungen durchzuführen. Diese Methode ist auch unter Medizinern umstritten. Der Präsident der Landesärztekammer Ulrich Clever hält sie für zu unzuverlässig, um die Strahlenbelastung durch das Röntgen und den Eingriff in die Rechte des Betroffenen zu rechtfertigen. Andere Mediziner bezeichnen die Methode dagegen als durchaus verlässlich.
Profitieren die Wirtschaft und öffentliche Kassen?
Dazu gibt es zahlreiche Analysen und Studien. Berücksichtigt werden müssen zahlreiche Faktoren, vieles beruht auf Prognosen. Ob unter dem Strich ein Plus oder Minus in Euro steht, ist daher schwer vorherzusagen. Mit Blick auf das Wirtschaftswachstum kam zuletzt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung zu einem positiven Fazit. „Die staatlichen Ausgaben für Geflüchtete haben im Jahr 2016 das Wirtschaftswachstum um etwa 0,3 Prozent erhöht“, sagte Ende Januar der Präsident des Instituts, Marcel Fratzscher. „Die staatlichen Leistungen für Geflüchtete wirken wie ein kleines Konjunkturprogramm, denn ultimativ kommen sie vor allem deutschen Unternehmen und Arbeitnehmern durch eine höhere Nachfrage zugute.“Der positive Effekt der Geflüchteten auf die Wirtschaftsleistung könne langfristig sogar bei 0,7 Prozent Wachstum pro Jahr liegen. Andererseits warnen Forscher davor, Flüchtlinge als Lösung für die Probleme der alternden Gesellschaft zu sehen. Ihre Beiträge zu Renten- oder Krankenkassen könnten die Defizite durch ein Älterwerden der Gesellschaft nicht beheben. Ein Ergebnis, zu dem viele Experten kommen: Wenn der Staat ausreichend in Integration, Sprachförderung und Qualifizierung investiert, steigen die Chancen, dass Flüchtlinge einen Job bekommen und damit auch in die Sozialkassen einzahlen. Das ist für Deutschland auch deswegen wichtig, weil derzeit viele Menschen kommen, die aus Ländern mit durchschnittlich relativ niedrigem Bildungsniveau stammen. Das Wirtschaftsministerium des Landes gibt darum rund vier Millionen Euro für entsprechende Programme aus. So kamen bislang über 620 Vermittlungen in Ausbildung oder Praktika zustande. Rund 150 Geflüchtete haben dadurch bereits im Herbst 2016 eine Ausbildung begonnen. Insgesamt gelang das rund 700 nach Baden-Württemberg geflohenen Menschen.