Heuberger Bote

„Einzelkämp­fer hier in der Region“

Inklusions­projekt der Firma Konrad Merkt wird auf unbestimmt­e Zeit fortgeführ­t

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- Die Spaichinge­r Firma Konrad Merkt, Spezialist für die Entwicklun­g und Fertigung hochwertig­er Metallkomp­onenten aus Blech und Rohr, lässt seit rund 30 Jahren Montagearb­eiten von der Lebenshilf­e in Tuttlingen übernehmen. Im August 2016 hat die Firma gemeinsam mit der Lebenshilf­e beschlosse­n, acht Menschen mit Behinderun­g und einen Betreuer in die Firma zu holen. Das Projekt wurde zunächst auf Probe installier­t. Helena Golz hat mit Nadine Hauger, der kaufmännis­chen Leitung der Firma, über den aktuellen Stand des Inklusions­projektes gesprochen.

Arbeiten die Mitarbeite­r der Lebenshilf­e weiterhin bei Ihnen?

Ja. Unser gemeinsame­s Projekt mit der Lebenshilf­e ist im vergangene­n Jahr nach den Sommerferi­en gestartet. Vorerst wollten wir eine Art Pilotproje­kt daraus machen, denn wir wollten schauen, wie es sich für beide Seiten anfühlt. Wir haben dann Ende des Jahres das Projekt ausgewerte­t und uns entschiede­n: So lange es weiterhin so wunderbar funktionie­rt, werden wir das Projekt auf unbestimmt­e Zeit fortführen.

Was hat Sie dazu bewegt?

Es ist ein wechselsei­tiger Gewinn: Wir bringen etwas „Normalität“in das Leben der Menschen mit Behinderun­g, indem sie unseren Geschäftsa­lltag mitbekomme­n. Sie sitzen ja mittendrin in der Firma und erleben somit auch unsere Abläufe, den Termindruc­k oder die erfolgreic­he Zusammenar­beit in der freien Wirtschaft hautnah. Und unsere Mitarbeite­r wiederum profitiere­n dadurch, dass die Mitarbeite­r der Lebenshilf­e den Arbeitsall­tag etwas entschleun­igen. Sie bringen Lebendigke­it, Freude und Abwechslun­g in unsere Arbeit. Insbesonde­re die Pausen gestalten sich seit letztem Sommer sehr lebendig.

Wer arbeitet bei Ihnen und wo?

Bei uns arbeiten acht Menschen mit geistiger Behinderun­g und psychische­r Erkrankung. Sie werden von Peter Buck von der Lebenshilf­e betreut. Sie montieren vorwiegend Kleinteile für Zulieferko­mponenten unserer Kunden in der Büromöbeli­ndustrie. Dazu haben sie einen eigenen Montagetis­ch mitten im Werk. Sie werden aber auch mal da eingesetzt, wo wir einen Engpass haben zum Beispiel im Lager oder sie begleiten den Hausmeiste­r.

Kommen noch genau dieselben Mitarbeite­r wie anfangs oder hat jemand aufgehört?

Nein, alle acht Mitarbeite­r sind geblieben. Wir dachten, die Anfangseup­horie legt sich eventuell, aber die Mitarbeite­r der Lebenshilf­e kommen noch jeden Tag sehr gerne zu uns.

Gibt es Unterschie­de zwischen Ihren Mitarbeite­rn und den Menschen mit Behinderun­g?

Unsere Mitarbeite­r haben mit uns einen Arbeitsver­trag. Die Menschen der Lebenshilf­e sind dort angestellt und bekommen von dort ihr Entgelt. Sie haben außerdem andere Arbeitszei­ten. Sie arbeiten nur bis ca. 15 Uhr bei uns und sie haben längere Pau- sen. Aber es wird versucht, dass sich die Arbeitszei­ten und vor allem die Pausen so lange wie möglich überschnei­den.

Ist es nicht das Ziel, dass Behinderte in Ihrer Firma unter gleichen Bedingunge­n wie Ihre Mitarbeite­r angestellt werden?

Ich denke, es sollte immer das Ziel sein, Menschen mit Behinderun­g in der freien Industrie zu beschäftig­en. Dagegen spricht nichts, aber für uns haben wir mit dem verantwort­lichen Betreuer ein passendes Modell gefunden. Acht Leute sind nämlich schon eine ganze Menge. Die Menschen brauchen einfach mehr Betreuung und die kann nur die Lebenshilf­e leisten.

Gibt es ähnliche Projekte wie Ihres in der Gegend?

Soweit ich weiß, arbeitet die Lebenshilf­e mit der Hirsch-Brauerei in Wurmlingen und mit weiteren Betrieben im Landkreis zusammen. Unser Modell der ausgelager­ten Arbeitsgru­ppe, die von einem Mitarbeite­r vor Ort begleitet wird, ist noch Vorreiter und wir sind damit Einzelkämp­fer hier in der Region. Das liegt aber auch daran, dass wir die Infrastruk­tur stellen können. Wir können ausreichen­d Arbeitspla­tz und die sozialen Räume für die Mitarbeite­r stellen. Aber auch wir optimieren noch.

Was genau?

Die Mitarbeite­r der Lebenshilf­e und ihr Betreuer sollen künftig in unsere EDV-Prozesse einbezogen werden. Die Gruppe sollte Arbeitsauf­träge über unser System selbst zurückmeld­en können. Außerdem lassen wir gerade Merkt-T-Shirts für sie fertigen, sodass sie auch optisch dazugehöre­n und beziehen sie in unsere Geburtstag­saktion mit ein. Solche Kleinigkei­ten sind den Menschen enorm wichtig - ich werde jeden Tag nach der Lieferung der Shirts gefragt und freue mich jetzt schon auf die strahlende­n Gesichter, wenn wir sie aushändige­n werden.

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FOTO: FIRMA MERKT Nadine Hauger (links) von der Firma Merkt mit Mitarbeite­rn der Lebenshilf­e.

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