„Der Mann mit Hut“wird 80
Karl-Otto Rentmeisters Lebensthemen: Bildung, Erziehung und seine Kirche
- Karl-Otto Rentmeister scheint viele Beinamen zu haben: „der Mann mit Hut“ist einer davon, aber auch „der Zigeunerbaron“. Heute, Freitag, wird der frühere Schuldekan der katholischen Dekanate Spaichingen, Tuttlingen und Balingen 80 Jahre alt.
Der Spitzname „der Zigeunerbaron“weist aber keineswegs auf die gleichnamige Operette hin, er stammt mit seiner ganzen Ambivalenz aus einer prägenden Zeit in Rentmeisters Leben. Dieses Leben bewegte sich zwischen dem ständigen Streben nach Bildung, dem Mühen und Erkennen im und für den Glauben und dem Wirken, das er in der Gesellschaft gegenüber anderen leisten konnte.
Sechs Brüder hatte Rentmeister, seine Stiefschwester aus der ersten Ehe des Vaters starb mit 17. Ein einschneidendes Erlebnis. Rentmeister beschreibt die Etappen seines Lebens immer mit Menschen, denen er begegnet ist, Schlüsselerlebnissen oder auch geistlichen Lehrern der Geschichte.
In Wertheim geboren, Sohn eines Gelsenkirchener Vaters und einer aus der Rhön stammenden Mutter, ist ihm die Bildungskarriere nicht unbedingt in die Wiege gelegt gewesen. Der Vater, Sozialdemokrat, hatte sich nicht mit den Nazionalsozialisten arrangiert. Er selbst war religiös geprägt vom Ministrantendienst, dem Hineinwachsen in die katholische Kirche. Sie ist für ihn bis heute gegenüber allen andern eine besondere Heimat, für die er kämpft, mit der er auch ringt, die er aber auch vehement gegen alle Kritik in Schutz nimmt.
Er wollte immer Priester werden, sagt er. Ging in eine Klosterschule und eines Tages kam ein Benediktinermönch von Münsterschwarzach zum Dankbesuch für eine Spende und schlug dem 13-Jährigen vor, zum „Ulaub“ins Kloster zu kommen. Nach einem Jahr Nachhilfe befanden die Mönche aber, er sei besser zum Handwerklichen geeingnet und er solle Bruder und nicht Priester werden.
Also lernte Rentmeister das Bäckerhandwerk im Kloster. Seine Brüder kamen übrigens alle nach und nach auch ins Kloster, wo sie eine Bildung bekamen, die ihnen sonst verwehrt geblieben wäre, da ist sich Rentmeister sicher. Fünf Lehrer, ein Mönch und ein Zeitungsmann sind daraus geworden.
Rentmeister machte die Ausbildung, den Gesellenbrief, hielt am Priesterberufswunsch fest, wollte unbediungt studieren. Wieder ein Rückschlag, dann mit 23 Jahren. Er hatte dann schon das dreijährige Noviziat absolviert. Man hielt ihn nicht für geeignet zum Studium wegen einer in heutigen Augen höchst fragwürdigen Prüfung – Wörter auswendig lernen. Dann eine weitere Tür und wieder eine – immer mit unterstützt durch einen Abt, einen Rektor, eine Schlüsselperson. Nach vier Jahren legte er das Abitur ab und studierte in Freiburg, Innsbruck und Graz Theologie, Religionspädagogik und Philosphie.
Die Verletzungen, die Lehrer schlagen können, wenn sie sagen: „Du kannst das nicht“, „du taugst nichts“, das hat Rentmeister selbst erfahren. „Ich hatte alles durchlitten, die ganzen Kleinlichkeiten und deshalb später nie gesagt: Der kann das nicht, sondern: jeder hat seine Stärken und muss seinen Weg finden.“
Sein Lebensweg hatte sich in Graz endgültig gewendet: Er heiratete seine Frau, die er an der Uni kennen gelern hatte und bekam mit ihr die drei Söhne Michael, Thomas und Andreas, 1970, 75 und 79 geboren sowie Tochter Uli, 1973 geboren.
Vor Spaichingen war Rentmeister Schuldekan in Stuttgart. In allen Stationen auch Dozent, selber Lehrer, wenn es in einer Klasse schwierig wurde, Mitarbeiter in nationalen und internationalen Gremien für Lehrpläne. 1886 entschloss sich die Familie, des besseren Umfelds für die Kinder wegen, zum Umzug nach Spaichingen.
Seit 17 Jahren ist Rentmeister im Ruhestand und hat zahlreiche Bücher geschrieben, zur religiösen Stärkung einerseits, aus seinem pädagogischen Leben andererseits. Er hatte immer die schwierigsten Klassen und durch Respekt, Vorbild und ganz ungewöhnliche, auch witzige Kniffs, die Kinder erreicht. Zitate von Heiligen, Kirchenlehren, Leitlinien, das ist ihm wichtig und dabei kann er sich durchaus im Spektrum zwischen „Religion ist keine Angelegenheit von Gefühlen, sondern von objektiver Realität“und „Jeder hat seinene Frömmigkeit“bewegen.
Woher aber der „Zigeunerbaron“? Als Student in Freiburg hat er ein Lager von Sinti und Roma betreut. Die Kinder in Religion unterrichten, sie zur Kommunion und Firmung begleiten, Erwachsenenbildung betreiben und mehr waren seine Aufgaben. Eine prägende Zeit für Rentmeister. Bilder zeigen einen lachenden jungen Mann und lachende Kinder und Jugendliche. Sie sehen fast wie eine Familie aus.