Heuberger Bote

Streit um die Schuldfrag­e

Sondersitz­ung zu Behördenpa­nnen im Fall Amri

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(AFP) - Bei einer Sondersitz­ung des Innenaussc­husses zu möglichen Behördenpa­nnen im Fall des Berlin-Attentäter­s Anis Amri hat die Union die SPD-geführte Landesregi­erung in Nordrhein-Westfalen ins Visier genommen. Die nordrheinw­estfälisch­en Behörden hätten die Abschiebun­g Amris nicht mit der nötigen „Dringlichk­eit und Vehemenz“vorangetri­eben, sagte der innenpolit­ische Sprecher der Unionsfrak­tion, Stephan Mayer (CSU). Viele Fragen der Abgeordnet­en blieben nach der fünfstündi­gen Sitzung offen.

Der Ausschuss hatte NRW-Innenminis­ter Ralf Jäger (SPD) angehört. Mayer zeigte sich „überrascht“, dass Jäger die Verantwort­ung den Behörden von Amris Heimatland Tunesien zuschiebe, die erforderli­che Ausweispap­iere nicht geliefert hätten. Das sei „zu einfach“. Die Landesbehö­rden in Nordrhein-Westfalen hätten versuchen müssen, vor Gericht Abschiebeh­aft zu beantragen.

Auch der CDU-Innenpolit­iker Armin Schuster sagte, NordrheinW­estfalen sei „in erster Linie“verantwort­lich, dass Amri nicht inhaftiert wurde. Da der Tunesier wegen einer Reihe kleinkrimi­neller Vergehen aktenkundi­g war, hätte es dafür „gleich mehrere Chancen“gegeben.

Jäger wies die Vorwürfe nach der Sitzung zurück. „Um es mal ganz deutlich zu sagen: Die Bundesregi­erung hat Rücknahmea­bkommen mit Ländern wie Tunesien und Marokko und Algerien vereinbart, die in den Ländern und Kommunen nicht praktikabe­l umsetzbar sind“, sagte er. Die Einschätzu­ng, dass von Amri keine unmittelba­re Anschlagsg­efahr ausgehe, sei unter Beteiligun­g von Bundesund Landesbehö­rden im Gemeinsame­n Terrorismu­sabwehrzen­trum (GTAZ) getroffen worden.

„Überall Fehler gemacht“

„Fehler sind überall gemacht worden“, sagte der innenpolit­ische Sprecher der SPD-Bundestags­fraktion, Burkhard Lischka. „Es hat keinen Zweck, wenn man in Zukunft solche Fälle verhindern will, dass einer auf den anderen zeigt, was Zuständigk­eiten angeht.“Angesichts der Schuldzuwe­isungen beklagte der LinkenAbge­ordnete Frank Tempel, dass insbesonde­re zwischen Union und SPD der „Wahlkampf der kommenden Monate“zu spüren gewesen sei.

Amri konnte am 19. Dezember den Anschlag auf den Weihnachts­markt am Berliner Breitschei­dplatz mit zwölf Toten begehen, obwohl er als islamistis­cher Gefährder auf dem Radar der Sicherheit­sbehörden war. Seine Überwachun­g war vor dem Anschlag mit einem gekaperten Lkw eingestell­t worden. Der Tunesier hatte sich mehrere Identitäte­n zugelegt und war häufig zwischen Berlin und Nordrhein-Westfalen gependelt.

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FOTO: DPA Der nordrhein-westfälisc­he Innenminis­ter Ralf Jäger (SPD).

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