Jugend für Europa begeistern
Wencke Weiser sieht die Lage der EU ernst und motiviert, sich dennoch dafür einzusetzen
- Politische Themen werden komplexer, die Antworten nicht einfacher. Verschiedene Krisen haben Europa aus dem Gleichgewicht gebracht. Umso mehr müsse die Politik das Vertrauen der Bürger zurückgewinnen und Jugendliche für die EU begeistern, sagt Wencke Weiser aus Rietheim-Weilheim. Sie ist die Vorsitzende des Kreisverbands der überparteilichen Europa Union. Redakteurin Alexandra Schneid hat mit ihr gesprochen.
Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen) hat beim IHKNeujahrsempfang vor ein paar Tagen, befragt nach Donald Trump gesagt, Europa müsse jetzt gemeinsam stark sein. Dem schloss sich Frank-Walter Steinmeier bei seiner ersten Rede als Bundespräsident an. Wie steht die Europa Union Trump gegenüber?
Wir blicken mit etwas Sorge in die USA, natürlich wegen Trump, denn beispielsweise diskriminieren seine Einreisebegrenzungen Menschen anderer Religionszugehörigkeit, die mit dem Wertekanon in Europa nicht vereinbar sind. Er erkennt die Rechtsstaatlichkeit von Gerichtsurteilen nicht an. Außerdem versucht Trump, die amerikanischen Märkte abzuschotten. Gleichwohl sollten wir nicht in Panik verfallen und erst einmal schauen, wie sich Trump verhält. Ich persönlich habe Sorge vor der Verbindung zwischen Trump und Putin.
Warum?
Trump setzt neue Prioritäten in der USAußenpolitik. Dies wird auch in Europa zu einem politischen Umbruch führen. Es gibt Signale, wonach Trump eine weichere Linie in Sachen bestehender Sanktionen Russland gegenüber fahren möchte.
Wie tritt die Europa Union den Rechtspopulisten, beispielsweise der AfD, entgegen?
Die Europa Union steht für ein freiheitliches, weltoffenes, pluralistisches, solidarisches und werteorientiertes Europa, das auf demokratischem Wege seine Vereinigung zu einem föderalen Bundesstaat anstrebt. Unsere klare proeuropäische Ausrichtung kann mit den Zielen einzelner Parteien unvereinbar sein. Daher streben wir keine Zusammenarbeit mit Rechtspopulisten an. Mitglieder der AfD oder deren Jugendorganisation JA (Junge Alternative) nehmen wir nicht auf, denn die AfD ist eine nationalistische, fremdenfeindliche und antieuropäische Partei. Sie steht damit gegen alles, wofür die überparteiliche Europa Union steht. Wir sehen die Tendenz zur Re-Nationalisierung einzelner EU-Staaten mit großer Sorge. Dieser müssen wir dringend entgegentreten.
Warum ist die AfD Ihrer Meinung nach so stark?
Politische Themen und Fragestellungen, wie beispielsweise das Handelsabkommen TTIP, werden immer komplexer. Einfache Antworten hierauf zu finden, ist nicht immer leicht. Populisten, wie die AfD, geben solche vermeintlich einfache Antworten auf komplexe Fragen.
Gefährden Rechtspopulisten die EU?
Die EU als größtes Friedens- und Wohlstandsprojekt unserer Zeit ist gefährdet, die Lage ist ernst. Wir müssen alles daran setzen, dass sie nicht zerfällt. Die Flüchtlingskrise hat mit dazu beigetragen, dass Ängste in der Bevölkerung geschürt wurden. Deutschland hat viele Flüchtlinge aufgenommen – im Gegensatz zu anderen EU-Mitgliedsstaaten, die nach dem Königsteiner Schlüssel auch dazu verpflichtet gewesen wären. Aber wenn man in einer Solidargemeinschaft wie der EU lebt, darf man sich nicht nur die Rosinen rauspicken. Auch durch den Brexit, den ich nicht für möglich gehalten hätte, ist die Stabilität der EU ins Wanken geraten.
Viele Bürger haben wegen diverser Krisen das Vertrauen in die Politik verloren. Wie gewinnt man sie zurück?
Politik muss verlässlich werden und Themen den Menschen besser erklären und auch mal unbequeme Wahrheiten aussprechen. Es schafft kein Vertrauen, Forderungen, beispielsweise die Obergrenze für Flüchtlinge, zu stellen, die rein rechtlich gar nicht möglich sind. Die Bürger müssen sich wieder von der Politik ernst und mitgenommen fühlen.
Wie will die Europa Union junge Menschen für die EU begeistern?
Unser Anliegen ist, junge Leute zu motivieren und ihnen zu zeigen, dass Europa ihnen Vorteile bietet. Da sind neben dauerhaftem Frieden auch berufliche Möglichkeiten zu nennen: Nehmen wir das Studienprogramm „Erasmus“, mit dem junge Menschen im europäischen Ausland studieren können. Zudem haben wir erst einen Tuttlinger Kreisverband der JEF, der Jungen Europäischen Föderalisten, gegründet, mit dem wir Jugendliche ansprechen möchten.
Gibt es im laufenden Jahr Projekte oder Veranstaltungen des Kreisverbands?
Am 9. Mai ist Europatag. In Tuttlingen ist in Zusammenarbeit mit der Stadt und der VHS eine Veranstaltung in der Stadthalle am Europaplatz geplant. Dort wird Andrew Denison von Transatlantic Networks einen Vortrag zum Thema „Bestandsaufnahme – Die USA und ihr Verhältnis zu Deutschland und Euro“halten. Außerdem haben wir vor, in Schulen Vorträge zu organisieren. Wir überlegen, weitere Fahrten ins Europäische Parlament nach Straßburg oder Brüssel zu machen. Präsent sein ist wichtig, um Schüler und Studenten anzusprechen.