Stets bemüht
Alle Jahre wieder, eher sogar einmal pro Halbjahr, fordert ein Bildungsexperte die Abschaffung der Schulnoten. Dieses Mal ist es die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe. Unterstützung erhält sie von Bayerns Lehrerverbandschefin Simone Fleischhauer. Es gehe um „eine umfassende Bewertung des Menschen“.
Das ist wieder einmal von einer idealisierten Weltsicht durchdrungen, die an der Lebenswirklichkeit völlig vorbeigeht. Schließlich werden die Schüler – und zwar alle, egal aus welcher Schulform – in eine Arbeitswelt entlassen, die leistungsorientiert ist. Außerdem neigen junge Menschen ohnehin dazu, sich untereinander zu messen. Warum also sollte dies ausgerechnet in der Schule nicht passieren? Und: Noten sind noch immer das beste Mittel, um die Leistung zu bewerten.
Sollten die Zensuren irgendwann abgeschafft werden, würde sich eh jenes System durchsetzen, das die Berufswelt seit Jahren kennt. Dann würde die Note verklausuliert in der Formulierung stecken – wie beim Arbeitszeugnis: sehr gut = immer zur vollsten Zufriedenheit; gut = stets zur vollen Zufriedenheit; befriedigend = zur vollen Zufriedenheit; ausreichend = zur Zufriedenheit; mangelhaft = im Großen und Ganzen zur Zufriedenheit; ungenügend = stets bemüht. In diesem Sinne ist der Vorschlag zur Abschaffung der Schulnoten ein bemühter.