Streit um Abschiebung nach Afghanistan
Proteste gegen Rückführung nach Kabul – De Maizière verteidigt verschärfte Maßnahmen
(dpa/sz) - Am Mittwoch hat die Große Koalition in Berlin wie geplant einen Gesetzentwurf zur inneren Sicherheit verabschiedet. Die wichtigsten Punkte des Regierungsbeschlusses: sogenannte Gefährder sollen besser kontrolliert und Ausländer ohne Bleiberecht konsequenter abgeschoben werden. Am Münchner Flughafen gab es am Abend Proteste gegen eine neuerliche Sammelabschiebung von 18 Afghanen in ihre Heimat – zuvor hatte die Polizei von rund 50 gesprochen.
Innenminister Thomas de Maizière (CDU) verteidigte die Verschärfung der Abschiebepraxis. Wenn Ausreisepflichtige nicht freiwillig in ihr Heimatland zurückkehrten, müsse die Abschiebung ein „mögliches und richtiges Mittel“bleiben, sagte er. Die Zahl der abgelehnten Asylanträge werde 2017 weiter steigen. „Es ist wichtig, dass wir die Ausreisepflicht durchsetzen.“
CSU-Chef Horst Seehofer glaubt jedoch, dass die beschlossene Änderung des Asylrechts dem generellen Zuwanderungsproblem nicht gerecht wird. „Das reicht natürlich nicht“, sagte er in München. Die CSU würde sich nach wie vor wünschen, dass bedoch reits an den Grenzen über die Asylanträge entschieden werde, „in kürzerer Zeit und rechtsstaatlich einwandfrei“. Teile der Opposition, Verbände und Hilfsorganisationen lehnen die Regierungspläne hingegen ab, etwa die Organisation Pro Asyl und die Linke.
Vor allem an den Abschiebungen nach Afghanistan, das aus Sicht der Kritiker nicht sicher ist, entzündet sich der Streit. Mehrere rot-grün regierte Bundesländer lehnten eine Beteiligung an der Sammelabschiebung ab. Das grün-schwarz regierte Baden-Württemberg beteiligte sich hingegen erneut an der Aktion. Je- stoppten Gerichte am Mittwoch die Rückführung zweier abgelehnter Asylbewerber nach Kabul. Bislang waren bei den zwei Abschiebungen im Dezember und Januar acht Personen aus dem Südwesten zurückgebracht worden.
Am Abend demonstrierten viele Bürger gegen die Abschiebungen – nicht nur vor Ort in München, sondern auch in Stuttgart, Mannheim, Karlsruhe und Tübingen. In Biberach, Wangen (Kreis Ravensburg) und Gammertingen (Kreis Sigmaringen) trafen sich Menschen zu Mahnwachen.