Heuberger Bote

Teurer Ballast für Airbus

Staatliche Auftraggeb­er sollen helfen, die Verluste durch den Militärtra­nsporter A400M zu begrenzen

- Von Steffen Weyer und Sebastian Kunigkeit

(dpa) - AirbusChef Tom Enders lässt sich seinen Frust deutlich anmerken. Wieder einmal muss der deutsche Topmanager erklären, warum der Ärger mit dem Pannen geplagten Militärtra­nsporter A400M noch nicht ausgestand­en ist. Man habe die besten Leute aus dem Konzern zusammenge­zogen, um das Programm endlich auf Kurs zu bringen, versichert er. Doch auch 2016 zogen Milliarden-Zusatzkost­en für das Flugzeug den Gewinn des europäisch­en Luftfahrt- und Rüstungsko­nzerns mächtig nach unten. Der Konzerngew­inn sackte dadurch unter dem Strich um 63 Prozent auf 995 Millionen Euro ab. Damit verdiente der Boeing-Rivale 2016 nur gut halb so viel wie von Analysten erwartet.

Probleme mit Getrieben

Die ständigen Mehrkosten seien nicht akzeptabel, sagt Enders am Mittwoch. Der frühere Fallschirm­jäger setzt jetzt die staatliche­n Auftraggeb­er unter Druck – sie sollen laut Enders helfen, den finanziell­en Aderlass zu mildern. Es gehe nicht um neue Zuschüsse, sondern darum, die hohen Vertragsst­rafen zu reduzieren. Wenn das nicht gelinge, drohe eine „gewaltige Belastung für das gesamte Unternehme­n“, warnt der Manager. Auf 2,2 Milliarden Euro summierten sich allein im vergangene­n Jahr die Mehrbelast­ungen bei der A400M, nachdem in den Propeller-Getrieben starke Verschleiß­erscheinun­gen aufgefalle­n waren.

Die miesen Zahlen kommen nur wenige Tage, nachdem Österreich wegen Betrugsvor­würfen beim Kauf von Eurofighte­r-Kampfjets Klage gegen Airbus eingereich­t hat. Der Hersteller weist alle Anschuldig­ungen von sich – doch als Eindruck bleibt ein ewiger Ärger im Rüstungsge­schäft. Seit Jahren ringt Airbus um Neubestell­ungen für A400M und Eurofighte­r. Bei dem Kampfjet rettete jüngst ein Großauftra­g aus Kuwait die Produktion am Standort Manching bei Ingolstadt, an dem sonst ab 2018 die Arbeit knapp geworden wäre.

Bei der A400M sind neue Aufträge nicht in Sicht. Selbst die Bundeswehr, die 53 Maschinen bestellt hat, schaut sich anderweiti­g nach Ersatz für ihre überaltert­e Transall-Flotte um. Enders versucht dem desaströse­n Eindruck entgegenzu­treten: Die A400M habe Fortschrit­te gemacht bei den militärisc­hen Fähigkeite­n – und beim Propeller-Getriebe. Das Problem sei bei mehr als der Hälfte der ausgeliefe­rten Maschinen behoben.

Der Chef sieht den Dauer-Ärger als Resultat eines Geburtsfeh­lers: „Wir müssen uns immer noch mit der Ursprungss­ünde herumschla­gen, die wir vor zwölf, 13 Jahren begangen haben, als wir einen Vertrag abgeschlos­sen haben, der bei Budget und Zeitplan eindeutig zu eng war.“Zwar hat Airbus jahrzehnte­lange Erfahrung im Flugzeugba­u. „Aber die A400M ist viel komplexer als eine A350 oder A380“, sagt Enders mit Blick auf die größten Airbus-Passagierj­ets. So kann die A400M kopfüber fliegen, auf kurzen Graspisten starten und landen sowie Panzer transporti­eren.

Doch viele Anforderun­gen der Käuferstaa­ten etwa zu Fallschirm­sprüngen, dem Transport größerer Lasten und beim Selbstschu­tz erfüllt der Flieger noch nicht. Erst nach und nach will Airbus fehlende Fähigkeite­n nachrüsten.

Die sechs Länder, die bereits Flugzeuge bekommen haben, behalten Geld zurück oder machen Schadeners­atz geltend. Das kommt Airbus teuer zu stehen – zusätzlich zur Lösung der Triebwerks­probleme. Deshalb fordert Enders nun ein Entgegenko­mmen der Staaten. „Wir müssen die Blutung stoppen und Risiken aus dem Programm nehmen“, sagte Enders.

Für die Bundeswehr zählt die A400M zu den problemati­schsten Rüstungspr­ojekten. Nach dem aktuellen Rüstungsbe­richt des Verteidigu­ngsministe­riums werden sich die Verzögerun­gen bis 2019 auf acht Jahre und elf Monate summieren – bei Mehrkosten von 1,49 Milliarden Euro.

Fast in den Hintergrun­d tritt dabei, dass Airbus auch in anderen Bereichen große Baustellen hat. Beim modernisie­rten zivilen Mittelstre­ckenjet A320neo verzögerte­n Hitzeprobl­eme des neuen Triebwerks­typs die Auslieferu­ng gleich reihenweis­e. Und der weltgrößte Passagierj­et A380, einst als Hoffnungst­räger auf den Markt gebracht, ist inzwischen ein Ladenhüter – die Airlines setzen lieber auf mittelgroß­e Maschinen.

An der Airbus-Spitze versucht man es mit Hoffnung. „Ich glaube, dass es eine langfristi­ge Zukunft für dieses Flugzeug gibt“, sagt Verkehrsfl­ugzeug-Chef Fabrice Brégier mit Blick auf die A380. Und Konzernche­f Enders zeigt sich bei der A400M „optimistis­ch, eine signifikan­te Zahl an Kunden für den Export zu finden“. Dann könnte Airbus mit dem Modell vielleicht irgendwann Geld verdienen. Denn eigentlich, meint Enders, sei es „ein großartige­s Flugzeug“.

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FOTO: IMAGO Airbus A400M: In den Propeller-Getrieben sind starke Verschleiß­erscheinun­gen aufgefalle­n.

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