Teurer Ballast für Airbus
Staatliche Auftraggeber sollen helfen, die Verluste durch den Militärtransporter A400M zu begrenzen
(dpa) - AirbusChef Tom Enders lässt sich seinen Frust deutlich anmerken. Wieder einmal muss der deutsche Topmanager erklären, warum der Ärger mit dem Pannen geplagten Militärtransporter A400M noch nicht ausgestanden ist. Man habe die besten Leute aus dem Konzern zusammengezogen, um das Programm endlich auf Kurs zu bringen, versichert er. Doch auch 2016 zogen Milliarden-Zusatzkosten für das Flugzeug den Gewinn des europäischen Luftfahrt- und Rüstungskonzerns mächtig nach unten. Der Konzerngewinn sackte dadurch unter dem Strich um 63 Prozent auf 995 Millionen Euro ab. Damit verdiente der Boeing-Rivale 2016 nur gut halb so viel wie von Analysten erwartet.
Probleme mit Getrieben
Die ständigen Mehrkosten seien nicht akzeptabel, sagt Enders am Mittwoch. Der frühere Fallschirmjäger setzt jetzt die staatlichen Auftraggeber unter Druck – sie sollen laut Enders helfen, den finanziellen Aderlass zu mildern. Es gehe nicht um neue Zuschüsse, sondern darum, die hohen Vertragsstrafen zu reduzieren. Wenn das nicht gelinge, drohe eine „gewaltige Belastung für das gesamte Unternehmen“, warnt der Manager. Auf 2,2 Milliarden Euro summierten sich allein im vergangenen Jahr die Mehrbelastungen bei der A400M, nachdem in den Propeller-Getrieben starke Verschleißerscheinungen aufgefallen waren.
Die miesen Zahlen kommen nur wenige Tage, nachdem Österreich wegen Betrugsvorwürfen beim Kauf von Eurofighter-Kampfjets Klage gegen Airbus eingereicht hat. Der Hersteller weist alle Anschuldigungen von sich – doch als Eindruck bleibt ein ewiger Ärger im Rüstungsgeschäft. Seit Jahren ringt Airbus um Neubestellungen für A400M und Eurofighter. Bei dem Kampfjet rettete jüngst ein Großauftrag aus Kuwait die Produktion am Standort Manching bei Ingolstadt, an dem sonst ab 2018 die Arbeit knapp geworden wäre.
Bei der A400M sind neue Aufträge nicht in Sicht. Selbst die Bundeswehr, die 53 Maschinen bestellt hat, schaut sich anderweitig nach Ersatz für ihre überalterte Transall-Flotte um. Enders versucht dem desaströsen Eindruck entgegenzutreten: Die A400M habe Fortschritte gemacht bei den militärischen Fähigkeiten – und beim Propeller-Getriebe. Das Problem sei bei mehr als der Hälfte der ausgelieferten Maschinen behoben.
Der Chef sieht den Dauer-Ärger als Resultat eines Geburtsfehlers: „Wir müssen uns immer noch mit der Ursprungssünde herumschlagen, die wir vor zwölf, 13 Jahren begangen haben, als wir einen Vertrag abgeschlossen haben, der bei Budget und Zeitplan eindeutig zu eng war.“Zwar hat Airbus jahrzehntelange Erfahrung im Flugzeugbau. „Aber die A400M ist viel komplexer als eine A350 oder A380“, sagt Enders mit Blick auf die größten Airbus-Passagierjets. So kann die A400M kopfüber fliegen, auf kurzen Graspisten starten und landen sowie Panzer transportieren.
Doch viele Anforderungen der Käuferstaaten etwa zu Fallschirmsprüngen, dem Transport größerer Lasten und beim Selbstschutz erfüllt der Flieger noch nicht. Erst nach und nach will Airbus fehlende Fähigkeiten nachrüsten.
Die sechs Länder, die bereits Flugzeuge bekommen haben, behalten Geld zurück oder machen Schadenersatz geltend. Das kommt Airbus teuer zu stehen – zusätzlich zur Lösung der Triebwerksprobleme. Deshalb fordert Enders nun ein Entgegenkommen der Staaten. „Wir müssen die Blutung stoppen und Risiken aus dem Programm nehmen“, sagte Enders.
Für die Bundeswehr zählt die A400M zu den problematischsten Rüstungsprojekten. Nach dem aktuellen Rüstungsbericht des Verteidigungsministeriums werden sich die Verzögerungen bis 2019 auf acht Jahre und elf Monate summieren – bei Mehrkosten von 1,49 Milliarden Euro.
Fast in den Hintergrund tritt dabei, dass Airbus auch in anderen Bereichen große Baustellen hat. Beim modernisierten zivilen Mittelstreckenjet A320neo verzögerten Hitzeprobleme des neuen Triebwerkstyps die Auslieferung gleich reihenweise. Und der weltgrößte Passagierjet A380, einst als Hoffnungsträger auf den Markt gebracht, ist inzwischen ein Ladenhüter – die Airlines setzen lieber auf mittelgroße Maschinen.
An der Airbus-Spitze versucht man es mit Hoffnung. „Ich glaube, dass es eine langfristige Zukunft für dieses Flugzeug gibt“, sagt Verkehrsflugzeug-Chef Fabrice Brégier mit Blick auf die A380. Und Konzernchef Enders zeigt sich bei der A400M „optimistisch, eine signifikante Zahl an Kunden für den Export zu finden“. Dann könnte Airbus mit dem Modell vielleicht irgendwann Geld verdienen. Denn eigentlich, meint Enders, sei es „ein großartiges Flugzeug“.