Nur Liebe kann den Hass besiegen
Zeitgeschichte stimmig aufgearbeitet: „Boston“erzählt die Jagd auf die Bombenleger des Marathons
Knapp vier Jahre ist es her, als im Zieleinlauf des BostonMarathons zwei Sprengsätze explodierten und drei Menschen getötet wurden, darunter ein achtjähriger Junge. 260 Menschen wurden verletzt. Wie man Zeitgeschichte würdevoll mit Spannung, Action und ein wenig Pathos kombiniert, das hat Peter Berg zuletzt in seinem Ölplattform-Drama „Deepwater Horizon“gezeigt. In „Boston“hat nun der versierte Action-Regisseur die tagelange Jagd auf die beiden Bombenleger von Boston akribisch rekonstruiert.
Wie in „Lone Survivor“(2013) und „Deepwater Horizon“(2016) ist Mark Wahlberg erneut der Hauptdarsteller. Ein heroischer und unverwüstlicher Superheld ist er allerdings nicht. Ganz im Gegenteil. Der sehr eigensinnige Cop ist ein lädierter Held. Nachdem er sich bei der Verbrecherjagd verletzt hat, humpelt er durch den ganzen Film.
Aber er ist ja nicht allein. Obwohl „Boston“mit Kevin Bacon (FBIAgent), John Goodman (Polizeichef) und J. K. Simmons (Police Sergeant) prominent besetzt ist, nimmt sich jeder der starken Charakterschauspieler zurück. Niemand drängt sich in den Vordergrund. Hand in Hand, nur so geht’s. Die Botschaft dürfte in den USA, einem gespaltenen Land, ankommen.
Für die emotionalen Momente sorgen die eingewobenen Schicksale einiger Paare, die irgendwann die Wege der Attentäter kreuzen. Auch hier ist die Botschaft klar: Nur die Liebe kann letztlich den Hass besiegen. Der Hass, das sind die beiden Brüder Zarnajew (Alex Wolff, Themo Melikidze), deren Beweggründe in Bergs Actionthriller aber seltsam nebulös bleiben. Ein Internetvideo über das Bombenbauen muss als Hinweis auf die Radikalisierung reichen. Berg legt den Fokus auf die Beziehung der beiden Brüder, die sich langsam entzweien.
Trotz seiner bedächtigen und dem Drama angemessen zurückhaltenden Inszenierung verleugnet Berg nicht, dass er aus dem ActionGenre kommt. Dabei schießt er mit drastischen Szenen ab und an über das Ziel hinaus. Eingesetztes Archivmaterial und dokumentarisch anmutende Szenen verleihen dem Film aber auch ein hohes Maß an Authentizität. Gegen Ende geht seinem stimmigen Film jedoch ein wenig die Luft aus. Aber manch abgeflachter Spannungsbogen wird durch den rauschenden Industrial-Sound der Oscar-Preisträger Trent Reznor und Atticus Ross genial aufgefangen. (dpa)
Boston. Regie: Peter Berg. Mit Mark Wahlberg, Kevin Bacon, John Goodman, J. K. Simmons. USA 2016. 133 Minuten. FSK ab 12.