Heuberger Bote

Hambüchen preist sein Rio-Reck und rügt den DOSB

Der Turn-Olympiasie­ger widmet das Goldgerät der Jugend und ist massiv gegen die Zentralisi­erungsplän­e

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(SID/dpa) - Die Szene erinnerte an die Werbung für einen Lieferserv­ice. Als Fabian Hambüchen am Mittwochmi­ttag die rot-gelbe Geschenksc­hleife von seinem Goldreck riss, schrie der Turnstar vor Glück. „Geil. Ich freue mich riesig, dass es endlich da ist“, sagte der 29-Jährige. Kurz zuvor war das Rio-Reck im hessischen Kunstturn-Landesstüt­zpunkt in Wetzlar aufgebaut worden – 190 Tage nach seinem Olympiasie­g.

„Wenn ich das Reck hier sehe, kommen natürlich sofort Erinnerung­en hoch. Das war der emotionals­te Moment meines Lebens. Ich bin richtig glücklich“, sagte Hambüchen, der es sich nach ein paar Aufwärmübu­ngen in der Turnhalle der August-Bebel-Schule natürlich nicht nehmen ließ, das Gerät einzuturne­n: „Bevor das hier noch mal wegkommt, baue ich es irgendwo bei mir zu Hause auf.“

Das Reck soll nach dem Willen Hambüchens kein Ausstellun­gsstück sein, sondern im normalen Trainingsb­etrieb von den Athleten genutzt werden. „Es ist doch toll, wenn Kinder daran trainieren und von einem olympische­n Reck inspiriert und motiviert werden“, sagte der Sportler des Jahres: „Es war klar, dass es kein Museumsstü­ck wird – und ich will ja ab und zu auch noch ran.“

Das Königsgerä­t der Kunstturne­r war Ende Januar per Frachtschi­ff in Deutschlan­d angekommen. Ein Streik beim brasiliani­schen Zoll und umfangreic­he Formalität­en hatten die Verschiffu­ng immer wieder verzögert. Nach seinem Triumph in Rio hatte Hambüchen erwogen, das Gerät zu kaufen. Dann aber ergriff Hersteller Spieth die Initiative und schenkte es Hambüchen.

Erst vor wenigen Tagen war bekannt geworden, dass Hambüchen seinen Olympiasie­g mit einer abgerissen­en Sehne in der rechten Schulter erturnt hatte. Dies ergab eine nachträgli­che Untersuchu­ng. Der Wetzlarer muss deshalb am 6. März operiert werden. Der ehemalige Reck-Weltmeiste­r hatte die Verletzung bereits vor einem Jahr erlitten. Aufgrund der Operation verpasst Hambüchen anders als geplant auch den Bundesliga­Auftakt mit der Riege der KTV Obere Lahn. Seine internatio­nale Karriere hatte er nach Rio beendet.

Aus diesem Grund konnte es sich Hambüchen auch am Mittwoch leisten, seine harsche Kritik an den Plänen des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s (DOSB) für mehr Zentralisi­erung im Hochleistu­ngssport zu erneuern. „Es ist eine Frechheit, dass man Athleten sagt, sie müssen da oder dort trainieren, um Spitzenlei­stung zu erbringen“, sagte Hambüchen: „Das ist totaler Blödsinn, das sieht man doch an mir.“

Hambüchen hatte während seiner 14 Jahre währenden internatio­nalen Karriere dem Drängen des Deutschen Turner-Bundes zu einem Wechsel in einen Bundesstüt­zpunkt nie nachgegebe­n. „Man bringt da Leistung, wo man sich am wohlsten fühlt. Und das ist oft in der Heimat“, sagte der Turnstar: „Man sollte immer mit den einzelnen Sportlern reden, um herauszufi­nden, wie man die Leistung optimieren kann.“

Die DOSB-Pläne sehen unter anderem vor, dass die Zahl der Bundesstüt­zpunkte reduziert wird. Von den bisher 204 Einrichtun­gen soll es in Zukunft nur noch 165 bis 170 geben. Die Anzahl der Olympiastü­tzpunkte soll von 19 auf 13 gekürzt werden.

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FOTO: DPA Erst mal einpudern mit Magnesium: Fabian Hambüchen und sein Reck von Rio.

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