Sana Hassan: „Das Hobby zum Beruf gemacht“
Knieverletzung beendet Spielerkarriere – Hassan wechselt dann in SERC-Vereinsführung, ist heute Spielerberater
- Aufs Glatteis ist Sana Hassan nicht so leicht zu führen. Der 61-Jährige kennt sich im Eishockey bestens aus. Seit seinem 14. Lebensjahr ist das Spiel mit der schwarzen Scheibe Mittelpunkt seines Lebens. „Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht“, sagt der frühere Verteidiger des Schwenninger ERC, der mit seinem umfangreichen Wissen als Spielerberater nun jungen Talenten bei ihrer Karriere hilft.
Seine Agentur ISA – Internationale Sportagentur für Spieler- und Vereinsbetreuung und Sportwerbung – hat er 1988 gegründet. Seitdem arbeitet er mit seinem Partner Roland „Roly“Thompson. „Das ist mein Metier“, sagt der gelernte Bankkaufmann, der das Eishockey mit all seinen Facetten kennengelernt hat. Von 1969 bis 1981 jagt er selbst der Scheibe nach. Eine schwere Knieverletzung beendet seine Karriere. „Ich hatte einen Meniskusschaden. Kreuzband und Innenband waren auch gerissen. Das war damals keine leichte Verletzung und nicht so einfach zu behandeln“, sagt Hassan.
Spieler und Funktionär: „Kenne beide Seiten des Schreibtisches“
Der Übergang vom Spieler zum Funktionär ist fließend. Schwenningens Obmann Dr. Hermann Benzing kennt den beruflichen Hintergrund des verletzten Akteurs und nimmt Sana Hassan in die Vorstandsriege auf. „Die Belastung durch seine Praxis war Dr. Benzing zuviel. Deshalb bin ich in die sportliche Führung gekommen“, sagt der frühere SERC-Manager. Dass er als Spieler und Funktionär „beide Seiten des Schreibtisches“kennt, sei in seiner heutigen Arbeit als Spielerberater von Vorteil.
Von seinem Wissen sollen nun die jungen Spieler als seine Klienten profitieren. Er selbst habe damals niemand gehabt, der ihm den Weg gewiesen hat. „Ich hätte mehr erreichen können“, sagt Hassan, der für die Nachwuchs-Nationalmannschaften des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) auf dem Eis steht. In der Bundesliga spielt er für den EV Landshut, den Mannheimer ERC sowie den Schwenninger ERC. Er, das gesteht Hassan ein, sei trainingsfaul gewesen. In der damaligen Zeit habe es gereicht, Talent zu haben und läuferisch gut zu sein.
„Kanadische Einstellung“verhindert größere Spielerkarriere
Vom Ehrgeiz, besser zu werden, wird der heutige Berater nicht angetrieben. „Ich hatte damals die alte kanadische Einstellung, dass eine Saison erst im Oktober losgeht.“Mit der Vorbereitung auf die neue Runde wird es im Sommer meist nicht ganz so genau genommen. „Das ist heute bei den jungen Leuten ganz anders“, lobt Hassan, zu dessen Klienten mit Tom Kühnhackl (Pittsburgh Penguins) sogar ein aktueller StanleyCup-Sieger gehört. Zuvor hatten sich mit Jochen Hecht und Uwe Krupp – mit Colorado Avalanche (1996) und den Detroit Red Wings (2002) zweimal Sieger der nordamerikanischen Eishockey-Meisterschaft – weitere deutsche NHL-Stars von Hassan beraten lassen.
Dass in der laufenden Saison sieben deutsche Spieler in Nordamerika spielen, erstaunt den Wahl-Schwenninger nicht. „Die Deutschen haben dort an Stellenwert gewonnen. Das war früher überhaupt nicht vorstellbar. Aber die Jungs haben auch eine gute Einstellung. Das Profil eines Profis ist besser ausgearbeitet“, sagt Hassan, der auch eine Entwicklung in der Nachwuchsförderung in Deutschland festgestellt hat. Einen Eindruck von den Talenten macht sich Hassan an jedem Wochenende. Dann schaut er den Talenten auf Schläger und Schlittschuhe. „Wir gucken uns die Spieler früh an. Ab der U 15 werden die Jugendlichen rekrutiert.“
Reibungslos verlief die Karriere als Spielerberater nicht. Im Jahr 2000 wurde Sana Hassan jede Spielervermittlung verboten. Die Landesarbeitsämter und die Zentrale Vermittlungsstelle der Bundesanstalt hatten Strafandrohung gestellt, weil zur Vermittlung von Berufssportlern aus nicht EU-Ländern eine Erlaubnis hätte vorliegen müssen. „Das hat sechs Monate gedauert. Dann wurde das Verbot durch EU-Recht aufgehoben“, sagt Hassan, der wie sein Partner in Schwenningen, Michael Bühler, von der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) als lizenzierter Spielerberater anerkannt ist. Die Bereiche von Thompson, Bühler und Hassan sind genau aufgegliedert. Während die Schwenninger Spielervermittler den deutschen Markt im Blick haben und sondieren, welche Spieler möglicherweise das Talent für die NHL hätten, sucht Thompson in Nordamerika nach geeigneten Verstärkungen für die DEL-Vereine.
Zuschauereinnahmen wichtiger als an anderen Standorten
Dass sich auch bei den Schwenninger Wild Wings – angesichts von Platz 13 – etwas tun müsste, ist offensichtlich. Dabei, so Hassan, würden die Verantwortlichen einen guten Job machen. Es fehle an der Unterstützung von außen – besonders durch die Fans. „In Schwenningen steht eine der modernsten und schönsten Arenen in der Liga. Es ist nicht mehr kalt. Und trotzdem haben die Leute 1000 Entschuldigungen, warum sie nicht zum Spiel gehen.“Dabei, erläutert Hassan weiter, wäre gerade Schwenningen auf die Fans angewiesen. „Die Zuschauereinnahmen sind bei den Wild Wings wichtiger als an anderen Standorten. Und eine gute Platzierung kommt hauptsächlich über das Geld.“Mit größeren Einnahmen könne sich der SERC am Beispiel von Bremerhaven oder Iserlohn orientieren, die mit eingedeutschten Nordamerikanern erfolgreich sind, meint Hassan.
Aus seiner aktiven Zeit ist ihm ausgerechnet ein Misserfolg in Erinnerung geblieben. Als Aufsteiger in die 2. Bundesliga fehlen der Mannschaft vom Neckarursprung am Schluss nur fünf Tore, um den Durchmarsch in die Bundesliga zu schaffen. Im direkten Duell gegen den EHC 70 München hätte ein 4:0-Erfolg gereicht. Schwenningen führt bereits 3:0, kassiert dann aber das Gegentor. „Dann war die Luft raus“, sagt Hassan. Auch wenn es in dieser Saison nicht gereicht hatte, der Aufstieg wird erst ein Jahr später Realität: „Die Stimmung im Verein war gut. Schließlich sind wir als Aufsteiger gleich Dritter geworden. Und dieser Eindruck der Saison ist auch bei den Zuschauern geblieben“, erinnert sich Hassan. „Das Wir-Gefühl war stark. Heute könnte es besser sein.“