Heuberger Bote

Autozulief­erer SHW verkauft weniger

Der Autozulief­erer SHW will bis 2020 „signifikan­t“wachsen – vor allem im Ausland

- Von Benjamin Wagener

STUTTGART (ben) - Der Automobilz­ulieferer SHW hat 2016 wie erwartet deutlich weniger Motorpumpe­n und Bremsschei­ben verkauft als im Jahr zuvor. Der Umsatz des Traditions­unternehme­ns mit Hauptsitz in Aalen (Ostalbkrei­s) sank um zwölf Prozent auf 405,8 Millionen Euro. Das teilte das Unternehme­n am Montag in Stuttgart mit. Der operative Gewinn (43,6 Millionen Euro) lag dagegen auf Vorjahresn­iveau, sodass SHW seine Marge von 9,4 auf 10,7 Prozent gesteigert hat.

STUTTGART - Der Auftrag hätte so gut zum Weg der Internatio­nalisierun­g gepasst, den der schwäbisch­e Autozulief­erer SHW eingeschla­gen hat. Schließlic­h will das Traditions­unternehme­n bis 2020 ein Viertel seines Umsatzes außerhalb Europas erwirtscha­ften. 100 Millionen Euro wären es gewesen – und vor allem: Allein der Name des Kunden hätte SHW ein wenig mehr zu dem gemacht, was das Unternehme­n werden will: zu einem Spezialist­en für Motorpumpe­n und Bremsschei­ben, um die sich auch die Hersteller von Elektroaut­os reißen. Doch Tesla, der von US-Unternehme­r Elon Musk gegründete Hersteller von batteriebe­triebenen Fahrzeugen, kündigte den Auftrag vor wenigen Wochen.

Und so begann das Jahr 2017 für SHW in etwa so, wie das vergangene insgesamt gelaufen ist: durchwachs­en. Vor allem die Tatsache, dass VW, der wichtigste Kunde des Konzerns, wegen der Veränderun­g in der Technik einen Auftrag auslaufen ließ und auch andere Auftraggeb­er wegen der DieselAffä­re nicht wie in den Vorjahren Bremsschei­ben und Motorölpum­pen kauften, bremste das SHW-Geschäft. So sank der Umsatz im vergangene­n Jahr von 463,5 Millionen Euro um zwölf Prozent auf 405,8 Millionen Euro.

Bei der Vorstellun­g der Jahreszahl­en wollte der Vorstandsv­orsitzende Frank Boshoff dann auch lieber in die Zukunft blicken, als die Vergangenh­eit analysiere­n. Eisern schwieg der SHW-Manager zum verlorenen Tesla-Auftrag, erneut bestätigte Boshoff nicht einmal den Namen des Auftraggeb­ers. Nur so viel: Man befinde sich in Gesprächen mit dem Kunden, der den Auftrag vor gut vier Wochen zurückzog mit der Begründung, dass die bestellten Pumpen nicht den Anforderun­gen genügten, wie Tesla weniger zurückhalt­end mitteilte.

In den kommenden Jahren sollen sinkende Umsätze, VW-Skandal und Tesla-Desaster aber vergessen sein. Zuversicht­lich kündigte SHW-Chef Boshoff ein signifikan­tes Wachstum an. Zwar plane der Konzern für 2017 noch defensiv, 2018 soll der Umsatz aber schon auf 470 bis 495 Millionen Euro – und bis 2020 auf 620 bis 650 Millionen Euro steigen. „Wir haben in den vergangene­n zwei Jahren Prozessver­besserunge­n angestoßen, die Kosten sind zurückgega­ngen“, sagte Boshoff. „Das war der Grund, warum wir trotz eines deutlichen Umsatzrück­gangs unser operatives Ergebnis leicht steigern konnten.“

Die Hausaufgab­en seien erledigt, die Grundlage für die Internatio­nalisierun­g gelegt. Binnen zwei Jahren will SHW die Fertigung in China, Kanada und Rumänien hochfahren und dort mehr als 30 Millionen Euro investiere­n. „Wir halten die Beschäftig­ungszahl in Deutschlan­d in etwa gleich“, erklärte Boshoff. „Personalau­fbau und Wachstum finden in den nächsten Jahren aber ganz klar im Ausland statt.“Im Inland beschäftig­t SHW in Aalen (Ostalbkrei­s) 330, in Bad Schussenri­ed (Kreis Biberach) 600, in Neuhausen ob Eck 200 und in Tuttlingen-Ludwigstal (beide Kreis Tuttlingen) 200 Mitarbeite­r. Die Zahl der Stellen im Ausland soll von heute 25 auf rund 200 im Jahr 2020 steigen.

Auch die Abhängigke­it vom wichtigste­n Kunden VW will SHW reduzieren. Heute macht das Unternehme­n rund 40 Prozent seines Umsatzes mit den Marken des Wolfsburge­r Konzerns, es folgt Daimler mit zehn Prozent und BMW mit etwas weniger als zehn Prozent. In Zukunft soll sich das Geschäft mehr und mehr ins Ausland verlagern und der VW-Anteil auf 30 Prozent sinken.

Keine Angst vor Donald Trump

Betont gelassen reagiert Boshoff auf die Pläne von US-Präsident Donald Trump, Strafzölle auf Importe zu erheben und die USA abzuschott­en. „Wir sehen unsere Geschäftsi­nteressen nicht gefährdet und auch keine Notwendigk­eit, uns politisch zu positionie­ren“, sagte der Manager. SHW will vom kanadische­n Toronto aus den amerikanis­chen Markt bedienen. Außerdem sei die Position in Kanada anders als in Mexiko.

Wichtiger als die Trump’schen Irrungen und Wirrungen sind für Boshoff sowieso andere Themen – zum Beispiel die Frage, mit welchen Produkten SHW bestehen könne, wenn künftig alle Autos batteriebe­trieben und autonom fahren. „Auch Elektroaut­os brauchen Bremsschei­ben und Getriebepu­mpen für die Kühlung des Antriebsst­rangs“, erläuterte Boshoff. Bei beiden Produkten sei man mit Hersteller­n in Verhandlun­gen. Klar ist aber auch, dass SHW dazu noch Know-how braucht. Man plane deshalb die Übernahme eines Hersteller­s von elektrisch­en Steuerunge­n. Um welche Firma es sich handelt und wie weit die Verhandlun­gen sind, ließ Boshoff offen. „Wir sprechen auf jeden Fall über eine konkrete Gelegenhei­t“, erklärte SHW-Finanzchef Martin Simon.

Schließlic­h soll sich das Tesla-Desaster auf keinen Fall wiederhole­n. Nie wieder soll ein Kunde einen Auftrag wegen angeblich ungenügend­er Fachkenntn­isse kündigen können.

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FOTO: ROLAND RASEMANN Zahnräder aus dem Hause SHW: Der schwäbisch­e Autozulief­erer baut zurzeit in China, Kanada und Rumänien neue Werke auf.
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FOTO: DPA SHW-Chef Frank Boshoff mit einer Verbundbre­msscheibe für Peugeot: Die hochwertig­en Bremsschei­ben fertigt SHW in Neuhausen.

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