Abschiebungen bleiben Streitthema
Afghanistan-Brief erhöht Druck auf Ministerpräsident Winfried Kretschmann
- Ein Brief aus Berlin hat am Aschermittwoch die Unstimmigkeiten zwischen Grünen und CDU in Baden-Württemberg in der Abschiebepolitik verschärft. In dem Schreiben erneuert die Bundesregierung ihre Einschätzung, dass es in Afghanistan sichere Regionen gebe. Dorthin könnten Menschen abgeschoben werden.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte um eine solche Neubewertung der Lage gebeten. Er sieht deshalb trotz Protesten aus seiner eigenen Partei weiter keinen Anlass für einen Abschiebestopp nach Afghanistan. „Das macht den Rechtsstaat aus, dass wir uns an Regeln halten, auch wenn es schwer verständlich ist“, sagte er beim Politischen Aschermittwoch seiner Partei in Biberach. Für die Bewertung, ob es in Afghanistan sicher sei, sei der Bund zuständig. Das Land habe nur einen „gewissen Spielraum“bei der Auswahl der Personen, die abgeschoben werden.
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) fühlt sich durch das Schreiben aus Berlin bestätigt. Beim Politischen Aschermittwoch der Christdemokraten in Fellbach (Rems-Murr-Kreis) wies er erneut Kritik an Entscheidungen seines Ministeriums bei Abschiebungen zurück: „Wir stellen uns dieser Aufgabe nach bestem Wissen und Gewissen.“Die Grünen im baden-württembergischen Landtag erneuerten am Mittwoch jedoch ihre Vorwürfe. „Fehler der Abschiebepraxis wie in der vergangenen Woche dürfen nicht wieder passieren“, sagte Fraktionschef Andreas Schwarz der „Schwäbischen Zeitung“. Im Kern des Streits steht die Frage, ob das Innenministerium Einzelfälle sorgfältig genug prüft. Zuletzt hatten Gerichte zwei Abschiebungen nach Afghanistan gestoppt. Schwarz schloss sich der Forderung von Oberbürgermeistern und Landräten an, Kommunen vor der Abschiebung von Menschen zurate zu ziehen. So könne verhindert werden, dass gut integrierte Menschen das Land verlassen müssten.
Innenminister Strobl lehnt diese Vorstöße als nicht praktikabel ab. Der CDU-Landesvorsitzende nutzte den Auftritt in Fellbach, um das Ziel für die Bundestagswahl zu verkünden: „40 Prozent plus ein dickes X“wolle die CDU Baden-Württemberg zum Erfolg der Union beisteuern. Derzeit liegen CDU/CSU im Bund deutlich darunter und hinter der SPD.
Deren Kanzlerkandidat Martin Schulz begeisterte seine Anhänger im bayerischen Vilshofen. In einer emotionalen Rede versprach er erneut, die Sozialreformen der Agenda 2010 zum Teil zurückzunehmen.
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) rief Schulz in Passau auf, den Wahlkampf sauber zu führen. Ansonsten heiße Schulz künftig „Martin, der Schummler“. Er bezog sich auf ungenaue Zahlen, die Schulz zuvor zum Arbeitslosengeld genannt hatte.