Unendlicher Spaß
Das Freizeitverhalten der Menschen ist ja recht unterschiedlich. Die einen gehen ins Kino oder in die Kneipe, andere gönnen sich ein Abendessen, lesen gemütlich ein Buch oder ziehen in den Krieg. Für Letztere plant Russland den Nachbau des Berliner Reichstags zuliebe militärbegeisterter Menschen. Sie dürfen lernen, wie man ein Gebäude stürmt, sagte neulich der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu im Parlament. „Und zwar nicht an abstrakten Schauplätzen, sondern an konkreten Orten.“Die Nachbildung im MilitärFreizeitpark in Kubinka westlich von Moskau werde etwas kleiner ausfallen als das Original in Berlin. Zusätzlich werden aber weitere Schauplätze des Zweiten Weltkrieges nachgebaut, um die Atmosphäre der Zeit fühlen zu können und sich selbst im „Überlebenskampf zu versuchen“, sagte Schoigu.
Gewiss, es muss ein Spaß sein, sich auf einem fiktiven Schlachtfeld durch Schlamm und Stacheldraht zu robben, eingekleidet in Uniformen aus den 1940er-Jahren, während ein Vertreter des Militärs brüllend zum Überlebenskampf auffordert. Bei Wasser, Brot und ein wenig Leichengeruch kommt richtig schöne Zweiter-Weltkrieg-Atmosphäre auf. Ob die Idee von Russlands Präsident Wladimir Putin stammt, ist zweifelhaft, weil dieser als Fan von Freizeitparks Marke Westworld gilt, die er auf Pferd, mit nacktem Oberkörper und Bärentöter erobern kann. Und US-Präsident Trump tobt sich ohnehin lieber am echten Objekt aus: der Welt. Wie heißt noch mal der Roman von David Foster Wallace? „Unendlicher Spaß“. (dg)