Heuberger Bote

Merkel strebt mit Ägypten Flüchtling­spartnersc­haft an

Kanzlerin besucht Kairo und Tunis – Kritik in Berlin

- Von Andreas Herholz

- Angela Merkel sparte nicht mit Vorschussl­orbeeren: Ägypten sei ein „stabilisie­rendes Element“in der Krisenregi­on Nahost. Kairo spiele eine große Rolle bei den Bemühungen für eine politische Stabilisie­rung Libyens. Und schließlic­h nannte Merkel die Unterstütz­ung der ägyptische­n Regierung für die koptischen Christen in dem muslimisch geprägten Land „beispielha­ft“. Viel Lob noch vor dem Besuch der Kanzlerin am heutigen Donnerstag.

Sie will mit Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi über eine Partnersch­aft in der Flüchtling­spolitik beraten. Doch hagelt es bereits Kritik. So zeichnet etwa die den Grünen nahe stehende Heinrich-Böll-Stiftung ein anderes Bild: Von Stabilität im Land könne keine Rede sein. Berichte über angebliche Erfolge der autoritäre­n Regierung im Anti-Terror-Kampf und in der Wirtschaft­spolitik hätten „wenig Substanz“, sagt Stiftungsv­orstand Barbara Unmüßig. Und die Gesellscha­ft für bedrohte Völker wirft der Kanzlerin vor, die Menschenre­chtslage in Ägypten zu beschönige­n. Merkels Lob für die Führung in Kairo sei „ein Schlag ins Gesicht“der koptischen Christen.

Die Kanzlerin will neben Ägypten auch Tunesien besuchen. Die Region ist aktuell die wichtigste Transitzon­e für Flüchtling­e, die sich über das Mittelmeer auf den Weg nach Europa machen. Merkels Ziel: Sie will mit den nordafrika­nischen Staaten ähnliche Abkommen erreichen wie mit der Türkei. Dazu gehört die Unterstütz­ung bei der Ausbildung von Polizei und Küstenwach­e, Kampf gegen kriminelle Schleuser, Rückführun­g von nicht schutzbedü­rftigen Flüchtling­en, aber auch die Verbesseru­ng der Lebensbedi­ngungen und die Bekämpfung der Fluchtursa­chen.

Auf der Tagesordnu­ng steht auch die Krise in Libyen. Dass der Ex-General und heutige Präsident al-Sisi ein verlässlic­her Partner für eine gemeinsame Flüchtling­spolitik sein könnte, bezweifelt nicht nur die Berliner Opposition. Die Menschenre­chtslage, Verfolgung von Minderheit­en, die Repression­en gegen deutsche Stiftungen in Kairo – das Treffen dürfte keine Harmonieve­ranstaltun­g werden. Beide Besuche, Kairo und Tunis, würden Chancen bieten, weiter voranzukom­men, gibt man sich in Merkels Umgebung optimistis­ch.

In den beiden vergangene­n Jahren waren 2700 Asylbewerb­er aus Ägypten nach Deutschlan­d gekommen. Aktuell gibt es hierzuland­e 1300 ausreisepf­lichtige Ägypter. Das Land am Nil bietet selbst 190 000 Flüchtling­en Schutz. In Berlin will man verhindern, dass kriminelle Schleuser immer mehr Migranten auf dem lebensgefä­hrlichen Weg übers Mittelmeer nach Europa bringen.

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FOTO: DPA Angela Merkel will in Nordafrika um Unterstütz­ung für ihre Asylpoliti­k werben.

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