Merkel strebt mit Ägypten Flüchtlingspartnerschaft an
Kanzlerin besucht Kairo und Tunis – Kritik in Berlin
- Angela Merkel sparte nicht mit Vorschusslorbeeren: Ägypten sei ein „stabilisierendes Element“in der Krisenregion Nahost. Kairo spiele eine große Rolle bei den Bemühungen für eine politische Stabilisierung Libyens. Und schließlich nannte Merkel die Unterstützung der ägyptischen Regierung für die koptischen Christen in dem muslimisch geprägten Land „beispielhaft“. Viel Lob noch vor dem Besuch der Kanzlerin am heutigen Donnerstag.
Sie will mit Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi über eine Partnerschaft in der Flüchtlingspolitik beraten. Doch hagelt es bereits Kritik. So zeichnet etwa die den Grünen nahe stehende Heinrich-Böll-Stiftung ein anderes Bild: Von Stabilität im Land könne keine Rede sein. Berichte über angebliche Erfolge der autoritären Regierung im Anti-Terror-Kampf und in der Wirtschaftspolitik hätten „wenig Substanz“, sagt Stiftungsvorstand Barbara Unmüßig. Und die Gesellschaft für bedrohte Völker wirft der Kanzlerin vor, die Menschenrechtslage in Ägypten zu beschönigen. Merkels Lob für die Führung in Kairo sei „ein Schlag ins Gesicht“der koptischen Christen.
Die Kanzlerin will neben Ägypten auch Tunesien besuchen. Die Region ist aktuell die wichtigste Transitzone für Flüchtlinge, die sich über das Mittelmeer auf den Weg nach Europa machen. Merkels Ziel: Sie will mit den nordafrikanischen Staaten ähnliche Abkommen erreichen wie mit der Türkei. Dazu gehört die Unterstützung bei der Ausbildung von Polizei und Küstenwache, Kampf gegen kriminelle Schleuser, Rückführung von nicht schutzbedürftigen Flüchtlingen, aber auch die Verbesserung der Lebensbedingungen und die Bekämpfung der Fluchtursachen.
Auf der Tagesordnung steht auch die Krise in Libyen. Dass der Ex-General und heutige Präsident al-Sisi ein verlässlicher Partner für eine gemeinsame Flüchtlingspolitik sein könnte, bezweifelt nicht nur die Berliner Opposition. Die Menschenrechtslage, Verfolgung von Minderheiten, die Repressionen gegen deutsche Stiftungen in Kairo – das Treffen dürfte keine Harmonieveranstaltung werden. Beide Besuche, Kairo und Tunis, würden Chancen bieten, weiter voranzukommen, gibt man sich in Merkels Umgebung optimistisch.
In den beiden vergangenen Jahren waren 2700 Asylbewerber aus Ägypten nach Deutschland gekommen. Aktuell gibt es hierzulande 1300 ausreisepflichtige Ägypter. Das Land am Nil bietet selbst 190 000 Flüchtlingen Schutz. In Berlin will man verhindern, dass kriminelle Schleuser immer mehr Migranten auf dem lebensgefährlichen Weg übers Mittelmeer nach Europa bringen.