„Das Rentenniveau kann nicht dauerhaft gehalten werden“
BDA-Geschäftsführer Alexander Gunkel spricht von jährlichen Mehrkosten in Höhe von 90 Milliarden Euro
- Zu den Rentenplänen von Martin Schulz hat Rasmus Buchsteiner Alexander Gunkel (Foto: Oh) befragt. Gunkel ist Mitglied der Hauptgeschäftsführung der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und alternierender Vorsitzender des Bundesvorstands der Deutschen Rentenversicherung.
SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz will das Rentenniveau auf dem Stand von heute – bei circa 48 Prozent – stabilisieren. Lässt sich das seriös finanzieren?
Angesichts des demografischen Wandels wird es nicht möglich sein, das heutige Rentenniveau dauerhaft zu halten. Denn das würde die Beitragszahler deutlich überfordern. Wir haben immer weniger Jüngere und immer mehr Ältere. Das müssen wir bei den Rentenanpassungen berücksichtigen. Die Renten werden zwar auch in Zukunft steigen – nur nicht mehr so stark wie die Löhne.
Wie wird sich das Rentenniveau entwickeln?
Es wird nach den letzten Vorausberechnungen bis 2030 auf 44 bis 45 Prozent sinken. Das bedeutet aber nicht, dass die Renten gekürzt werden. Im Gegenteil: Die Bundesregierung rechnet mit einem durchschnittlichen jährlichen Anstieg von gut zwei Prozent. Die Zahlen zeigen, dass ein sinkendes Rentenniveau keineswegs mehr Altersarmut bedeuten muss.
Noch einmal: Was dürfte die Umsetzung der Schulz-Pläne bedeuten?
Er hat sein Rentenkonzept ja noch nicht vorgestellt. Aber er wird sicherlich nicht hinter dem Rentenkonzept zurückbleiben, das Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles im November vorgestellt hat. Dessen Umsetzung würde 2045 einen um 6,2 Prozentpunkte höheren Rentenbeitrag als heute erfordern, zudem wäre ein milliardenschwerer Demografiezuschlag aus dem Bundeshaushalt notwendig. Zusammen ergäbe das jährliche Mehrkosten gegenüber heute von rund 90 Milliarden Euro.
Schulz will eine Solidarrente für langjährige Geringverdiener. Was spricht eigentlich dagegen?
Es gibt dazu kein fertiges Konzept, nur Skizzen. Deutlich ist, dass bei der Solidarrente vorhandenes Vermögen und das Einkommen des Partners nicht oder nur sehr begrenzt angerechnet werden sollen. Deshalb würde sie auch Menschen zugutekommen, die sie für einen ausreichenden Lebensstandard im Alter nicht brauchen. Da ist die steuerfinanzierte Grundsicherung wesentlich zielgenauer, weil sie die Einkommens- und Vermögenssituation voll berücksichtigt.
Wie hoch wird denn die Rentenerhöhung in diesem Jahr ausfallen?
Nach dem Rentenversicherungsbericht von Ende letzten Jahres werden die Renten in diesem Jahr voraussichtlich um rund zwei Prozent steigen, im Osten etwas stärker als im Westen. Nach aktuellem Stand ist das auch weiterhin wahrscheinlich. Die genauen Zahlen stehen aber erst dann fest, wenn das Statistische Bundesamt die Höhe der Lohnsteigerung des letzten Jahres meldet. Damit ist im Laufe des Monats zu rechnen.